Der amerikanische Präsident wettert gegen die Eliten, zugleich umgibt er sich mit Superreichen. Diese bringen zwar unternehmerisches Know-how in die Regierung, durch die Verflechtung von Politik und Wirtschaft drohen jedoch Interessenkonflikte.
Donald Trump gehört bekanntlich nicht zu den Ärmsten, und dass bei seiner Inauguration mit Elon Musk, Jeff Bezos und Mark Zuckerberg die drei Menschen mit dem grössten Vermögen der Welt zugegen waren, stach ins Auge. Auch gab es in den USA noch nie eine Regierung, in der so viele Reiche sassen. Ein Dutzend Schlüsselpositionen hat Trump mit Milliardären besetzt, dazu kommen unzählige Multimillionäre.
Eine illustre Superreiche in Trumps Kabinett ist zum Beispiel die designierte Bildungsministerin Linda McMahon. Zusammen mit ihrem Mann Vince baute sie den Wrestling-Veranstaltungskonzern WWE auf. Heute verfügen die beiden über ein geschätztes Vermögen von 2,6 Milliarden Dollar.
Der Hedge-Fund-Manager und Milliardär Scott Bessent ist als Finanzminister vorgesehen. Als Stellvertreter für den umstrittenen Pete Hegseth als Verteidigungsminister hat Trump Stephen Feinberg vorgesehen, einen Private-Equity-Investor mit einem Vermögen von 4,8 Milliarden Dollar. Ein weiteres Beispiel ist Howard Lutnick, bis vor wenigen Tagen Chef der Wall-Street-Investmentbank Cantor Fitzgerald, mit einem geschätzten Vermögen von 2 Milliarden. Er wurde als Handelsminister nominiert.
Ein reicher Präsident für die Armen
Diese Häufung von Milliardären ist besonders bemerkenswert, da der Präsident die Wahl vor allem mit dem Versprechen gewann, sich für die Anliegen der Durchschnittsamerikaner einzusetzen, und keine Gelegenheit ausliess, gegen die «linksliberale Elite» und den «Sumpf in Washington» zu wettern. Biden sah einen Angriffspunkt und warnte in seiner Abschiedsrede vor einer neuen Oligarchie. Sein eigenes Kabinett kam auf ein vergleichsweise bescheidenes Gesamtvermögen von rund 100 Millionen Dollar.
Demgegenüber verfügt allein schon Elon Musk, der zum engsten Berater Trumps geworden ist, über ein Vermögen von 439 Milliarden Dollar. Das ist mehr als das Bruttoinlandprodukt von Ländern wie Finnland oder Chile. Während des Wahlkampfs spendete er Trump 277 Millionen Dollar. Nun führt er das «Department für Regierungseffizienz» im Weissen Haus – mit dem Spar- und Effizienzprojekt wird er Einfluss auf alle Ministerien nehmen.
Die offensichtliche Nähe von Politik und Geld in der Trump-Regierung wird entlang den Parteilinien unterschiedlich beurteilt. Die Republikaner betonen, dass Unternehmer über wirtschaftliche Kompetenz und Netzwerke verfügen, die Berufspolitikern abgehen. Zudem argumentieren sie, dass Reiche in der Regierung unabhängiger sind, weil sie nicht auf eine politische Karriere angewiesen sind, und weniger korrupt, weil sie schon genug Geld haben. Als Beispiel dient ihnen der Verzicht Trumps auf sein Präsidentengehalt. Dabei blenden sie aus, dass das Begehren nach mehr Geld und Macht bekanntlich keine Obergrenze kennt.
Demokraten hingegen warnen vor einer drohenden Plutokratie – einer Regierung der Reichen für die Reichen. So befürchten sie, dass die von Musk vorgeschlagenen Einsparungen vor allem zulasten der Ärmeren gingen. Oder sie verweisen auf die Steuererleichterungen für Wohlhabende aus der ersten Amtszeit von Trump. Sie sollten Ende 2025 eigentlich auslaufen, aber werden nun wohl verlängert. Zudem warnen sie vor persönlichen Interessenkonflikten, die sie bei mehreren künftigen Kabinettsmitgliedern der Trump-Regierung ausmachen.
Verbindungen zur Branche auch bei offiziellem Ausstieg
Wegen der fehlenden Regulierung und Transparenz sind Kryptowährungen in diesem Zusammenhang ein zentrales Thema. Sie werden von Trump propagiert und haben infolgedessen seit seinem Wahlsieg bereits an Wert gewonnen. Der designierte Handelsminister Howard Lutnick und der ebenfalls schwerreiche Tech-Investor David Sacks, designierter Zar für Kryptowährungen und künstliche Intelligenz, waren selber über ihre Firmen mit Kryptowährungen verbunden, die sie als Politiker unterstützen.
