Die Verteidigungsallianz hat ihre neusten Zahlen veröffentlicht. Doch ausreichen werden die Rekordausgaben noch längst nicht.
2024 feierte die Nato ihr 75-jähriges Bestehen – und nun zeigt sich, dass die 32 Mitgliedsländer in jenem Jahr so viel für die Verteidigung ausgegeben haben wie noch nie. Die Dimensionen sind eindrücklich: Wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten Jahresbericht hervorgeht, sprachen sie nicht weniger als 1303 Milliarden Dollar. Doch ausreichen werden auch diese Rekordausgaben längst nicht.
Der grosse Zuwachs erfolgte in Europa und Kanada – plus 19 Prozent gegenüber dem Vorjahr, auf insgesamt 486 Milliarden Dollar. Es ist bereits das zehnte Jahr in Folge – seit der Krim-Invasion von Russland im Jahr 2014 –, dass die Mitgliedsländer ihre Ausgaben erhöhen. Noch nie war der Anstieg aber so gross. Deutschland (6,8 Prozent), Grossbritannien (5,8 Prozent) und Frankreich (4,5 Prozent) stellen aus diesen Weltregionen den höchsten Anteil an den kumulierten Verteidigungsausgaben.
Mit 64 Prozent der Gesamtausgaben tragen aber weiterhin die USA die mit Abstand grösste Last. Dies, obwohl ihre Wirtschaftsleistung «lediglich» 53 Prozent aller Nato-Länder beträgt. In absoluten Zahlen waren es 2024 818 Milliarden Dollar.
Montenegro erreicht Ziel doch nicht
Beim Gipfel von 2014 in Wales hatten sich die Alliierten das Ziel gesetzt, mindestens 2 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Damals lagen nur gerade 3 Mitgliedsländer über dieser Schwelle. 2024 waren es immerhin 22.
Überraschend ist diese Zahl nicht, ursprünglich ging man gar von 23 Staaten aus – Montenegro hat die Schwelle nun aber doch nicht überschritten. Die grossen Mitgliedsländer Deutschland, Frankreich und Grossbritannien liegen leicht darüber, die USA geben 3,19 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung aus (und anteilsmässig damit weniger als 2014).
Spitzenreiter ist mit 4,07 Prozent Polen, es folgen Estland und Lettland. Die Nähe zu Russland und damit zum Ukraine-Krieg ist der wichtigste Treiber für die steigenden Verteidigungsausgaben. Dass auf der Europakarte im Jahresbericht die Waffen grafisch nach Osten gerichtet sind, ist kaum zufällig gewählt. Wie der neue Generalsekretär Mark Rutte im Vorwort ausführt, haben die Nato-Staaten der Ukraine letztes Jahr militärische Hilfe in der Höhe von 55 Milliarden Dollar geleistet – 60 Prozent davon stammten aus Europa und Kanada.
Bald neues Ziel definiert
Die nachlässigsten Zahler waren auch 2024 wieder Spanien (1,24 Prozent) und Belgien (1,29 Prozent). Beide Länder haben aber kürzlich in Aussicht gestellt, dass sie ihre Verteidigungsausgaben nun massiv steigern würden, um über die 2-Prozent-Schwelle zu kommen. Das Ziel soll sogar noch im laufenden Jahr erreicht werden.
Nur: Auch das wird noch längst nicht genug sein. Der amerikanische Präsident Donald Trump nannte Anfang Jahr eine Erhöhung auf 5 Prozent, Aussenminister Marco Rubio wiederholte die Forderung im April bei einem Nato-Treffen, wenn auch mit mehr Übergangszeit.
Es wird allgemein davon ausgegangen, dass beim Gipfeltreffen von Ende Juni ein neues Ziel definiert wird. Nato-Diplomaten nehmen an, dass dieses bei 3 oder 3,5 Prozent liegen dürfte. Wie der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson kürzlich durchblicken liess, könnte dann noch ein gewisser Prozentsatz für nichtmilitärische Bereiche draufgeschlagen werden.