KI-Fabriken und KI-Baukästen bringen grosse Veränderungen. Zu Beginn der taiwanischen IT-Messe Computex schildert der Nvidia-Chef Jensen Huang seine Vision von der Zukunft der künstlichen Intelligenz.
Der Nvidia-Chef Jensen Huang hat an der grossen taiwanischen Computermesse Computex eine neue Plattform für künstliche Intelligenz (KI) angekündigt. Diese soll die bisherige Rechenkraft der Rechenzentren potenzieren. Tausende Grafikprozessoren (GPU) – das Kernprodukt von Nvidia – dienen nun dem Training und Betrieb der neuen KI-Systeme wie Chat-GPT von Open AI.
GPU haben sich in KI-Datenzentren als digitale Entsprechung der menschlichen Gehirnzellen etabliert. Sie können besser parallel rechnen als herkömmliche Computerchips. Seit der Start von Chat-GPT im Herbst 2022 einen regelrechten KI-Boom ausgelöst hat, verzehnfachte sich der Aktienkurs des GPU-Herstellers Nvidia.
Mit einem Marktwert von derzeit 2,7 Billionen Dollar ist der amerikanische Chipkonzern damit hinter Microsoft und Apple das drittwertvollste Unternehmen der Welt. Huang sieht kein Ende des Wachstums, denn für ihn steht die Welt mit sogenannten «KI-Fabriken» vor einer Revolution.
Wie KI-Fabriken die Wirtschaft verändern sollen
«Diese KI-Fabriken generieren, kreieren und produzieren eine neue, sehr wertvolle Ware», erklärte Huang. Die Waren sind Token – oder wie Huang es zuspitzt: Intelligenz. Die generative KI verknüpfe alle Zusammenhänge und erzeuge daraus neue Token, mit denen sie Text, Fotos, Videos, Sprache, aber auch Moleküle und oder Wetterberichte herstelle.
Dass dies die gesamte Wirtschaft und die menschliche Gesellschaft verändern wird, ist inzwischen weitgehend akzeptiert. Aber Huang weist auch auf die Rolle von Datenzentren hin. Datenzentren und ihre Rechenprozesse würden immer stärker wie Fabriken optimiert. Man messe Parameter wie Startzeit, Betriebszeit, Auslastung, Durchsatz und Leerlaufzeit. «Es sind Fabriken. Deshalb korrelieren die Betriebsabläufe direkt mit der finanziellen Leistung des Unternehmens», so Huang.
Die Erhöhung der Rechenkraft wird immer wichtiger. Sie senkt die Energie, die für die Erzeugung eines Tokens notwendig ist, und damit die Stückkosten. Vor acht Jahren hätte die Generierung eines Tokens von Chat-GPT 4 noch 17 000 Joule an Energie erfordert. Dies entspräche zwei 100-Watt-Lampen, die zwei Tage lang leuchteten, rechnet Huang vor. Heute seien es 0,4 Joule. Um die Kosten weiter zu senken, müsse die Industrie immer leistungsfähigere Maschinen entwickeln.
NIM: mit Mini-KI zu Bausatzdiensten
Ein weiterer Bestandteil der KI-Fabriken sind NIM, kurz für Nvidia Inference Microservices. Darunter versteht Nvidia vorbereitete KI-Modelle, die in «KI-Containern» mit der erforderlichen Software und den erforderlichen Verbindungen ausgestattet sind. Programmierer können sich aus der Vielzahl der Mikrodienste dann quasi im Baukastenprinzip einen KI-Dienst zusammenbauen. Dies ermöglicht laut Huang die Entwicklung von KI-Agenten, die arbeitsteilig unter einer Art Chef Aufgaben selbst erfüllen können.
Fast zwei Stunden redet Huang über die neuen Welten, die schon heute Wirklichkeit sind. Dabei hebt er besonders taiwanische Kunden wie den Auftragsfertiger Foxconn hervor, der für seine Fabriken bereits digitale Zwillinge betreibe. In der digitalen Kopie können Fabrikabläufe schon vor dem Bau oder vor Veränderungen überprüft werden, was Fehler verringert und Planungszeiten verkürzt.
Foxconn bleibt nicht das einzige Unternehmen der Inseldemokratie vor Chinas Küste, das der Nvidia-Gründer erwähnt. «Taiwan ist die Heimat unserer geschätzten Partner», sagt Huang, «hier beginnt alles, was Nvidia tut.» Taiwan und Nvidia hätten «die KI-Infrastruktur der Welt geschaffen», spitzt der Nvidia-Chef zu.
Warum Taiwan für die KI-Industrie so wichtig ist
Übertrieben ist das nicht. TSMC ist bereits jetzt der weltweit wichtigste Auftragsfertiger von Halbleitern. Bei KI-Chips wächst die Dominanz des Unternehmens noch. Gemäss dem taiwanischen Marktforschungsinstitut Trendforce verliert selbst Südkoreas Samsung Electronics Halbleiter-Kunden an die Taiwaner. TSMC profitiere klar vom KI-Trend, stellen die Trendforce-Experten fest.
Dabei ist TSMC nur der bekannteste Partner aus dem vielschichtigen Ökosystem der taiwanischen Chip-, Elektronik- und Computerindustrie. Eine sehr wichtige Rolle spielen auch Computerhersteller wie Asus oder Acer. Sie verbauen seit Jahren Nvidia-Grafikkarten. Einige Modelle sind bereits mit Halbleitern ausgestattet, die KI-Anwendungen nutzen können. Nvidia setzt darauf, dass dies bei immer mehr Programmen der Fall sein wird.