Der Pharmakonzern und die deutsche Biotechfirma kooperieren seit Jahren. Weil die Basler hohe Erwartungen an ein Blutkrebsmittel haben, sind sie bereit, einen stolzen Aufpreis zu bezahlen.
2,7 Milliarden oder 68 Euro pro Aktie legt Novartis für die deutsche Biotechfirma Morphosys auf den Tisch. Das ist fast doppelt so viel, wie der Spezialist für Antikörper noch vor Aufkommen der ersten Spekulationen an der Börse wert war.
Hauptgrund für das öffentliche Übernahmeangebot ist das Medikament Pelabresib im Besitz von Morphosys. Das Mittel soll gegen eine spezielle Art von Blutkrebs wirken, bei der die blutbildenden Zellen von Bindegewebe überwuchert werden (Myelofibrose).
Verunsicherung wegen Studie
Noch im November vergangenen Jahres hatten Studiendaten zu dem Medikament bei Anlegern für Verunsicherung gesorgt, was zu einem Kurseinbruch der Morphosys-Aktien führte. Von Letzterem erholte sich der Titel, als wenig später detailliertere Daten zu Pelabresib bekanntwurden. Morphosys selber ist 2021 durch die Akquisition der Firma Constellation Pharma an das Mittel gekommen.
Analysten schätzen die Zulassungschancen für das Medikament als hoch ein und billigen ihm Kassenschlagerpotenzial zu, das heisst einen Spitzenumsatz von über einer Milliarde Dollar. Weil Novartis schon länger mit Morphosys zusammenarbeitet – die erste Kooperation begann 2004 –, wird eine problemlose Integration in den Konzern erwartet.
Mitgründer ist Novartis-Vizepräsident
Bei der Verflechtung der beiden Unternehmen gibt es auch eine personelle Komponente. So sitzt Simon Moroney, Mitgründer und ehemaliger CEO von Morphosys, seit 2020 im Novartis-Verwaltungsrat und amtiert seit 2022 als Vizepräsident. Umgekehrt sass der Novartis-Präsident Jörg Reinhardt zu Beginn des Jahrtausends bei der Biotechfirma im Verwaltungsrat.
Laut Novartis war Moroney, der Morphosys 2019 verliess, über die Übernahme «seiner» ehemaligen Firma zwar informiert, aber «um nicht einmal den Anschein eines Interessenkonflikts zu erwecken», habe er sich von allen Diskussionen im Zusammenhang mit der Übernahme zurückgezogen.
Nicht Teil des Deals mit Novartis ist das einzige bisher zugelassene Medikament von Morphosys, das Krebsmittel Monjuvi. Dieses wurde am Montag an die US-Biotechfirma Incyte verkauft. Letztere soll ebenfalls an einer Übernahme der ganzen Firma interessiert gewesen sein.
Pech mit Roche
Auch mit Roche hatte Morphosys kooperiert, dabei allerdings einen Rückschlag hinnehmen müssen. Von den Umsätzen des Roche-Alzheimermedikaments Gantenerumab hätte die Biotechfirma einen tiefen einstelligen Prozentsatz erhalten. Doch der Hoffnungsträger floppte. Eine Studie von Morphosys für ein Dermatologiemedikament, für das sich Novartis Rechte gesichert hatte, verfehlte die Erwartungen ebenfalls.
Im März 2023 kündigte das Unternehmen nach verschiedenen Rückschlägen den Ausstieg aus der präklinischen Forschung an, also der Phase, bevor Wirkstoffe an Menschen getestet werden. Als Folge wurden 17 Prozent der Belegschaft am Sitz in der Nähe von München abgebaut. Per Ende September 2023 beschäftigte die Firma noch 544 Personen. Morphosys ist 1992 als Spin-off des Max-Planck-Instituts entstanden und ging 2018 an die Börse.
Obwohl der Zukauf von Analysten als sinnvoll bewertet wurde, rutschte die Novartis-Aktie am Dienstag leicht ins Minus. Die Zürcher Kantonalbank schliesst nicht aus, dass es noch zu einem höheren Angebot kommt.