Was sagt die Farbe des Eigelbs über dessen Qualität aus? Droht auch in der Schweiz ein Engpass? Und was wurde aus der veganen Eier-Alternative? Expertinnen und Experten geben Antwort. Und die Spitzenköchin Tanja Grandits verrät, wie das perfekte Rührei gelingt.
Die Farbe des Eigelbs sage wenig über die Qualität oder den Nährwert eines Eis aus – so Thomas Ditzler, Mediensprecher von Coop: «Beide Faktoren werden eher durch die Frische des Eis und die allgemeinen Haltungsbedingungen der Hühner beeinflusst», erklärt er. Katharina Scheuner vom Schweizer Bauernverband ergänzt: «Ob der Eidotter hell- oder dunkelgelb ist, hat mit dem Futter zu tun.» Je mehr Carotinoide – natürliche gelbe bis rötliche Farbpigmente, die etwa in Mais oder Gras stecken – darin enthalten seien, desto dunkler sei die Farbe. «Wird dem Futter nichts zugemischt, verändert sich die Dotterfarbe im Laufe des Jahres – weil die Hennen im Winter, wenn kein Gras wächst, nicht nach draussen gehen», so Scheuner.
In der Schweiz seien eher kräftige, dunklere Dotter beliebter, in anderen Ländern sei man an eher blassere gewöhnt. «Deshalb mischen manche Produzenten in der Schweiz eine andere Quelle für Carotinoide ins Futter», so Scheuner.
Nach dem emeritierten ETH-Professor für Lebensmitteltechnologie Felix Escher gäbe es «verschiedene praktische Möglichkeiten» – er nennt zwei davon. Ein bekanntes Verfahren sei etwa der Wassertest: «Man beobachtet, ob ein Ei in einem mit Wasser gefüllten Glas am Boden liegen bleibt (frisch) oder sich aufrichtet und nach oben schwimmt (weniger frisch).» Das Ei schwimmt, weil beim Altern die Luftblase im Ei und damit der Auftrieb grösser wird.
Auch der Dottertest könne Aufschluss geben. Dabei werde das Ei auf einen Teller aufgeschlagen: «Eigelb und Eiweiss eines frischen Eis sind sauber getrennt, beim Altern nimmt diese Trennschärfe ab», erklärt Escher.
Für Tanja Grandits ist ein Faktor beim Rührei entscheidend: Geduld. «Um eine cremig perfekte Konsistenz zu erzielen, sollte das Rührei bei niedriger Temperatur zirka zwölf Minuten lang gerührt werden», empfiehlt die Spitzenköchin, die im Restaurant Stucki in Basel 19 Gault-Millau-Punkte erkocht hat.
Die Zutatenliste hält Grandits bewusst simpel: «Es braucht lediglich frische Bio-Eier und eine feine Molkereibutter.» Pro Ei rechnet sie einen guten Teelöffel Butter, «oder etwas mehr», wie sie mit einem Augenzwinkern ergänzt.
Zubereitet wird das Rührei in einer Sauteuse oder kleinen Pfanne. Die Eier werden leicht verquirlt und zusammen mit der Butter – in Würfel geschnitten – in die Pfanne gegeben. Das rühre man ohne Pause bei niedriger Temperatur, bis eine sämige Masse entsteht. «Am besten funktioniert das mit einem hitzebeständigen Gummischaber», so Grandits. Zum Schluss wird das Rührei mit einer Prise Fleur de Sel gewürzt. Und «mit feinst geschnittenem Schnittlauch und getoastetem Sauerteigbrot» serviert.
In den USA sorgt die grassierende Vogelgrippe derzeit für Eierknappheit und Preise auf Rekordniveau – doch auch in der Schweiz fallen Lücken in den Regalen auf. Diese sind jedoch anderer Natur als jene in den USA: Die Migros schreibt, dass «2024 die Nachfrage nach Eiern um rund zehn Prozent gestiegen ist, jene nach frischen Schweizer Eiern aus Freilandhaltung sogar noch mehr». Das Angebot könne mit der Nachfrage schlicht nicht mithalten. Ein Phänomen, das nicht nur die Migros betrifft.
