Alles in allem können die Steuerrechnungen um fast 5 Milliarden Franken pro Jahr gesenkt werden.
Noch gut sechs Wochen läuft die Frist zur Einreichung der Steuererklärung im Kanton Zürich. Das Ausfüllen der Formulare ist eine lästige Pflicht, welche durch die Seite 3 etwas leichter gemacht wird: Dort können die Steuerzahler ihre Abzüge deklarieren.
Solche Abzüge sind sowohl für die Steuerzahler als auch für den Staat sehr wichtig. Bis jetzt hat aber eine Gesamtbetrachtung darüber gefehlt, wie viele Zürcher Steuerzahler eigentlich welche Abzüge vornehmen, wie viel Geld sie damit sparen und wie viele Erträge dem Staat durch die Abzüge entgehen. Nun liegt erstmals eine entsprechende Auswertung vor.
Die Daten stammen aus der Steuerperiode 2020 und betreffen etwa 930 000 Steuerpflichtige. Die Auflistung erlaubt interessante Einblicke. Der Kanton und die Gemeinden sehen, welche Steuerentlastung welchen Preis hat. Politologen können herausfinden, wie viele Steuerzahler Parteien finanziell unterstützen; Vermögensverwalter können herauslesen, wie viele Zürcher eine dritte Säule alimentieren – oder Schulden haben.
Die Zahlen lassen präzisere Rückschlüsse zu als etwa Umfragen. Nicht jeder wird zugeben, eine Partei zu unterstützen, verschuldet zu sein oder um Geld zu spielen. Bei der Steuererklärung aber gibt es einen sehr greifbaren finanziellen Anreiz, zu diesen Punkten alles auf den Tisch zu legen – man spart Geld.
Entstanden ist die Auflistung als Folge eines Auftrags aus dem Zürcher Kantonsparlament. Er war von der SP, der FDP, der GLP und den Grünen unterzeichnet worden. Die SVP hatte sich dagegen gewehrt.
Das sind die sieben interessantesten Erkenntnisse:
1. Jeder dritte Zürcher hat Schulden
Wer seine Liegenschaft mit einer Hypothek finanziert hat, sein Konto überzogen hat oder eine offene Kreditkartenrechnung hat, bezahlt darauf Zinsen. Diese Kosten können vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Rund ein Drittel der Zürcher Steuerzahler (36,4 Prozent) hat dies im untersuchten Jahr getan. Der Mittelwert (Median) des Abzugs liegt bei rund 3700 Franken. Die Hälfte der Abzüge ist also höher, die andere Hälfte tiefer.
Beim Grossteil der Abzüge dürfte es sich um Hypothekarzinsen handeln. Dies geht aus einer weiteren Auswertung hervor: Rund ein Viertel der Zürcher Steuerzahler zieht bei der Steuerrechnung die Kosten für den Unterhalt der Liegenschaft ab – sie sind also Eigenheimbesitzer. Die meisten Liegenschaften dürften mit einer Hypothek belastet sein.
Der Abzug für die Schuldzinsen fällt steuerlich sehr stark ins Gewicht. Ohne ihn wären die Steuererträge des Kantons und der Gemeinden um fast eine halbe Milliarde Franken höher. In einer fiskalischen Gesamtbetrachtung müsste man den Abzügen für die Hypotheken allerdings die Mehrerträge für den Eigenmietwert gegenüberstellen. Das aber war nicht Gegenstand dieser Auflistung.
2. Das Auto schlägt den öV
Wer mit dem Auto oder mit dem öffentlichen Verkehr zur Arbeit fahren muss, darf die Kosten dafür bis zu einem bestimmten Betrag von den Steuern abziehen. Noch immer fällt das Auto dabei mehr ins Gewicht als andere Transportmittel. Wer das Auto nimmt, senkt seine Steuerrechnung im Schnitt um 730 Franken pro Jahr. Beim Zug- und Bus-Abonnement sind es nur rund 270 Franken.
Insgesamt sparen die Zürcher Autofahrer dank dem Steuerabzug 150 Millionen Franken an Gemeinde- und Kantonssteuern pro Jahr. Bei den Nutzern des öffentlichen Verkehrs sind es knapp 100 Millionen Franken. Etwa jeder fünfte Steuerzahler (19 Prozent) hat Fahrkosten für das Auto abgezogen, beim ÖV-Abo war es etwa jeder dritte (34,2 Prozent).
