Lohnt sich jetzt der Ausstieg aus dem ETF-Sparplan, oder zahlt sich Durchhalten langfristig aus? Die NZZ hat nachgerechnet – und zeigt, wie Anleger in früheren Krisen gefahren sind.
Den ETF-Sparplan stoppen oder dranbleiben? Diese Frage dürfte derzeit viele Anleger beschäftigen. Die Sorge: Trumps Strafzölle könnten den Aktienmarkt weiter unter Druck setzen. Auch der bei Sparern beliebte Welt-Aktienindex MSCI World hat zuletzt spürbar nachgegeben. Der Index soll die Entwicklung der Aktienmärkte in Industrieländern abbilden, ist aber tatsächlich stark von US-amerikanischen Unternehmen geprägt. Ein Blick auf frühere Krisen zeigt: Solche Rückschläge sind nichts Aussergewöhnliches, können aber mitunter lange dauern.
Fakt ist: Seit seinem Start am 31. Dezember 1969 ist der MSCI World stetig gestiegen. Daran änderten auch die vielen Krisen nichts.
Ein Blick auf die historischen Daten zeigt auch: Viele der besten Börsentage folgen unmittelbar auf Crash-Phasen – etwa am 13. Oktober 2008, einem Montag wenige Wochen nach dem Untergang der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers. Damals schloss der MSCI World 9,5 Prozent höher als am vorangegangenen Handelstag. Doch schon wenige Tage später sackten die Kurse erneut ab, der Markt blieb volatil. Im Rückblick ist man stets klüger – in der Praxis den perfekten Zeitpunkt für den Wiedereinstieg zu treffen, ist allerdings nahezu unmöglich.
Geduldige Anleger machen mehr Gewinn
Was das konkret für Anleger aus dem Euro-Raum bedeutet, hat die NZZ berechnet, einschliesslich der Wechselkursentwicklung. Die Ergebnisse sind eindeutig: Wer seit dem Jahr 2000 Monat für Monat 100 Euro anlegte, im gesamten Zeitraum passiv blieb und das Börsen-Chaos ignorierte, fuhr am Ende deutlich besser als «aktive» Investoren, die bei Krisen den Sparplan pausierten und erst nach einer Erholung wieder investierten.
Obwohl «passive» Anleger insgesamt nur rund 5000 Euro mehr investiert haben, ist ihr Portfolio nach gut 25 Jahren 25 000 Euro mehr wert als das von «aktiven» Anlegern. Inflationsbereinigt beträgt der Vorsprung immerhin noch knapp 16 000 Euro.
Warum passives Sparen in der Regel besser ist
Der Grund: Wer den Sparplan einfach weiterlaufen lässt, profitiert in Krisenzeiten von Schnäppchenkursen. Diese Anteile wirken bei der anschliessenden Markterholung wie ein Renditeturbo. «Passive» Anleger haben also nicht nur mehr investiert, sondern auch zu günstigeren Kursen mehr Anteile eingesammelt, die sich später überdurchschnittlich gut entwickelt haben.
Im «passiven» Modus hat sich jeder investierte Euro demnach stärker vermehrt als im «aktiven». Die jährliche Rendite lag bei rund 9 Prozent, kaufkraftbereinigt bei immerhin 6,8 Prozent. Durch die zusätzlichen Kursverluste ab dem 2. April ist das Portfolio in beiden Modi zwar weiter geschrumpft, an der Überlegenheit des «passiven» Sparplans ändert das aber nichts.
Im «aktiven» Modus wurde der Sparplan insgesamt 55 Mal pausiert – jedes Mal, wenn die Kurse um mehr als 20 Prozent fielen. Investiert wurde erst wieder, wenn sie ihr Vorkrisenniveau erreicht hatten. Am längsten – fast zweieinhalb Jahre – dauerte die Pause während der Dotcom-Krise. Am kürzesten war sie zwischen April und Mai 2020 nach dem Corona-Crash. Trumps Zollpolitik hatte keine Auswirkungen auf die Simulation: Bis zum 1. April 2025 waren die Kursverluste nicht gross genug, um die monatliche Einzahlung auszusetzen.
Ein «aktives Pausieren» mag auf Jahressicht mitunter effizienter erscheinen, verschenkt aber gerade nach einem Crash wertvolles Aufholpotenzial. Wer sein Geld nicht sofort benötigt, sondern zehn oder zwanzig Jahre Zeit hat zum Sparen, fährt im «passiven» Modus klar besser.
Anleger, die ihr Portfolio dennoch breiter aufstellen möchten, können den MSCI World ex USA hinzunehmen oder gezielt einen Europa-Index beimischen. Solche Anpassungen geschehen allerdings auch im MSCI World selbst – und zwar automatisch: Steigen Industrieländer wirtschaftlich auf oder ab, verändert sich die Zusammensetzung des Indexes entsprechend. Das gegenwärtig hohe Gewicht börsennotierter Unternehmen aus den USA – Ende Februar lag es bei rund 73 Prozent – ist also keineswegs in Stein gemeisselt. Zum Vergleich: Im Jahr 2008 betrug der amerikanische Anteil lediglich 42 Prozent.
Methodik: Die NZZ hat einen monatlichen 100-Euro-Sparplan auf den MSCI-World-Index vom 1. Januar 2000 bis 1. April 2025 simuliert. Die Einzahlungen erfolgten jeweils am ersten Kalendertag des Monats, wobei die Euro-Beträge zum jeweiligen Wechselkurs in den Index investiert wurden. Dividenden wurden nach Abzug von Quellensteuern reinvestiert; weitere Kosten und Steuern blieben unberücksichtigt. Die Grafiken zeigen nominale Werte; inflationsbereinigte Kennzahlen wurden auf Basis des deutschen Verbraucherpreisindexes berechnet und im Text ergänzend ausgewiesen. In der historischen Betrachtung der Krisen im ersten Teil zeigt die NZZ hingegen die reine Kursentwicklung des MSCI World (ohne Dividenden), um die Verluste klarer hervorzuheben.