Bis am Freitag müssen sich Repräsentantenhaus und Senat in Washington auf einen Überbrückungshaushalt verständigen. Sonst droht ein «Shutdown». Ein erster Anlauf der Republikaner ist nun gescheitert – am Widerstand der eigenen Partei.
So hat sich Speaker Mike Johnson die Zusammenarbeit mit dem neu gewählten Präsidenten sicherlich nicht vorgestellt. Am Mittwoch versenkte Donald Trump, ein Republikaner wie Johnson, in quasi letzter Minute ein Überbrückungsbudget – mit dem sich Repräsentantenhaus und Senat über die nächsten drei Monate hatten hangeln wollen.
In mehreren Stellungnahmen übte der künftige Präsident harsche Kritik an der Vorlage. So beklagte Trump sich über eine geplante Lohnerhöhung für Kongress-Abgeordnete (die erste seit 2009) und anderen «Schnickschnack», den die Demokraten angeblich in das mehr als 1500 Seiten umfassende Gesetzespaket geschmuggelt hätten. Sollte ein Republikaner für die Vorlage stimmen, dann werde er alles daransetzen, die politische Karriere des Parteifreundes zu beenden, drohte der künftige Präsident auf dem Internet-Dienst «Truth Social».
Angesichts dieser Breitseite entschied Johnson sich, vorerst keine Abstimmung im Repräsentantenhaus anzusetzen – obwohl die beiden Kammern des Kongresses nur noch bis Freitag spätabends Zeit haben, einen neuen Überbrückungshaushalt zu verabschieden. Sonst droht einige wenige Tage vor Weihnachten ein «Shutdown», eine Zwangsschliessung der Amtsstuben der Bundesregierung.
Elon Musk forderte: «Kill Bill», tötet die Vorlage
Wie konnte es so weit kommen? Die Republikaner, die im Repräsentantenhaus eine knappe Mehrheit stellen, hatten das Budget-Paket am Dienstag vorgestellt. Es ist im Grundsatz eine «Continuing Resolution», wie das in Washington so schön heisst: Eine Fortschreibung des bestehenden Haushaltes, weil sich Senat und Repräsentantenhaus erneut nicht auf ein echtes Budget hatten einigen können. Der Überbrückungshaushalt soll den Betrieb der Bundesregierung bis am 14. März 2025 finanzieren, und dem künftigen Präsidenten damit ausreichend Zeit lassen, ein neues Ausgaben-Paket auszuarbeiten.
Weil die Demokraten im Senat noch bis Anfang Januar die Mehrheit stellen, können die Republikaner die Vorlage nicht im Alleingang verabschieden. Also machte der Verhandlungsführer Mike Johnson der Partei des abtretenden Präsidenten Joe Biden zahlreiche (teure) Zugeständnisse. So will die Bundesregierung nun den Wiederaufbau der im März 2024 eingestürzten Autobahn-Brücke in Baltimore, Maryland, zu 100 Prozent finanzieren. Auch soll ein verfallenes Football-Stadion in Washington in den Besitz der Hauptstadt-Regierung übergehen – mit dem Ziel, das dort ein Neubau entsteht, in dem künftig das lokale Team der National Football League spielen kann.
Dies fiel auch Elon Musk auf, der im Auftrag von Trump zusammen mit dem Unternehmer Vivek Ramaswamy nach Sparmöglichkeiten im amerikanischen Staatshaushalt suchen soll. Auf seinem Internet-Dienst X begann der Multi-Milliardär deshalb, den Überbrückungshaushalt scharf zu kritisieren. «Eines der schlechtesten Gesetze, das je geschrieben wurde», schrieb er. Und: «Kill Bill», tötet die Vorlage.
KILL BILL! https://t.co/xtm87uBqqZ
— Elon Musk (@elonmusk) December 18, 2024
Obwohl der Speaker noch am Mittwochmorgen beteuerte, er stehe in Verbindung mit Musk und Ramaswamy, gelang es Johnson nicht, den einflussreichen Trump-Freund zu beschwichtigen. Dies führte zu Unruhe in der Fraktion der Republikaner, will doch kein rechter Politiker dem reichen Unternehmer auf die Füsse treten.
Trump hielt sich auffallend lange aus dieser höchst emotional geführten Debatte zurück, als gehe ihn dies alles nichts an. Als er sich dann aber am Abend zu Wort meldete, fiel seine Reaktion umso heftiger aus. Er veröffentlichte gleich vier Stellungnahmen.
Trump stellte allerdings auch noch eine weitere Bedingung, die dem Spielraum von Speaker Johnson weiter einschränken könnte. Er sagte, Repräsentantenhaus und Senat müssten bis am Freitag nicht nur ein simples Überbrückungsbudget verabschieden, sondern auch noch eine Erhöhung der Schuldengrenze bewilligen.
Die Schuldengrenze, ein amerikanisches Unikum, war zuletzt im Frühjahr 2023 vom Kongress ausgesetzt worden, nachdem sich Demokraten und Republikaner auf ein neues Ausgaben-Paket verständigt hatten. Spätestens im nächsten Jahr muss der Kongress aber wieder darüber abstimmen, ob die Bundesregierung neue Schulden aufnehmen kann. Trump sagte, es sei unverständlich, warum diese Abstimmung nun in seiner Präsidentschaft anstehe, die am 20. Januar 2025 offiziell beginnt. «Das ist eine widerliche Falle, die von den radikal-linken Demokraten aufgestellt wurde», schrieb Trump.
Droht Speaker Johnson im Januar die Abwahl?
Johnson hat nun etwas mehr als 24 Stunden Zeit, einen Ausweg aus dieser verfahrenen Lage zu finden und einen «Shutdown» zu verhindern. Er steckt in einer Zwickmühle. Die Demokraten sagen, sie hätten kein Interesse an Neuverhandlungen. Viele Republikaner finden zwar, dass der Speaker das Fuder überladen habe und den Demokraten zu viele Zugeständnisse gemacht habe. Einige rechte Abgeordnete aber setzen sich ebenfalls für neue Ausgabenposten ein. So soll der Fonds, aus dem Opfer von Naturkatastrophen in (roten) Gliedstaaten wie Florida und North Carolina entschädigt werden, um 110 Milliarden Dollar aufgestockt werden.
Auf dem Spiel steht für den Speaker nicht nur seine Beziehung zu Präsident Trump, sondern auch seine politische Zukunft. Im Januar, zu Beginn der neuen Legislatur, muss Mike Johnson in seinem Amt als Vorsitzender des Repräsentantenhauses bestätigt werden. Aufgrund der knappen Mehrheitsverhältnisse – seine Republikaner werden voraussichtlich nur 218 der 435 Mandate stellen – kann er niemand nachhaltig verärgern. Sonst droht Johnson, nach etwas mehr als 14 Monaten im Amt, zu Beginn des neuen Jahres die Abwahl.








