Israels Luftwaffe bombardiert zum ersten Mal Stellungen der Huthi in Jemen. In der Hafenstadt al-Hudaida wurde am Samstag unter anderem ein Öldepot getroffen. Auch in Libanon kam es am Wochenende zu Luftangriffen.
Monatelang hatte sich Israel zurückgehalten. Trotz andauerndem Drohnen- und Raketenbeschuss aus Jemen begnügte es sich damit, die von der Huthi-Miliz losgeschickten Flugkörper unschädlich zu machen. Gegenschläge gab es keine. Doch dann entwischte am Freitag eine Drohne aus dem fernen Südarabien der Flugabwehr, tötete mitten in Tel Aviv einen Mann und verletzte mehrere weitere Personen. Grund für den tödlichen Einschlag war laut Angaben des israelischen Militärs ein menschlicher Fehler, die Drohne sei zuvor erkannt worden.
Daraufhin hatten die Israeli genug. Am Samstag griff ihre Luftwaffe zum ersten Mal direkt Ziele der Huthi-Miliz in Jemen an. Mehrere F-15- und F-35-Jets flogen rund 1700 Kilometer weit quer über das Rote Meer bis in die jemenitische Hafenstadt al-Hudaida und bombardierten dort unter anderem Einrichtungen des Hafens sowie Öl- und Treibstofflager. Kurz darauf war über der Stadt ein gewaltiger Feuerball zu sehen.
Laut Angaben des Huthi-Regimes kamen bei den Angriffen drei Menschen ums Leben, 87 weitere wurden verletzt. «Die Huthi haben uns mehr als 200 Mal angegriffen», sagte Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant. «Nun, da sie zum ersten Mal einen israelischen Bürger getötet haben, schlagen wir zurück. Das Feuer in al-Hudaida ist überall im Nahen Osten zu sehen. Und seine Bedeutung ist klar.»
Die Huthi kündigen Vergeltung an
Die Huthi, die in weiten Teilen Nordjemens seit 2015 ein mit Iran verbündetes Rebellenregime errichtet haben, beteiligen sich bereits seit Oktober am Kampf gegen Israel. Aus Solidarität mit den Palästinensern in Gaza begannen sie nicht nur die internationale Schifffahrt im Roten Meer zu attackieren, sondern schossen auch Raketen und Drohnen direkt auf Israel ab.
Die meisten dieser Projektile wurden jedoch entweder von Israels Flugabwehr unschädlich gemacht oder bereits über dem Roten Meer von den Amerikanern abgeschossen. Die USA fliegen dort gemeinsam mit weiteren Verbündeten Angriffe gegen die Huthi, um sie für ihre Attacken auf die internationale Schifffahrt zu bestrafen. Dies hält die Jemeniten aber nicht davon ab, weiterhin Schiffe oder Ziele in Israel anzugreifen.
Entsprechend kündigte das Regime in Sanaa auch für die Angriffe vom Samstag Vergeltung an. «Der Angriff wird unsere Standfestigkeit und unsere Entschlossenheit nur noch weiter bestärken», sagte ein Huthi-Sprecher. Bereits in der Nacht auf Sonntag schossen die Jemeniten angeblich weitere Flugkörper in Richtung Israel ab. Israels Militär teilte mit, eine ballistische Rakete der Huthi auf dem Weg in die südisraelische Stadt Eilat abgefangen zu haben, bevor sie israelisches Territorium erreicht habe.
Auch Angriffe in Libanon
Dass sich die Huthi von dem Angriff auf al-Hudaida nachhaltig beeindrucken lassen, ist unwahrscheinlich. Das Regime in Sanaa trotzt bereits seit Monaten wiederholten Schlägen der Amerikaner und ihrer Verbündeten. Zuvor widerstand es zudem einer jahrelangen Bombenkampagne der Saudi, die im Verlauf des jemenitischen Bürgerkriegs immer wieder versucht hatten, die Huthi von der Macht zu verdrängen.
Der Schlag in Jemen war aber nicht der einzige Angriff Israels am Wochenende. In Libanon bombardierten dessen Kampfflugzeuge in der Nacht von Samstag auf Sonntag laut Angaben der israelischen Armee zwei Waffenlager der Hizbullah-Miliz in der Nähe der Küstenstadt Sour. Die darauffolgenden Detonationen waren bis in die Hauptstadt Beirut zu hören. Videoaufnahmen zeigten eine gewaltige Explosion. Die libanesische Armee sperrte die in der Nähe vorbeiführende Küstenautobahn.
In jüngerer Zeit war es zwischen Israel und dem Hizbullah, welcher ebenfalls im Oktober aufseiten der Hamas in den Kampf gegen Israel eingegriffen hatte, immer wieder zu heftigen Grenzgefechten gekommen. Kurz vor dem Angriff auf das Waffenlager hatte die libanesische Schiitenmiliz noch verlauten lassen, Israels Luftangriff auf die verbündeten Huthi in Jemen stelle eine neue Stufe der Eskalation dar.
Kein Interesse an einer Eskalation
Schon seit längerer Zeit fürchten Beobachter, der Konflikt zwischen Israel und der Hamas könnte sich zu einem Regionalkrieg ausweiten. Tatsächlich nahmen vor allem die Kämpfe an der libanesisch-israelischen Grenze, wo der Hizbullah über ein gewaltiges Raketen- und Drohnenarsenal verfügt, jüngst an Intensität zu.
Zudem unterstrichen die libanesischen Schiiten nochmals ihre Kampfbereitschaft, als unzählige Hizbullah-Anhänger am vergangenen Mittwoch im Rahmen des Ashura-Festes im Gleichschritt durch die südliche Vorstadt von Beirut marschierten. Andererseits scheinen die meisten Beteiligten jedoch kein Interesse an einer Eskalation zu haben. So dürfte sowohl Israel als auch dem Hizbullah in Libanon klar sein, welche Verheerungen ein offener Krieg in beiden Ländern anrichten würde.
Iran hat ebenfalls wenig Appetit auf einen grossen Krieg. Schliesslich wurde der neue Präsident Masud Pezeshkian gerade erst ins Amt gewählt, und der greise Revolutionsführer Ali Khamenei ist mit seiner Nachfolgeregelung beschäftigt. Bleiben also nur noch die Huthi im fernen Südarabien. Doch die Jemeniten mögen sich noch so kämpferisch geben – um wirklich einen entscheidenden Einfluss auf dem Schlachtfeld zu haben, sind sie am Ende dann doch zu weit weg.