Der neue amerikanische Präsident Donald Trump will Robert F. Kennedy an der Spitze des Gesundheitsministeriums sehen. Die Nomination des Impfgegners sorgt in Washington für Aufsehen – nicht nur, weil der Spross der berühmten Politikerfamilie die Bürokratie radikal abbauen will.
Erneut sorgt der neue amerikanische Präsident mit einer Personalentscheidung für Aufsehen: Am Donnerstag gab Donald Trump bekannt, dass er Robert F. Kennedy für den Posten des Gesundheitsministers nominieren wird. Der 70 Jahre alte Anwalt werde an der Spitze des Ministeriums der Lebensmittel- und der Pharmaindustrie den Kampf ansagen, schrieb Trump in einer Stellungnahme. Auch solle Kennedy die amerikanische Bevölkerung vor «schädlichen Chemikalien, Schadstoffen, Pestiziden, pharmazeutischen Produkten und Zusatzstoffen in Nahrungsmitteln» schützen.
Kennedy ist Spross der wohl bekanntesten amerikanischen Politikerfamilie. Sein Onkel John F. war amerikanischer Präsident und wurde 1963 ermordet. Sein Onkel Ted vertrat den Gliedstaat Massachusetts von 1962 bis 2009 im Senat. Und sein Vater Robert amtierte in den sechziger Jahren als Justizminister und Senator aus New York; als er sich 1968 selbst für die Präsidentschaftskandidatur bewarb, wurde er in Los Angeles von einem Attentäter getötet.
Als Präsidentschaftskandidat gescheitert
Kennedy selbst sah lange Jahre von einem Einstieg in die hohe Politik ab, obwohl er gemäss Familientradition der Demokratischen Partei nahesteht. Erst im vergangenen Jahr, nach einer langen Karriere als Anwalt, Umweltaktivist und Impfskeptiker, änderte er seine Meinung. Im April 2023 gab er bekannt, dass er den amtierenden Präsidenten Joe Biden herausfordern werde.
Anfänglich stiess diese Kandidatur auf ein positives Echo. Das hing wohl auch mit dem Familiennamen zusammen, der bei vielen Demokraten Erinnerungen an eine bessere Zeit weckt. Oder damit, dass Kennedy unter Aktivisten für seine juristischen und politischen Siege im Kampf gegen Umweltverschmutzer verehrt wird.
Doch rasch zeigte sich, dass der Parteiapparat Biden beschützen und Kennedy das Leben schwermachen würde. Auch erwies sich der Präsidentschaftskandidat nicht unbedingt als feuriger Wahlkämpfer – was vielleicht auch damit zusammenhängt, dass er aufgrund einer neurologischen Erkrankung stets mit gepresster Stimme spricht.
Also verabschiedete sich Kennedy aus dem Lager der Demokraten. Anfänglich versuchte er sein Glück als parteiunabhängiger Präsidentschaftskandidat. Als auch dies nicht funktionierte, entschied er sich im Spätsommer, die Kandidatur von Donald Trump zu unterstützen.
Trump sei der beste Kandidat, um die angebliche Korruption im Gesundheitsministerium und in den verbandelten Kontrollbehörden zu beenden, sagte Kennedy Ende August. Auch werde Trump sich dafür einsetzen, dass die Amerikanerinnen und Amerikaner endlich wieder ein gesundes Leben führen könnten. Sein Wahlspruch «Make America Healthy Again» (Maha) ist eine Abwandlung von Trumps Motto «Make America Great Again» (Maga).
Trump, 78 Jahre alt und lange Jahre mit Kennedy vertraut, zeigte sich von seinem prominenten Unterstützer begeistert. (Auch wenn Trump nicht gerade dafür bekannt ist, sich gesund zu ernähren.) Trump sagte: Wenn er die Wahl gewinne und nach Washington zurückkehre, werde Kennedy sich in der Gesundheitspolitik «austoben» dürfen.
Umstrittene Aussagen über Impfungen
So weit ist es allerdings noch nicht. Falls Trump nicht mithilfe eines parlamentarischen Manövers einen abgekürzten Weg einschlägt, muss Kennedy sich zuerst noch einem Berufungsverfahren im Senat stellen.
Sollte es zu Anhörungen kommen, müsste Kennedy sich auf jeden Fall für umstrittene Aussagen verteidigen, die er in den vergangenen Jahren getätigt hat. So profilierte er sich als Gegner von Impfungen aller Art, zum grossen Verdruss von medizinischen Experten. Sie werfen Kennedy schon lange vor, er untergrabe das Vertrauen in die Wissenschaft. (Diskussionen mit Kennedy über seine bisweilen abstrusen Thesen führen ins Leere. Er pflegt zu sagen: «Ich weiss so viel über diesen Bereich.» Deshalb könne er eigentlich kein Gespräch mit «Laien» führen.)
Aufgrund solcher Positionsbezüge gilt Kennedy – berühmter Familienname hin oder her – unter Demokraten in Washington als Paria. Sie können auch nichts mit seiner Aussage anfangen, dass er die gesundheitspolitische Bürokratie radikal abbauen möchte. Das Department of Health and Human Services beschäftigt über 80 000 Menschen. Wenige Tage vor der Wahl kündigte Kennedy an, die Arzneimittelbehörde (FDA) stehe mit ihm vor einem massiven Umbau. «Wenn Sie für die FDA arbeiten und Teil dieses korrupten Systems sind, dann habe ich zwei Botschaften an Sie. Erstens: Bewahren Sie alle Unterlagen auf. Und zweitens: Packen Sie die Koffer.»
Kann Kennedy politische Brücken bauen?
Selbst in Washington sind Demokraten aber nicht abgeneigt, über die gesundheitspolitischen Ideen Kennedys zu sprechen. So ist es in der Tat besorgniserregend, wie schlecht sich viele Menschen ernähren (müssen). Auch steht es um die Gesundheit vieler Amerikanerinnen und Amerikaner tatsächlich nicht zum Besten. Drei Viertel aller Erwachsenen sind laut der Publikation «The Lancet» entweder übergewichtig oder krankhaft fettleibig.
Aber es sind just die Republikaner, die sich in der Vergangenheit gegen staatliche Auflagen gewehrt haben, die daran etwas ändern könnten. In Erinnerung geblieben ist zum Beispiel der Streit, den die damalige First Lady Michelle Obama auslöste, als sie die Qualität der Mahlzeiten an den öffentlichen Schulen verbessern wollte.
Bereits jetzt stören sich Republikaner daran, dass Kennedy ein Abtreibungsbefürworter ist. Auch die kritischen Aussagen des designierten Ministers über Pharmaunternehmen («Big Pharma») und Nahrungsmittelmultis stossen nicht überall auf Zustimmung. Trump scheint dies bis anhin egal zu sein. Der neue Präsident sagte am Wahlabend über Kennedy: «Er will Amerika wieder gesund machen.» Er werde ihn gewähren lassen, solange er sich nicht in energiepolitische Fragen einmische. Er habe «Bobby», wie Kennedy genannt wird, gesagt: «Überlass mir das Öl.»