Immer öfter trifft man in Modeboutiquen und anderen Geschäften Hunde an. Warum die Besitzer ihre Tiere zur Arbeit mitnehmen und was die Kundschaft davon hält.
Der süsse Blick, das flauschige Fell oder die elegante Haltung, eine verspielte Art, eine Zutraulichkeit oder eine andere Besonderheit – Hunde sind ein Garant, um in den unterschiedlichsten Situationen das Eis zwischen Fremden zu brechen.
Längst hat die Lifestyle-Branche die Beliebtheit von Hunden erkannt – man sieht sie in Autowerbungen, in Mode-Shootings und an praktisch jeder Kunstvernissage. Und immer öfter trifft man auch in Modeboutiquen und anderen Geschäften Hunde an – als feste Teammitglieder bereichern sie die Atmosphäre im Laden.
Taquito heisst der 15 Monate alte Maltipoo, ein Malteser-und-Pudel-Mix aus einer Südtiroler Zucht. Mit seinem neugierigen Blick geht der junge Rüde rasch auf jeden Ladenbesucher im Herrenfachgeschäft Trunk zu.
Als Baby brachten ihn der Store-Manager Adrian Radecke und sein Mann nach Zürich, wo er die ersten Monate daheim gehalten wurde. Seit einem Jahr nun ist er fast jeden Tag mit Radecke im Laden an der Dufourstrasse 90. «Er ist quasi als Welpe hier im Laden gross geworden und ist gewöhnt, mit Kunden und meinen Arbeitskollegen in Kontakt zu treten», so Radecke. Auch die Hundezüchterin riet, Taquito von Anfang an mit in den Laden zu nehmen, damit er sich so rascher sozialisieren könne.
Auch der Geschäftsinhaber Mats Klingberg war von Anfang an einverstanden, einen Hund im Laden zu haben, und baute gleich eine gute Beziehung zu Taquito, einem aufgeweckten, verspielten kleinen Wesen, auf. Er machte ihm Geschenke und baute gar das Hundehäuschen, eine kleine Holzbox in der Ecke neben der Kassentheke, die farblich zum Interieur mit Sisalteppich und Holzregalen passt. Es ist natürlich Taquitos Lieblingsecke, in der er sich gerne mal verkriecht.
Dass sich Taquito gerne streicheln lässt, hilft, dass sich die Kundschaft hier wohlfühlt. Der Hund sei eine totale Bereicherung für den Laden, so Radecke. Mittlerweile würden gewisse Kunden sogar nur seinetwegen vorbeikommen – einige gar mit ihren eigenen Hunden –, um Taquito als Erstes zu begrüssen.
Trunk Clothiers, Dufourstrasse 90, 8008 Zürich.
«Ambra ist der Star im Laden», sagt Bibiana Stoecklin-Bruderer, Mitinhaberin der Damenboutique Modestrom im Zürcher Seefeld. Allüren hat ihre achtjährige Hündin der Rasse Chocolate Labrador aber nicht. «Sie ist wie ein Magnet. Viele Leute kommen vorbei, nur um Ambra zu begrüssen.»
Wenn Ambras Lieblingskundin vorbeikommt, schleppt die Hündin zur Begrüssung gleich ein Kissen oder sogar ihr Hundebett an. Auf alle gehe Ambra aber nicht von Anfang an zu, sagt die Ladenbesitzerin Bibiana Stoecklin-Bruderer.
Meist macht es sich Ambra an ihrem Lieblingsplatz am Eingang bequem. Sonst ist sie im hinteren Ladenteil anzutreffen, wo sie beim Fenster zum Garten sitzt. Im Garten und einige Fenster weiter trifft sie manchmal ihre beste Freundin, die Hündin Naïma. Dann liegen sie im Sommer zusammen im Hof und bewachen gemeinsam das Gelände.
Seit sieben Jahren ist Ambra bei Modestrom. Stoecklin-Bruderer übernahm sie als Einjährige vom Tierschutz, und sie lebte sich rasch im Laden ein. Und wenn Kundinnen Angst vor Ambra haben? Das gibt es auch. «Sie klopfen an der Tür, dann bringe ich Ambra ins Büro.»
Modestrom, Seefeldstrasse 110, 8008 Zürich.
Roland von Burg führt mit seinem Mann das Geschäft Optik am Stauffacher. Zum Paar gehören seit zwölf Jahren die Jack-Russell-Terrier Milo und Susi. Milo kam als Welpe von einer Züchterin, während Susi mit drei Jahren nach mehreren Fehlplatzierungen bei Hansjörg und Roland ankam.
Mittlerweile sind Susi und Milo 15 und 12 Jahre alt und treue Wegbegleiter von Roland und Hansjörg von Burg. Die Hunde, unterschiedlich, aber unzertrennlich, sind jeweils nachmittags im Optikergeschäft zugegen.
Milo liebt den Kontakt mit anderen Menschen. «Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, alle zu begrüssen – nicht nur Kunden und Kundinnen, die den Laden betreten, sondern auch Passanten und Passantinnen, die am Geschäft vorbeigehen.» Oft stehe er an der Eingangstüre und warte geduldig darauf, mit einem Schwanzwedeln die Leute zu verzücken.
