Australien unterstützt den Mikrostaat Nauru finanziell und erhält im Gegenzug ein wertvolles Vetorecht. Mit diesem wird Chinas Militär von der Pazifikinsel ferngehalten.
Dafür, dass Nauru gerade einmal 21 Quadratkilometer gross ist und 12 700 Einwohner hat, erhält die Pazifikinsel gegenwärtig sehr viel Aufmerksamkeit. Grund dafür ist das geopolitische Gerangel zwischen China und den USA und deren Alliierten in der Region.
Am Montag gaben die Regierungen Naurus und Australiens bekannt, dass sie ein Abkommen geschlossen haben, das über fünf Jahre läuft. Nauru erhält finanzielle Unterstützung, Australien erlangt im Gegenzug ein Vetorecht, wenn Drittländer Naurus «kritische Infrastruktur» nutzen wollen.
Australien fürchtet sich vor Chinas Einfluss im Südpazifik
Mit der Formulierung «Drittländer» ist China gemeint. Peking fasst seit Jahren im Südpazifik verstärkt Fuss, wirtschaftlich wie politisch. Das löst in Canberra Ängste aus, weil die Schifffahrts- und Flugrouten zu seinem wichtigsten Alliierten, den USA, ebenso durch den Südpazifik führen wie die so eminent wichtigen Datenkabel.
Lange fühlte sich Australien als Platzhirsch in der Region. Das änderte sich 2019, als die Salomonen diplomatische Beziehungen mit Peking aufnahmen. Seither lehnt sich der Inselstaat eng an China an; 2022 schlossen die beiden Länder ein Sicherheitsabkommen. Wenige Monate später versuchte Peking, zehn Länder der Region in ein regionales Sicherheitsabkommen einzubinden, stiess dabei aber auf Widerstand und musste das Vorhaben fallen lassen. Seither versucht Canberra das weitere Vorrücken Pekings im Südpazifik einzudämmen.
Im Januar dieses Jahres brach Nauru seine diplomatischen Beziehungen mit Taipeh ab und anerkannte Peking als alleinigen Vertreter Chinas. Dies geschah gerade einen Tag nachdem Taiwans Stimmvolk den chinakritischen Lai Ching-te zum Präsidenten gewählt hatte und wurde allgemein als Strafaktion Pekings für Taiwan angesehen.
Canberra befürchtet ein Szenario wie in den Salomonen
Canberra musste befürchten, dass sich Nauru wie die Salomonen eng an Peking anlehnen könnte. Nauru ist zwar fast 3000 Kilometer von Australien entfernt, ist aber eine ehemalige Kolonie Canberras und beherbergt ein Lager für Flüchtlinge, welche Australien auf keinen Fall ins Land lassen will.
Hinzu kam, dass die Bendigo Bank, eine australische Regionalbank, die als einzige ausländische Bank die Anbindung Naurus ans internationale Finanzsystem sicherstellte, sich aus dem Kleinstmarkt zurückziehen wollte. Die staatliche Bank of China zeigte sich bereit, in die Bresche zu springen. Dies hätte die Einbindung ans chinesische Finanzsystem bedeutet. Heute benutzt Nauru den australischen Dollar als Zahlungsmittel.
Laut dem neuen Abkommen wird Australien nun Naurus Budget über fünf Jahre mit insgesamt 100 Millionen australischen Dollar (rund 56 Millionen Franken) unterstützen. Dazu kommen 40 Millionen für die lokalen Sicherheitskräfte. Insgesamt entspricht der Betrag fast drei Viertel dessen, was die Wirtschaft Naurus pro Jahr leistet. Laut Berechnungen der Weltbank betrug das Bruttoinlandprodukt Naurus 2023 150 Millionen US-Dollar.
Das Problem der Bankanbindung wird dadurch gelöst, dass die Commonwealth Bank of Australia (CBA), Australiens grösste Bank, an die Stelle der Bendigo Bank tritt. Laut der australischen Regierung soll CBA dabei keine Subventionen erhalten.
Australien erhält ein Vetorecht
Im Gegenzug wird Nauru Australiens Einverständnis einholen, wenn es bilaterale Abkommen mit anderen Ländern in den Bereichen maritime Sicherheit, Verteidigung und Polizei schliessen will. Mit anderen Worten: Canberra erhält ein Vetorecht.
Auch kann Australien künftig verhindern, dass Drittländer kritische Infrastruktur wie etwa das Telekommunikationsnetz oder Häfen für ihre Interessen nutzen. Das gilt zum Beispiel, wenn die chinesische Marine den Hafen von Nauru nutzen möchte, der von einer chinesischen Staatsfirma ausgebaut wurde.
Das Abkommen mit Nauru gleicht einem Vertrag, den Australien vor ziemlich genau einem Jahr mit Tuvalu geschlossen hat. Dieser gab Canberra ein vergleichbares Vetorecht. Er sieht aber auch vor, dass Bürger Tuvalus nach Australien übersiedeln können, denn das nur knapp aus dem Wasser ragende Archipel ist vom Klimawandel und dem steigenden Meeresspiegel existenziell bedroht. Zwar ist der Klimawandel auch für Nauru eine grosse Herausforderung, ein Übersiedlungsrecht nach Australien sieht das neuste Abkommen allerdings nicht vor.







