Der Film «Zurück in die Zukunft» hat den DeLorean in den achtziger Jahren zum Kult gemacht. Jetzt hat eine Zuger Manufaktur das Coupé zum Elektroauto mit neuem Innenleben umgebaut. Eine Testfahrt im Einzelstück.
Einmal fahren wie Marty McFly 1985 in der Science-Fiction-Komödie «Zurück in die Zukunft», das ist der Traum vieler Film- und Autofreunde. Allerdings wurden zwischen 1981 und 1982 nur 9000 Stück des DeLorean DMC-12 südlich von Belfast, Nordirland, gebaut, denn kaufen wollten den schnittig aussehenden Zweisitzer mit Flügeltüren nur die wenigsten. Zu schwach war der V6-Benzinmotor, zu schlecht die Verarbeitung der heiklen Edelstahlkarosserie, zu lieblos die Gestaltung des Interieurs.
Der Amerikaner John DeLorean lancierte noch einen Rettungsversuch, indem er mit Kokainhandel neues Kapital beschaffen wollte. Doch er flog auf und landete hinter Gittern, seine Firma in der Insolvenz.
2015 waren noch rund 6000 der nur 1,14 Meter hohen Sportwagen zugelassen, wie «USA Today» 2021 berichtete. Die Filmreihe mit dem charakteristischen Edelstahlauto war ungleich erfolgreicher und spielte weltweit bis heute mehr als 550 Millionen Dollar ein.
Den Traum, dieses Filmauto selbst zu fahren, können sich einige Fans nun doch noch länger verwirklichen. Denn das Gefährt mit dem schwächlichen Benzinmotor, der kaum zur Karosserie des Flügeltür-Wagens passt, bietet sich für den Umbau zu einem Elektroauto geradezu an. Silvia und Till Marton haben sich mit ihrer Firma in Hagendorn, Kanton Zug, auf den Umbau älterer Fahrzeuge, die sie mit einem modernen Elektroantrieb versehen, spezialisiert und für einen Kunden einen DeLorean DMC-12 auf Strombetrieb mit Antriebsbatterie umgerüstet.
Die Batterie sitzt im ehemaligen Motorraum
Das Prinzip tönt sehr einfach: Dort, wo der bisherige Benzinmotor am Chassis befestigt war, ist nun ein Batteriepaket eingebaut, das 40 Kilowattstunden an Kapazität bietet. Es stammt von einem chinesischen Zulieferer und setzt sich aus Zellen mit Lithium-Ionen-Chemie und den Materialien Nickel, Mangan und Kobalt zusammen. «Porsche verwendete diese chinesischen Zellen im ersten Taycan-Elektromodell», sagt Silvia Marton, Geschäftsleiterin des Unternehmens.
Mit dem vergleichsweise bescheidenen Batteriepaket lässt sich der elektrische DeLorean 220 Kilometer weit fahren. Das ist keine Rekordreichweite, hat aber einen gewichtigen Grund: «Das umgebaute Fahrzeug durfte nicht schwerer sein als der Originalwagen, sonst wäre der Aufwand für die Strassenzulassung zu gross geworden», erklärt Silvia Marton. «Möglich wäre es, das Chassis und die Einbauten leichter zu machen, um zur Kompensation für einen grösseren Akku Gewicht einzusparen. Aber dies würde den Kostenrahmen für einen Kundenumbau sprengen.»
Die Antriebseinheit mit Elektromotor und Einganggetriebe findet im Original-DeLorean dort Platz, wo zuvor das Fünfganggetriebe eingebaut war. Auf diese Weise ergibt sich eine Gewichtsverteilung, die jener des Originalfahrzeugs ungefähr entspricht.
Was dann noch fehlt, ist die Zulassung für das umgebaute Einzelstück. Dazu bringt die Manufaktur Marton ein auf Elektroantrieb umgerüstetes Auto in der Regel zum Strassenverkehrsamt in der Nähe des Wohnorts des Kunden, «damit dieser spätere Motorfahrzeugkontrollen bequem in seiner Umgebung erledigen kann, wo man das Auto mit seinen technischen Besonderheiten bereits kennt», sagt Silvia Marton.
Für die Ladebuchse steht bei Elektroumbauten normalerweise der bisherige Tankdeckel zur Verfügung. Der ist beim DeLorean unter der Motorhaube, jedoch zu klein. Der CCS-Kombistecker für schnelles Laden benötigt einen grösseren Bauraum. Till Marton, der technische Leiter der Firma, hat stattdessen einen Lüftungsschlitz hinter dem Seitenfenster zum Klappdeckel umfunktioniert, hinter dem sich die Buchse verstecken lässt.
Auch der Innenraum des DeLorean verlangte nach einem Umbau, hin zu moderneren Verhältnissen. Mit einem neuen Display vor dem Lenkrad und einer frisch entwickelten Mittelkonsole einschliesslich Monitor und neuer Schalter. Das Design passt bestens zum Wagen, er scheint damit in der Zukunft angekommen, wohin er – gemäss der Filmreihe – als Zeitmaschine immer fahren sollte.
