Eigentlich wollte Dänemark aufrüsten. Stattdessen muss das Militär nun massiv sparen. Wie konnte es so weit kommen?
Das Geld reicht nicht einmal mehr für genügend Schreibblöcke und Putzmittel. Die dänische Armeekasse ist leer. Die Streitkräfte müssen bis Ende Jahr 100 Millionen dänische Kronen (13 Millionen Franken) sparen. Ein Feldwebel des Ausbildungsregiments formuliert es gegenüber der dänischen Sendeanstalt DR so: «Es sind die einfachsten Dinge, die eingespart werden. Notizbücher, Papier und Tinte für den Drucker.» Doch mit Büromaterial allein ist es nicht getan.
Die Dänen müssen ihre Teilnahme an Nato-Übungen absagen und die Ausbildung neuer Berufssoldaten streichen. Alle Soldaten wurden für zwei Wochen in den Zwangsurlaub geschickt, die Bezahlung von Überstunden ausgesetzt. Allein der Luftwaffe fehlen etwa 60 Millionen Kronen (8 Millionen Franken). Auch sie musste Übungen absagen oder verschieben. Ein Generalmajor sagt zu DR: «Ich mache mir Sorgen. Übungen sind wichtig. Wir machen sie aus einem bestimmten Grund. Wenn wir sie verschieben oder ganz absagen, sinkt das Kompetenzniveau.»
Die dänische Armee steckt in der Krise. Und dies in einer Zeit, in der in Europa ein Krieg herrscht und die Verteidigungsausgaben weltweit erhöht werden. Auch Dänemark will in den nächsten zehn Jahren zusätzliche 195 Milliarden Kronen (25 Milliarden Franken) in seine Armee stecken. Statt aufzurüsten, muss sie nun massiv sparen. Wie konnte es so weit kommen?
Fehlkalkulationen und wachsender Unmut
Laut DR haben sich die Verantwortlichen beim Budget verkalkuliert. Der Sender beruft sich bei der Recherche auf interne Dokumente des Verteidigungsministeriums. Aus diesen geht hervor, dass für 2024 weitaus mehr Aktivitäten geplant wurden, als Geld zur Verfügung steht. Gleichzeitig sind die Streitkräfte um Hunderte neue Soldaten und Mitarbeiter gewachsen. Die finanziellen Mittel für das gesamte Jahr waren so bereits im Sommer aufgebraucht.
Das Absurde daran: Der Verteidigungsetat ist in diesem Jahr höher als im vergangenen Jahr. Das Verteidigungsministerium bestreitet denn auch, dass es sich um Einsparungen handele. Fakt aber ist: Den Streitkräften fehlt derzeit das Geld, um einen normalen Betrieb aufrechtzuerhalten. Und dies hat Folgen. Bei der Luftwaffe etwa befürchtet man bereits eine Kündigungswelle.
Bereits im April wandte sich eine Gruppe junger Militärpiloten mit einem Schreiben an das Verteidigungsministerium. Es bestehe ein besorgniserregender Mangel an der notwendigen Flugausbildung bei allen Flugzeugtypen, heisst es im betreffenden Brief. Dies beeinträchtige die Einsatzbereitschaft und damit die künftige Kampffähigkeit der Luftwaffe. Der Unmut dürfte zunehmen, jetzt, da weitere Übungen gestrichen werden.
Gefährliche Pannen und ein schweigender Minister
Kürzungen bei der Ausbildung sind nicht das einzige Problem der dänischen Armee. Sie kämpft mit fehlendem Personal, einer veralteten Infrastruktur und Missständen beim Material. Welche Folgen Letztgenanntes haben kann, zeigte sich exemplarisch im Frühling. Bei einem Drohneneinsatz im Roten Meer hatten die Raketen- und Radarsysteme für 30 Minuten versagt – ein Fehler, der das Leben von 175 Personen gefährdete. Wenige Tage später sahen sich die Behörden wegen eines defekten Raketenwerfers auf einem anderen Kriegsschiff gezwungen, die Meerenge des Grossen Belt zu sperren.
Der Armeechef musste im April seinen Posten räumen. Die Schlagzeilen der letzten Monate lassen die dänischen Streitkräfte in einem schlechten Licht dastehen, und sie deuten auf strukturelle Probleme hin. Mit einzelnen Kündigungen allein dürften sich diese nicht lösen. Der Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen hat sich bisher nicht zu den finanziellen Schwierigkeiten geäussert.