3. Jeder Dritte hat in die dritte Säule eingezahlt
Der Staat belohnt das freiwillige Sparen für den Ruhestand: Wer in die Säule 3a einzahlt, darf die Einlagen vom steuerbaren Einkommen abziehen. Gut ein Drittel (36,1 Prozent) der Steuerzahler hat einen entsprechenden Abzug geltend gemacht.
Bei diesem vergleichsweise tiefen Anteil ist zu berücksichtigen, dass nur Erwerbstätige in die Säule 3a einzahlen dürfen. Wie hoch unter ihnen der Anteil der 3a-Sparer ist, geht aus den Zahlen des Kantons nicht hervor. Eine Untersuchung des Bundesamts für Statistik (2019) für die ganze Schweiz zeigte aber, dass rund zwei Drittel der Erwerbstätigen mit der Säule 3a sparen.
Die Zürcher 3a-Einzahler sparten im Durchschnitt etwa 1200 Franken Kantons- und Gemeindesteuern mit ihrer Einlage in die dritte Säule.
4. Kaum jemand mag den Parteien Geld geben
Die Zürcher Parteien finden im Fundraising noch viel ungenutztes Potenzial: Nur etwa jeder fünfzigste Zürcher Steuerzahler (2,1 Prozent) gibt an, einen Mitgliederbeitrag oder eine Zuwendung an eine Partei geleistet zu haben. Der Medianwert für die Zahlungen liegt bei 200 Franken. Auch hier gibt es noch ziemlich viel Luft nach oben: Erlaubt wären Abzüge bis zu 10 300 Franken für Alleinstehende und 20 600 Franken für Ehepaare.
5. Spenden an wohltätige Organisationen sind beliebt
Eine Mehrheit der Zürcher Steuerzahler (57,8 Prozent) hat im untersuchten Jahr eine wohltätige Organisation unterstützt und dies bei der Steuererklärung angegeben. Der Medianwert der Spenden liegt bei 400 Franken. Die grosszügigen Zürcher konnten dank den entsprechenden Abzügen rund 100 Millionen Franken an Kantons- und Gemeindesteuern sparen.
6. Fast niemand zieht Einsätze von Geldspielen ab
Zu den eher obskuren Steuerabzügen gehören die Einsätze von Geldspielen. Wer einen Gewinn erzielt, darf 5 Prozent davon – und höchstens 5200 Franken – als Einsatzkosten bei den Steuern abziehen. Wer im Online-Kasino gewinnt, darf sogar fast 26 000 Franken geltend machen.
Von dieser Abzugsmöglichkeit hat im Jahr 2020 aber nur ein verschwindend kleiner Teil der Zürcher Steuerzahler Gebrauch gemacht, nämlich nur 0,02 Prozent. Dies entspricht etwa 180 Steuerpflichtigen. Sie machten im Schnitt (Median) einen Abzug von rund 300 Franken geltend und sparten im Durchschnitt 99 Franken an Steuern.
Erlaubt ist dieser Abzug nur bei Geldspielen, die nicht steuerbefreit sind, zum Beispiel bei ausländischen Spielbanken, Lotterien und Sportwetten. Wer hingegen in der Schweiz im Kasino gewinnt, muss sowieso keine Steuern bezahlen. Bei Swisslos, Euro-Millions und Co. sind Gewinne bis zu gut einer Million Franken steuerfrei.
7. Krippenkinder senken die Steuern um 1000 Franken
Wer Kinder hat, darf diverse Abzüge vornehmen. Einer davon sind die Kosten für die Krippe – bis zu 25 000 Franken pro Kind können geltend gemacht werden. Die meisten Eltern schöpfen dieses Maximum aber bei weitem nicht aus. Im Schnitt (Median) ziehen sie etwa 4500 Franken ab. Sie sparen damit bei den Kantons- und Gemeindesteuern knapp 1000 Franken pro Jahr. Der Steuerertrag des Kantons und der Gemeinden sinkt insgesamt um 70 Millionen Franken pro Jahr.
Zählt man zusammen, wie viel Geld die Zürcher dank all den Abzügen bei der Steuererklärung in einem einzigen Jahr sparen können, kommt man auf einen erklecklichen Betrag: Es sind rund 2,3 Milliarden Franken beim Kanton und sogar fast 2,5 Milliarden Franken bei den Gemeinden.