«Milo hat einen untrüglichen Sinn für Menschen und weiss genau, wer ein Lächeln und eine Streicheleinheit braucht.» Vor allem Kinder lieben ihn.
Susi hingegen strahlt mit ihren 15 Jahren eine königliche Ruhe aus. «Ihr Lieblingsplatz ist ihr Kissen, wo sie in aller Ruhe ihren Schlaf der Gerechten hält – sie bringt eine Gelassenheit mit, die man ihr in diesem Alter nicht übelnehmen kann», so Roland von Burg.
Nur wenn Milo sich zu wild mit den Kindern austobe oder zu fordernd nach Streicheleinheiten bettle, sorge sie mit einem lauten Bellen für Ruhe.
Optik am Stauffacher, Badenerstrasse 41, 8004 Zürich
So süss der sechsjährige Rüde Yoshi auch aussieht, am liebsten mag er es, wenn man ihn ignoriert. «Please don’t touch the dog. Bitte Hund nicht streicheln, danke» steht auf einem Schild am Eingang, um Besucherinnen und Besucher auf Yoshi hinzuweisen.
Kommt man ihm dennoch mal zu nahe, ist es gut möglich, dass man warnend angekläfft wird. Auch würde er sich Besuche von anderen unkastrierten Rüden verbitten, die verachtet er kategorisch. Dann wird er jeweils kurz ins Obergeschoss gebracht, wo er für sich ist.
Seit dem Kindesalter ist der Glatthaar-Kromfohrländer «Doorman» in Nina und Jeroen van Rooijens schönem Lokal Cabinet im Viaduktbogen 23 im Kreis 5. Am Eingang kontrolliert er von seiner mit einem Schaffell ausgekleideten Hängematte aus die Passanten und die Kundschaft.
Oft wird er fotografiert, dann tut er so, als sei es keine grosse Sache. «Dass er süss aussieht, weiss er», so die Besitzerin und der Besitzer.
Bei der Suche nach einem passenden Hund hat das Paar vor über fünf Jahren bewusst eine Hunderasse gesucht, die eher etwas distanziert ist und im Alltag nicht sofort auf Menschen zugeht, um sie zu begrüssen. Getauft wurde er von den Modefans dann nach dem japanischen Modedesigner Yohji Yamamoto.
Laut den van Rooijens hat Yoshi sowohl eine anziehende wie auch eine abschreckende Wirkung. «Lässige Menschen mit Rückgrat lässt er passieren, nervöse Individuen und Kinder verscheucht er», so die Ladeninhaber und fügen hinzu: «Das ist gut, denn Kinder sind bei uns für null Prozent des Umsatzes, aber 95 Prozent der Sachschäden verantwortlich.»
Cabinet, Viaduktstrasse 41, Bogen N°23, 8005 Zürich
Anno 2015 haben Diana Kugelmann und Marco Karim El Haddachi ihre Modeboutique für «Modern Functional Fashion» Kevin In The Woods an der Europaallee eröffnet. Vergangenen Juni ist der Rüde Sunny als festes Teammitglied im Laden dazugestossen.
Von vornherein war für das Paar klar, dass der Hund in erster Linie ein Begleiter mit positiven «Vibes» im Privatleben sein soll und gelegentlich mit in den Laden kommt. Es hat sich für einen Golden Retriever entschieden, einer Rasse, die als sozial, familienfreundlich und menschenbezogen gilt und es auch gut mit anderen Hunden kann.
«Wir wollten einen Hund, der auch lieb ausschaut», so Marco Karim El Haddachi, da sie anfangs nicht sicher waren, wie die Kundschaft auf die Präsenz eines Vierbeiners reagieren würde. Das Thema wurde im Vorfeld mit der Züchterin besprochen, die dann aus dem Wurf einen Welpen mit passendem Charakter für Kevin In The Woods fand.
Mit 11 Wochen wurde Sunny dann sukzessive an den Alltag im Geschäftslokal angewöhnt und ist seither drei bis vier Tage pro Woche entweder an seinem Lieblingsplatz vor der Kassentheke oder für ein Nickerchen auf der Couch anzutreffen. Dass immer wieder neue Leute kommen, kennt Sunny mittlerweile, längst hat er sein Territorialverhalten im Griff.
Die Reaktionen seitens der Kundschaft waren von Anfang an überraschend gut. Sunny kann sich frei im Laden bewegen, und wenn dann mal ein anderer Hund zu Besuch kommt oder ein Kunde ängstlich ist, kommt er an die Leine. «Es gibt nur ganz wenige Leute, die ein Problem mit dem Hund haben», so Diana Kugelmann.
Auch wenn viele keine Hundebesitzer sind, reagieren die meisten Leute äusserst positiv auf Sunny – und dank seiner Anwesenheit kommen die Ladenbesitzer viel unkomplizierter mit neuen Besucherinnen und Besuchern ins Gespräch.
Kevin In The Woods, Lagerstrasse 82, 8004 Zürich.