Daniel Würgler, Präsident der Vereinigung der Schweizer Eierproduzenten, sieht die Lage zwar angespannt, gibt aber vorsichtig Entwarnung: «In der Schweiz haben wir aktuell keinen generellen Engpass, sondern einfach einen Mangel an Auswahl.» Nicht alle Artikel seien immer verfügbar. «Unsere Legehennen sind aktuell gesund und legen mehr Eier als letztes Jahr», so Würgler. Die Produktion sei sogar um drei Prozent gesteigert worden.
Doch Würgler bestätigt in Zahlen, was die Migros kommuniziert hat: Der Konsum sei überproportional um 9 Eier pro Kopf auf total 198 Eier pro Jahr gestiegen. Die fehlenden Schweizer Eier würden durch Importeier kompensiert.
Schon vor geraumer Zeit ist das Ei rehabilitiert worden: Während es früher hiess, man solle weniger Eier essen, da sie Cholesterin enthalten, kommt heute kaum ein Brunchteller mehr ohne aus. Gemäss den Schweizer Ernährungsempfehlungen können ein bis zwei Eier pro Tag Teil einer ausgewogenen Ernährung sein. Auch für Daniel Würgler steht fest: «Eier sind gesund, wertvoll und haben ein vernünftiges Preis-Leistungs-Verhältnis.» Hinzu komme, dass Eier ein tierisches Protein seien, das in der vegetarischen Ernährung aber eine wichtige Rolle einnehme. Ausserdem ist es einfach zuzubereiten. Würgler spricht von einem «Trend», der in allen Altersgruppen zu beobachten sei.
Für die Haltbarkeit von ungekühlten Eiern sei der intakte Aufbau der Eierschale wichtig, erklärt Felix Escher, emeritierter ETH-Professor für Lebensmitteltechnologie: «Durch die mehrschichtige Schalenstruktur ist die natürliche Barrierewirkung auch bei Raumtemperatur gewährleistet.» In den USA aber würden die Eier vor dem Vermarkten gewaschen, wodurch die Struktur gestört werde und die natürliche Barrierewirkung verlorengehe, so Escher.
Generell seien Eier in den ersten 21 Tagen nach dem Legen ungekühlt haltbar – ein Zeitraum, der biologisch mit der Brutzeit des Huhns übereinstimme. «Während dieser Periode ist das Ei gut geschützt», sagt der Lebensmitteltechnologie-Experte. Danach nehme der natürliche Schutz ab, wonach die Lagertemperatur gesenkt werden müsse, idealerweise auf 7 bis 12 Grad. «In der Praxis wird meist mit einer Haltbarkeit von 28 Tagen gerechnet», so Escher. Eine Lagerung für eine weitere Woche ohne wirklichen Verderb wäre möglich, allerdings nur unter Kühlbedingungen bei 2 bis 5 Grad.
Im Winter 2021 lancierte die Migros ein veganes, hart gekochtes Ei aus Sojaprotein – «V-Love The Boiled» – und erzeugte damit viel Aufmerksamkeit. Doch das Produkt verschwand bereits nach kurzer Zeit wieder aus den Regalen: wegen technischer Komplikationen, teilweise negativen Feedbacks der Kundschaft und eigener Unzufriedenheit mit der Qualität der ersten Resultate. Man wolle daran feilen, so der letzte Stand seitens der Migros.
Wie steht es heute um das vegane Ei? «Wir evaluieren kontinuierlich vegane Alternativen, um unser Sortiment zu erweitern», sagt Tobias Ochsenbein, Mediensprecher des Migros-Genossenschafts-Bunds. Noch fehle es allerdings an überzeugenden Produkten. «Momentan entsprechen jedoch keine der verfügbaren Optionen unseren hohen Anforderungen an Qualität und Geschmack», so Ochsenbein.
