Véron Mosengo-Omba wird verdächtigt, Gelder veruntreut zu haben. Der Fussballfunktionär kennt Infantino seit dem gemeinsamen Studium an der Universität Freiburg.
Im vergangenen Februar ist bei der schweizerischen Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) die Verdachtsmeldung eines Finanzinstituts aus dem Kanton Freiburg eingegangen. Darin wird auf verschiedene Unregelmässigkeiten bei Transaktionen auf dem Konto von Véron Mosengo-Omba hingewiesen. In ihrem Bericht weist die Geldwäscherei-Meldestelle auf diverse Vertuschungsmanöver hin, darunter die Abhebung oder die Einzahlung von hohen Beträgen in bar. Das behindere den Nachvollzug der Geldflüsse.
Seit 2021 ist Mosengo-Omba der Generalsekretär des afrikanischen Fussballverbandes (CAF) mit Sitz in Kairo. Den grössten Teil seines Lebens hat er aber in der Schweiz verbracht. In den 1980er Jahren war seine Familie vor dem Diktator Mobutu aus Zaire, dem heutigen Kongo-Kinshasa, nach Neuenburg geflüchtet. Der junge Mosengo-Omba spielte Fussball, brachte es allerdings nur zu einigen Spielen in der zweiten Mannschaft von Xamax.
Er war Infantinos Studienkollege
In einem anderen Bereich war der Flüchtling aus Afrika weitaus erfolgreicher: An der Universität Freiburg schloss er das Studium der Rechtswissenschaften mit dem Lizenziat ab. Dort freundete sich Mosengo-Omba mit einem Kommilitonen aus dem Kanton Wallis an – Gianni Infantino. Zumindest beruflich sind die beiden bis heute eng verbunden geblieben.
Nach dem Studium arbeiteten die zwei jungen Juristen in Neuenburg für das Centre International d’Étude du Sport (CIES), einer Partnerschaft zwischen Wissenschaft, öffentlicher Hand und der Fifa. Der Weltfussballverband war die nächste berufliche Station von Mosengo-Omba, mittlerweile schweizerisch-kongolesischer Doppelbürger. Als er 2005 von der Fifa zum europäischen Fussballverband (Uefa) in Nyon wechselte, traf er dort erneut auf seinen Studienkollegen Infantino, der damals den Rechtsdienst der Uefa leitete.
Seither sind die beiden unzertrennlich.
Nach seiner Wahl zum Fifa-Präsidenten holte Infantino seinen langjährigen Wegbegleiter sofort zurück nach Zürich, an den Sitz des Weltfussballverbandes. Er ernannte Mosengo-Omba zum Direktor für die afrikanischen Mitgliedsländer. 2021, nach der Wahl des südafrikanischen Milliardärs Patrice Motsepe zum Präsidenten der CAF, stellte ihm Infantino Mosengo-Omba als Generalsekretär zur Seite.
Auf die Verdachtsmeldung der Geldwäscherei-Meldestelle MROS vom vergangenen Februar ist diese Woche das Westschweizer Online-Portal «Gotham City» aufmerksam geworden, und zwar in einem schriftlichen Entscheid des Bundesstrafgerichts.
«Ein Bündel von Indizien»
Im Entscheid, der auch der NZZ vorliegt, wird verschiedentlich aus der Verdachtsmeldung der MROS zitiert. Diese kommt zu dem Schluss, «ein Bündel von Indizien» nähre den Verdacht auf ungetreue Geschäftsführung, Betrug und Urkundenfälschung. So seien auf dem Konto von Mosengo-Omba mehrere Bonuszahlungen eingegangen, die weit über dem Maximum lägen, das vertraglich mit seinem Arbeitgeber vereinbart worden sei.
Aus dem Gerichtsentscheid geht zudem hervor, dass offenbar eine ganze Reihe von Schweizer Finanzinstituten in die verdächtigen Transaktionen involviert sind – nicht nur jene Bank aus dem Kanton Freiburg, die bei der MROS Alarm geschlagen hat.
Anlass für den Gerichtsentscheid ist ein Begehren der Staatsanwaltschaft Freiburg, die den brisanten Fall an die Bundesanwaltschaft abtreten möchte. In ihrem Begehren weisen die kantonalen Ermittler auf die Komplexität und die internationale Verflechtung des Falles hin.
