Die Finanzkommission des Ständerats präsentiert einen breit abgestützten Vorschlag zur rascheren Erhöhung der Militärausgaben. Sie will die eben erst eingeführte OECD-Mindeststeuer neu aufteilen.
2030 oder 2035? Dies sind bis jetzt die Eckwerte im Streit um das Budget der Schweizer Armee, der die Politik seit Beginn des Kriegs in der Ukraine beschäftigt. SVP, FDP und Mitte haben das Ziel definiert, die Militärausgaben auf 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) zu erhöhen.
Die einen wollen dieses Ziel bis 2030 erreichen, andere wollen sich mit Blick auf die klamme Bundeskasse und unter dem Druck der Schuldenbremse Zeit lassen bis 2035. Die Differenz mag klein erscheinen, doch es geht um eine zweistellige Milliardensumme. Für die ehrgeizige Variante bis 2030 liegt bis jetzt kein realistischer Plan vor. 2035 hingegen ist laut der Armeespitze und bürgerlichen Sicherheitspolitikern zu spät. Die Fronten sind verhärtet.
Nun lanciert die Finanzkommission des Ständerats einen neuen Vorschlag, ihr Präsident Jakob Stark (SVP) hat ihn am Dienstagabend den Medien präsentiert: Das Parlament soll als neues Ziel das Jahr 2032 festlegen. Das mag nach Basar klingen, könnte aber das Hickhack beenden und der Armee mehr Planungssicherheit bringen. In der Kommission wurde diese Variante von einer breit abgestützten Mehrheit unterstützt (mit 10 zu 1 Stimme bei 3 Enthaltungen).
Mehrere hundert Millionen im Jahr
Entscheidend ist, dass es die Kommission nicht einfach bei einer simplen Verzögerung belässt. Sie liefert auch für die Finanzierung einen neuen Ansatz – allerdings einen, der erheblichen Ärger auslösen dürfte. Aus Sicht der Finanzpolitiker ist es auch bei einer Erstreckung um zwei Jahre nicht realistisch, die Wiederaufrüstung der Armee allein durch Ausgabenkürzungen in anderen Bereichen zu kompensieren. Deshalb wollen sie für zusätzliche Einnahmen sorgen. Zwar steht bereits eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Debatte, diese dürfte an der Urne aber einen schweren Stand haben.
Deshalb präsentiert die Kommission einen neuen Ansatz: Sie will einen grösseren Teil der Einnahmen aus der OECD-Mindeststeuer, die dieses Jahr eingeführt worden ist, in die Bundeskasse umleiten – zulasten der Kantone. Heute dürfen die Kantone drei Viertel der Steuern «ihrer» Unternehmen behalten, einen Viertel erhält der Bund. Nun will die Kommission möglichst rasch einen Schlüssel von 50:50 festlegen. Betroffen wären vor allem Kantone mit vielen internationalen Grosskonzernen wie Zug, Basel-Stadt oder Luzern.
Niemand weiss genau, wie viel Geld die neue Steuer einbringen wird. Aber die Kommission rechnet mittelfristig mit zusätzlich 400 bis 700 Millionen Franken für den Bund. Die Hälfte soll an die Armee gehen. Somit bleibt noch etwas für andere Aufgaben übrig – das könnte dazu beitragen, dass auch die Linke mitmacht.
So angenehm die Lösung für den Bund wäre, so vehement dürften sich die Kantone wehren. In der Tat ist das Vorgehen insofern speziell, als der heutige Verteilschlüssel das Resultat intensiver Verhandlungen war. Er war auch Teil der Abstimmungsvorlage, mit der das Volk vergangenes Jahr die Einführung der Steuer besiegelt hat. Erstaunlich ist zudem, dass der Vorschlag ausgerechnet aus dem Ständerat kommt, der «Kammer der Kantone». Die Ständeräte waren es auch, die im Ringen um die OECD-Steuer den heutigen Verteilschlüssel gegen Widerstand aus dem Nationalrat durchgesetzt haben.
Ein Argument damals: Müssten die Kantone zu viel abgeben, könnten sie ihre ordentlichen Steuern erhöhen, um der Mindeststeuer zu entgehen. Dann bekäme der Bund gar nichts. Dieses Risiko besteht auch jetzt, falls der Verteilschlüssel nachträglich neu justiert wird.
Sparen bei Personal, Entwicklungshilfe, Asyl
Ob der unorthodoxe Vorschlag eine Chance hat, dürfte sich bereits im Dezember zeigen. In der Budgetdebatte muss das Parlament festlegen, ob es das Wachstum der Armeeausgaben auf das Ziel 2030 oder 2032 ausrichten will. Der Ständerat wird zudem einen ersten Entscheid über den Verteilschlüssel der OECD-Steuer fällen.
Relativ klar ist, dass beide Kammern das Armeebudget für das nächste Jahr deutlich erhöhen wollen: von heute 5,7 auf 6,4 Milliarden Franken. Im Gegenzug wollen die beiden Finanzkommissionen vor allem bei der Entwicklungshilfe, der Bundesverwaltung und im Asylbereich kürzen. Wo wie stark reduziert wird, ist umstritten. Insbesondere steht im Nationalrat eine deutlich stärkere Kürzung der Entwicklungshilfe zur Debatte als im Ständerat (250 gegenüber 30 Millionen).