Warum wir zu Ostern Eier essen und verstecken, hat mehrere Ursprünge – einige praktischer, andere symbolischer Natur. «Eier waren im Mittelalter Teil von zu Ostern fälligen Zinsen, etwa an Klöster», erklärt Konrad Kuhn, Kulturanthropologe und Privatdozent an der Universität Basel. Viele Klöster waren Besitzer von Land, die Bauern pachteten dieses. Die Zinsen zahlten sie im Mittelalter und in der frühen Neuzeit in Naturalien, weil Münzgeld selten war. Beliebt waren haltbare Naturalien, also etwa Eier, die sich gekühlt im Klosterkeller etwas aufbewahren liessen. Aus diesen sogenannten Zins-Eiern habe sich später das Schenk-Ei entwickelt, das ab dem 16. Jahrhundert auch gefärbt und geschmückt auftauche – etwa als Geschenk von Gotten und Götti.
Ob die christlich-theologische Deutung überzeugt, wonach das kalte Ei und das daraus entstehende Leben als Symbol für die Wiedergeburt Jesu stehen, kann jeder und jede für sich entscheiden – für Kuhn sei das «dahingestellt».
Plausibler klingt für Kuhn eine andere Erklärung: «Mir scheint der ganz praktische, heute kaum mehr aktuelle Grund einleuchtender, wonach Eier an Ostern im Überfluss vorhanden sind, weil ihr Genuss in der christlichen Fastenzeit verboten war, die Hühner aber natürlich nicht aufhören, Eier zu legen.» Dieses Verständnis sei nicht nur alltagsnah, so Kuhn, «es schützt auch vor mythologischen Vorstellungen einer angeblichen Frühlingsgöttin ‹Ostara›, die nicht belegbar ist».
Die auf Eiern aufgedruckten Stempelcodes sind mehr als nur Zahlen-und-Buchstaben-Kombinationen. «Sie geben wichtige Informationen über die Herkunft und die Produktionsweise der Eier», erklärt Tobias Ochsenbein, Mediensprecher des Migros-Genossenschafts-Bunds. Der erste Teil des Codes steht für die Haltungsform der Hühner: «Zum Beispiel steht ‹0› für Bio, ‹1› für Freilandhaltung, ‹2› für Bodenhaltung und ‹3› für Käfighaltung.» Danach folgen das Herkunftsland – etwa «CH» für Schweiz – sowie eine Betriebsnummer, die den Legebetrieb identifiziert.
Ob ein Ei eine braune oder eine weisse Schale hat, sagt ebenfalls nichts über Qualität, Geschmack oder Nährwert aus. «Die Farbe der Eierschale wird durch die Rasse des Huhns bestimmt», erklärt Thomas Ditzler, Mediensprecher von Coop. Hühner mit weissen Federn und Ohrläppchen legen in der Regel weisse Eier, solche mit roten oder braunen Federn und Ohrläppchen braune.
Auch an den Augen lasse sich die Farbe der Eier «einigermassen zuverlässig» erkennen, sagt Katharina Scheuner vom Schweizer Bauernverband. «Ist der Augenfleck rot, wird das Tier braune Eier legen, ist der Fleck weiss, wird es weisse Eier legen.» Das gelte nur für reinrassige Tiere, ergänzt Scheuner. «Alle Hennen tragen grundsätzlich beide Farbpigmente in sich.»
Mit der Farbe hängt lediglich die Stabilität der Schale zusammen: Braune und grüne Eier seien etwas stabiler als die weissen, erklärt Scheuner, da diese weniger Kalk enthielten. Auf den Inhalt hat die Farbe jedoch keinen Einfluss. «In Qualität, Nährwert oder Geschmack gibt es keinen Unterschied», sagt der Mediensprecher von Coop.