Beim Amt müssen zudem zwei Prüfungsberichte eines externen Institutes vorgelegt werden: eines zur elektromagnetischen Verträglichkeit und ein weiteres zur elektrischen Sicherheit des Umbau-«Stromers».
Eine Fahrt zwischen Alt und Neu
Der DeLorean ist nach einer Umbauzeit von rund einem Jahr nun fertig, auch die Karosserie aus gebürstetem Edelstahl sieht wieder aus wie neu. Es ist Zeit für eine Probefahrt. Die Flügeltüren lassen sich problemlos öffnen und nach dem Platznehmen auf bequemen Ledersesseln mit etwas Schwung auch zuverlässig schliessen. «Das ist jedoch nicht immer so», verrät Silvia Marton. «Der Wagen war schon im Original wartungsintensiv. Dazu gehört auch, dass die Flügeltüren alle sechs Monate nachjustiert werden müssen, damit sie immer schön öffnen und schliessen.»
An frühere Zeiten erinnert der Zündschlüssel, der noch wie in den 1980er Jahren gedreht werden muss, bis das Display – von einer modernen Software gesteuert – meldet, dass der Wagen fahrbereit ist. Fahrstufe D ist eingelegt, der DeLorean rollt ruckfrei und lautlos an. Das Fahrwerk zeigt sich der Aufgabe gewachsen wie bei einem modernen Auto.
Eine weitere Reminiszenz an frühere Zeiten ist das Lenkrad. Es hat einen grösseren Durchmesser als in modernen Fahrzeugen und wirkt beim Lenken etwas behäbig. Der Geradeauslauf ist akzeptabel, aber die Lenkung verfügt über etwas Spiel. Das ist gewöhnungsbedürftig und passt nicht so ganz zum modernisierten Antrieb. Aber eine neue Lenkung würde das Budget des Kunden sprengen.
Die Motorleistung ist mit 158 PS zwar etwas knapp, aber insbesondere das Drehmoment von bis zu 470 Newtonmetern bringt den nur 1,3 Tonnen schweren DMC-12 flott vorwärts. Die Originalbremsen kommen mit dem modernisierten Antrieb gut zurecht, die Testfahrt erweist sich insgesamt als sehr komfortabel. Und der Anblick des flachen Silberlings auf der Strasse sorgt für freundliches Zuwinken und Lächeln der Passanten.
Puristen halten es für äusserst frevelhaft, dass dem wunderschönen alten Auto das Herz entrissen wurde, um einen modernen E-Antrieb einzubauen. «Manche Menschen finden, das gehe gar nicht», sagt Silvia Marton. «Es gab schon Anfeindungen über die sozialen Netzwerke mit Symbolen wie Fackeln und Heugabeln.» Mit dem Groll von Oldtimer-Freunden ist das Ehepaar Marton bereits vertraut, seit es 2011 erstmals einen Elektroumbau in Angriff nahm. «Bei unserem ersten Projekt, einem Porsche 968, reagierten schon viele mit der Aussage: ‹Zum Glück ist es kein Neunelfer.› Mit einem sogenannten Hausfrauen-Porsche hat man uns das noch knapp durchgehen lassen.»
So richtig provoziert fühlten sich Anhänger klassischer Autos angesichts des E-Umbaus einer Chevrolet Corvette von 1962. «Viele Anhänger dieses US-Sportwagens definieren das Auto über seinen V8-Benzinmotor und entsprechendem Klang», so die Geschäftsführerin. «Entsprechend polarisierend war der Umbau. Aber die Corvette bleibt in unserem Eigentum, als Vorzeigeobjekt. Dort experimentieren wir mit neuen Batterietypen.»
Wenige Kunden und hohe Kosten
Bisher hat sich das Geschäft mit auf E-Antrieb umgerüsteten klassischen Fahrzeugen jedoch als reine Nische erwiesen. «Als wir unsere Firma gründeten, wussten wir noch gar nicht, welchen Markt wir erschliessen würden», so Silvia Marton. «Bisher haben wir zwei komplett umgebaute Fahrzeuge verkauft, dazu bei einem bestehenden Projekt neue Batterien eingebaut.»
Auf ein Massengeschäft ist die Manufaktur mit insgesamt vier Mitarbeitenden auch gar nicht eingestellt. Zudem sind die Kosten für die Kunden erheblich. «Allein für ein gutes Originalfahrzeug muss man Kapital haben», erklärt Till Marton. «Ein guter Basiswagen des DeLorean DMC-12 kann rund 120 000 Franken kosten, hinzu kommen unsere Umbaukosten von mindestens 200 000 Franken – im aktuellen Fall sind es mit der Erneuerung des Interieurs 230 000 Franken.»
Kein Wunder also, dass die Kunden nicht gerade Schlange stehen bei den Martons. Aus diesem Grund hat die Firma ihre Expertise auf eine weitere Produktgruppe ausgeweitet. «Wir arbeiten an Stromspeichern für den Hausgebrauch, etwa zur Ergänzung einer Fotovoltaikanlage», sagt Silvia Marton. «Der erste Prototyp ist fast fertig, damit können wir bald einmal auf den Markt kommen.»