Ein Männerarzt empfiehlt Patienten mit grenzwertigen Testosteronwerten Grapefruitsaft. Aber Vorsicht: Wer bestimmte Medikamente nimmt, sollte auf die Frucht verzichten.
Leserfrage: Ist Grapefruit gut für den Testosteronspiegel? Wie viel sollte ich pro Tag davon zu mir nehmen?
Sie ist bitter, sie ist sauer. Manche Patienten von Michael Zitzmann wollen nach ein paar Wochen partout keine Grapefruit mehr sehen. Der Androloge – also Männerarzt – vom Universitätsklinikum Münster weiss: Der Geschmack dieser Frucht polarisiert. Und leider gibt es keine Garantie, dass sie den erwünschten Effekt bringt – nämlich, den Testosteronspiegel wenigstens ein bisschen zu erhöhen. Aber weil das eben doch in manchen Fällen zu funktionieren scheint, empfiehlt er die Frucht und ihren Saft gern. Dann nämlich, wenn Männer fragen, wie sie ihre Testosteronwerte mithilfe der Ernährung erhöhen könnten.
Dabei steigert die Grapefruit die Testosteronproduktion eigentlich gar nicht, sondern erhöht den Testosteronspiegel indirekt. «Das in der Grapefruit enthaltene Bergamottin hemmt ein Enzym, das Testosteron abbaut», sagt Michael Zitzmann. Deshalb sei die Frucht tabu, wenn in einer Studie Medikamente erprobt würden, die den Testosteronspiegel erhöhen sollten. Die Grapefruit könnte das Ergebnis verfälschen.
Aber kann man daraus schon den Schluss ziehen, dass die Frucht allein für spürbar erhöhte Testosteronwerte sorgt? Wie gross ist ihr Einfluss tatsächlich? «Das ist leider kaum erforscht», sagt Michael Zitzmann. Er geht davon aus, dass Männer ihre Werte damit nur leicht erhöhen können. Seine Empfehlung für alle, die es testen wollen: pro Tag eine Grapefruit oder ein Glas Grapefruitsaft.
«Ich empfehle Grapefruit, wenn die Werte eines Patienten im unteren Normbereich liegen», fährt Zitzmann fort. Dann könne er keine Medikamente verschreiben. Manche dieser Patienten litten aber unter leichten Symptomen eines Testosteronmangels, sie seien zum Beispiel müde und antriebslos. «Deshalb versuche ich, ihnen Tipps zu geben», sagt er – wohlwissend, dass die Grapefruit-Empfehlung nicht auf klaren wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht. «Bei manchen klappt es, bei anderen nicht.»
Doch die Grapefruit hat eine Schattenseite, und die ist erwiesen. Die Frucht hemmt gewisse Enzyme, die Medikamente im Körper abbauen. Es kommt zu einer unfreiwilligen Überdosierung. Dazu gehören zum Beispiel verschiedene Statine, Immunsuppressiva und manche Potenzmittel, die bei erektiler Dysfunktion eingesetzt werden. Wer Medikamente einnimmt, sollte also beim Arzt abklären, ob Grapefruitsaft eine negative Auswirkung haben könnte.
Fisch, Nüsse und Granatapfelsaft für mehr Testosteron
Es gibt aber andere Lebensmittel, auf die man ausweichen kann. «Auch Vitamin D, Zink und Magnesium stehen in einem Zusammenhang mit einer Steigerung des Testosteronwerts», sagt Zitzmann und empfiehlt deshalb zum Beispiel Fisch, Nüsse, dunkle Schokolade und Spinat. Er stellt aber klar: «Auch hier ist nicht erwiesen, wie stark der Einfluss dieser Nährstoffe wirklich auf den Testosteronspiegel ist.» Auch Granatapfelsaft könne helfen: «Das wird damit erklärt, dass Granatäpfel das Enzym Aromatase hemmen, das Testosteron in Östrogen umwandelt.»
Das Problem an all diesen Empfehlungen ist aber: Es gibt insgesamt nur wenige Studien über Ernährung und Testosteron. «Es sind noch viele Fragen offen», sagt Zitzmann und rät dazu, sich ausgewogen zu ernähren und diese ohnehin gesunden Lebensmittel in den Speiseplan zu integrieren.
Einen Tipp hat Michael Zitzmann aber noch, der wissenschaftlich gesichert ist. Mit Lebensmitteln hat er eher grob zu tun. Er lautet: abnehmen, vor allem am Bauch. Denn Bauchfett erzeugt das Enzym Aromatase. Dadurch sinkt der Testosteronspiegel. Allzu fettarm sollte man sich dabei aber nicht ernähren. Zitzmann empfiehlt, eher Kohlenhydrate zu reduzieren. Gesunde Fette, zum Beispiel aus Fisch und Avocado, seien nämlich die Grundbausteine für die Testosteronproduktion im Körper.
Wer gleichzeitig Muskeln aufbaut, sorgt für noch mehr Testosteron. «Kraft- und hochintensives Intervalltraining steigern erwiesenermassen den Testosteronspiegel», sagt Michael Zitzmann. Dafür genügen schon rund zwanzig Minuten Training pro Tag.
All diese Ratschläge, so betont es der Männerarzt, seien geeignet für Männer mit Testosteronwerten, die noch im unteren Normbereich seien. Ein echter Mangel hingegen sollte unbedingt ärztlich abgeklärt und behandelt werden.