Hoteltipp
In Lavin hat im rosaroten Palazzo auf dem Dorfplatz ein Generationenwechsel stattgefunden. Mit Innovationsfreude führen vier junge Gastgebende das Erbe des «Linard» in eine neue Ära.
Imposant steht es da im rosa Kleid, der Putz blättert schon etwas ab. Man sieht ihm das stolze, über 150-jährige Alter an, und doch spürt man bereits von weitem, dass hier im Hotel Linard auf dem Dorfplatz von Lavin eine junge Seele haust.
Vor 16 Jahren hat Hans Schmid, der ehemalige Kulturamtschef der St. Galler Lokremise, den alten Palazzo als Rookie übernommen, saniert und ihn zu einem Ort für Kunst, Auszeit und Genuss gemacht. Nun hat er das Zepter einer vierköpfigen jüngeren Garde übergeben. Vorerst bis Mitte 2025. Auch sie: Quereinsteiger ohne Hotellerieerfahrung, aber mit derselben Leidenschaft, in der Einfachheit Grosses zu schaffen.
Die neuen Gastgebenden haben das meiste von der bestehenden Infrastruktur und Gestaltung übernommen. Das Konzept stösst schliesslich seit Jahren auf Anklang. Viele Gäste (Paare, Familien und junge Leute) kommen regelmässig, buchen wenn möglich dasselbe Zimmer. 23 sind es an der Zahl, alle unterschiedlich, manche etwas einfacher, einige wurden von Kunstschaffenden verfeinert und reichen in der Gestaltung vom lieblich-pastelligen Dekor zu nordisch-schlichten Zimmern oder einem mit einer fluoreszierenden buttergelben Wand.
Kunst und Genuss stehen im Zentrum
Überall im Haus ist die Kunst zu spüren, aufdringlich ist sie nie: ein Miniaturbild an den kohlegrauen Wänden, bunte Pinselkunst beim Hoteleingang, und morgens, wenn man sich das Frühstücksei holt, erblickt man das Stillleben im grossen Arvensaal.
Bei unserem Besuch war es ruhiger als üblich, was nicht etwa bedeutet, dass es wenig Gäste hatte, sondern, dass abends keine (Jazz-)Band live gespielt hat. Das Piano und der vielgereiste Kontrabass durften ruhen. Die anwesenden Menschen wussten den Raum jedoch mit Gelächter, vereinzeltem Kindergeschrei und Gläserklirren zu füllen. Mit Leben eben, das ja sowieso die beste Kulisse ist.
So konnte man sich auch vollends aufs Essen konzentrieren. Ein grosses Lob geht nämlich in die Küche. Jeden Abend wird im «Linard» von Louis van Dam ein Vier-Gänge-Abendmenu (ist im Zimmerpreis inbegriffen, ohne Getränke) serviert, das dafür sorgt, dass man das Wort Halbpension wieder einmal positiv konnotiert.
Wir haben zweimal hervorragend gegessen! Auf den «Piz Linard»-Porzellantellern landeten etwa blauer Kartoffelsalat mit Ei, Schüttelbrot und Portulak, Topinambursuppe, die wir mit einem bauchigen Suppenlöffel aus Silber assen (wie zu früheren Zeiten!), und ein wunderbar zarter Kalbshohrücken mit Süsskartoffelpüree, Kalettes und Estragonjus. Dazu gab’s Fläscher Sauvignon blanc sowie Malanser Blauburgunder. Beim Wein wie bei den Zutaten fokussiert man sich im «Linard Lavin» auf Bio, möglichst unverarbeitet und von kleinen Produzenten aus der Region.
Altes wird hier im «Linard» gerne mit Neuem kombiniert, und zwar ganz natürlich, unaufgeregt, bodenständig. So findet auch sonntags noch ein Stammtisch statt, autonom, die Männer aus dem Dorf haben einen eigenen Schlüssel, bedienen sich an den Getränken, waschen selber ab. Hinter ihnen: ein Regal mit Naturweinen.