Sollte sich der Verdacht der Bareinzahlungen erhärten, mahnt die Staatsanwaltschaft Freiburg in ihrer Eingabe, könne das dem Finanzplatz «schweren Schaden zufügen und den Ruf der Schweiz gefährden».
«Kein bedeutender Fall»
Trotz diesem eindringlichen Appell spricht sich die Bundesanwaltschaft in ihrer Stellungnahme gegen die Übernahme des Strafverfahrens aus. Es handle sich nicht um einen bedeutenden Fall von Wirtschaftskriminalität. Das sei aber eine Voraussetzung, damit die Bundesanwaltschaft in die kantonale Kompetenz eingreifen könne.
Es ist nicht das erste Mal, dass im afrikanischen Fussballverband CAF unter der Führung des Präsidenten Motsepe und des Generalsekretärs Mosengo-Omba finanziellen Unregelmässigkeiten nachgegangen wird. Nach verschiedenen Korruptionsvorwürfen wurde im vergangenen Sommer eine Untersuchung eingeleitet. Nach der Veröffentlichung des Untersuchungsberichts wurde Mosengo-Omba «whitewashing» vorgeworfen, da er den externen Prüfer selber bestimmt habe.
In die Kritik gerieten auch mehrere Zahlungen der Fifa an den CAF, die über die reglementarischen Zuschüsse an die Kontinentalverbände hinausgingen. Diese Zahlungen erfolgten jeweils auf Ersuchen des afrikanischen Fussballverbands hin – für die gezielte Finanzierung ausserordentlicher Projekte.
In einem Interview mit der Westschweizer Zeitung «Le Temps» nahm Mosengo-Omba im vergangenen Februar Stellung zum Vorwurf, mit diesen Zahlungen wolle die Fifa Einfluss nehmen auf den afrikanischen Verband. Auch seine persönliche Nähe zu Präsident Infantino wurde als heikel angesprochen.
Diese Vorwürfe habe er schon mehrfach gehört, sagte Mosengo-Omba im Interview, aber darüber könne er nur lachen. Zwar sei es richtig, dass die Fifa mehrere Gesuche des CAF bewilligt habe, für besonders teure Projekte im logistischen oder humanitären Bereich einen finanziellen Beitrag zu leisten. Das ändere aber nichts an der Unabhängigkeit des afrikanischen Fussballverbands.
Und Gianni Infantino kenne er tatsächlich seit der gemeinsamen Zeit an der Universität Freiburg. «Natürlich arbeiten wir eng zusammen», sagt Mosengo-Omba im Interview, «aber alles andere sind Phantastereien». Seit er als Generalsekretär des CAF in Kairo arbeite, habe ihn Infantino noch nicht einmal besucht, obwohl er ihn schon mehrmals eingeladen habe.
Zu den jüngsten Vorwürfen aus der Schweiz meldete sich Mosengo-Omba am Donnerstag auf X mit einer Stellungnahme. In vier Punkten weist er die Anschuldigungen zurück. So handle es sich bei den strittigen Zahlungen um seinen Lohn und seinen Bonus, wie sie ihm vertraglich zustünden.
Im Weiteren habe er der Staatsanwaltschaft seine Zusammenarbeit angeboten und auch die Banken kontaktiert, um mögliche Zweifel auszuräumen.
Zumindest in einem Punkt seiner Stellungnahme liegt Véron Mosengo-Omba richtig: Er weist darauf hin, dass bis anhin weder die Staatsanwaltschaft Freiburg noch die Bundesanwaltschaft ein Strafverfahren eingeleitet hätten. Tatsächlich haben sich die zwei Instanzen bisher einzig darum gestritten, wer den Fall – wohl oder übel – zu übernehmen hat. Eigentliche Untersuchungshandlungen wurden bis zum Zeitpunkt des Gerichtsentscheids aber noch keine ausgeführt, wie die Richter festhalten.
Auch das angerufene Bundesstrafgericht mochte den Streit nicht schlichten. Es trat erst gar nicht auf das Begehren der Freiburger Ermittlungsbehörde ein, mit der Begründung, vorderhand lägen zu wenige Fakten vor, als dass ein Entscheid gefällt werden könnte.
Die Mühlen der Schweizer Justiz, sie mahlen im Umfeld der Fifa wieder einmal äusserst gemächlich.