Allerdings gibt es gesetzliche Regelungen, die solche Vermischungen verhindern. Entsprechend hat der designierte Finanzminister Bessent alle Krypto-Anlagen abgestossen, ist aus seiner Investmentfirma Key Square Group ausgestiegen und hat seine Anteile verkauft. Das Gleiche gilt für Lutnick. Sacks bleibt der von ihm mitgegründeten Firma Craft Ventures als «Berater» erhalten. Musk hingegen ist zu keinen solchen Schritten verpflichtet, da er nicht als Staatsangestellter gilt.
Interessenkonflikte zeichnen sich möglicherweise auch bei Chris Wright ab, dem designierten Energieminister mit einem Vermögen von 170 Millionen Dollar. Er bezeichnet das Wort «Klimakrise» als irreführend, und für ihn gibt es keine «sauberen» oder «schmutzigen» Energien. Er ist Gründer und CEO der Öl- und Fracking-Firma Liberty Energy. Auch er hat angekündigt, bei seiner Bestätigung im Amt von allen heiklen Funktionen zurückzutreten und seine Anteile an Energiefirmen zu verkaufen. Das vermochte allerdings demokratische Kritiker bei der Anhörung im Senat nicht zu besänftigen, die einwendeten, dass Wright immer noch auf vielfältige Weise mit der Ölbranche verbunden wäre, möglicherweise nach seiner Amtszeit wieder ins Geschäft einsteigen würde und in diesem Sinne als Lobbyist gelten könne.
In die Regierung gehen, um das eigene Vermögen abzusichern
Dass Milliardäre in Regierungsämter strebten, sei in autoritär geführten Ländern wie Russland oder China ein bekanntes Phänomen, schreibt der Politologe Daniel Krcmaric von der Northwestern University in der Studie «Billionaire Politicians: A Global Perspective.» Dort sei die Nähe zu den Mächtigen für Reiche eine Strategie, um ihr Vermögen vor staatlichen Übergriffen zu schützen. Im Jahr 2023 waren ein Drittel der chinesischen und ein Fünftel der russischen Milliardäre politisch engagiert. In den USA waren es nur 4 Prozent; in solchen Ländern, wo ein funktionierender Rechtsstaat den Privatbesitz schütze, wahrten Milliardäre ihre Interessen eher mittels grosser Spenden, so Krcmaric.
Insofern ist die gegenwärtige Häufung von Superreichen in der Trump-Regierung tatsächlich bemerkenswert, wenn auch nicht neu, was frühere Beispiele wie die Rockefeller-Dynastie zeigen. Trump selbst bezieht sich in letzter Zeit oft auf das «Gilded Age», also die Zeit zwischen 1870 und 1900 in der amerikanischen Geschichte. Sie war geprägt von wirtschaftlichem Aufschwung, einer enormen Vermögenskonzentration in den Händen einiger weniger Tycoons, die grossen Einfluss auf die Präsidenten ausübten. In seiner Inaugurationsrede äusserte Trump Bewunderung für Präsident William McKinley, der 1896 gewählt wurde und eine enge Beziehung zu den «Räuber-Baronen» pflegte. Kinley führte hohe Zölle ein, unternahm aber nichts, um die Monopole aufzubrechen, welche den Wettbewerb erstickten.
Die amerikanische Bewunderung des Reichtums
Die Ansammlung von Superreichen in Trumps Kabinett sagt viel über das Umfeld des Präsidenten aus. Die meisten sind alte Bekannte und Geschäftspartner des Präsidenten, auf deren Loyalität Trump zählen kann. Dass es sich dabei hauptsächlich um Unternehmer und CEO handelt, passt zu seiner Überzeugung, der Staat sollte wie ein Konzern geführt werden: kostensparend, mit klaren Hierarchien und möglichst wenig bürokratischen Hürden, die er als störend für einen reibungslosen Ablauf sieht.
Trump und seine Mitstreiter möchten als durchsetzungsfähige Macher wahrgenommen werden, die «liefern». Der Respekt vor dem starken, hemdsärmeligen Mann ist typisch amerikanisch. «To get the job done», etwas hinzubekommen, ist wichtiger als geschliffene Rhetorik und gepflegte Manieren. Dazu gehört auch die – in Hollywoodfilmen unzählige Male reproduzierte – Bewunderung für den Selfmademan, der es durch eigene Anstrengung zu Reichtum gebracht hat. Wie genau, ist im Nachhinein nicht mehr so wichtig. Durch seinen Erfolg zeigt er, dass er es richtig gemacht hat. Deshalb kann er es sich auch leisten, seinen Status ganz unbescheiden zur Schau zu stellen.
In den USA weckt Reichtum traditionell weniger Misstrauen, Neid und Ressentiments als in Europa. Zwar gibt es auch in der Alten Welt schwerreiche Rechtspopulisten, wie Silvio Berlusconi einer war, die sich gegen die «Elite» stellen und behaupten, im Namen des Volkes zu sprechen. Doch in den USA sorgen kulturelle Besonderheiten dafür, dass dies weniger als Widerspruch wahrgenommen wird. Stattdessen gelten Wohlhabende – selbst wenn sie ihr Vermögen wie im Falle Trumps zu einem grossen Teil geerbt haben – als erfolgreich und infolgedessen als prädestiniert für die Führung des Staates.