Die USA blockieren einen Antrag auf die Vollmitgliedschaft Palästinas in den Vereinten Nationen. Auch Bern hat Bedenken.
Die USA haben sich im Uno-Sicherheitsrat hinter Israel gestellt. Am Donnerstag blockierte das ständige Ratsmitglied mit seinem Veto einen Antrag, Palästina als Vollmitglied in die Vereinten Nationen aufzunehmen. Die Uno sei nicht der richtige Ort, um einen palästinensischen Staat anzuerkennen – dieser müsse aus einem Abkommen zwischen Palästina und Israel hervorgehen, argumentierte der Vertreter Washingtons. Die USA unterstützen jedoch weiterhin eine Zweistaatenlösung.
Den Resolutionsentwurf eingebracht hatte Algerien. 12 der 15 Mitglieder stimmten dem Antrag zu, während sich die Schweiz und Grossbritannien enthielten. Palästina hat in der Uno seit dem Jahr 2012 den Beobachterstatus. Es hatte Anfang Monat sein Gesuch um eine Vollmitgliedschaft aus dem Jahr 2011 reaktiviert, das damals nicht abschliessend behandelt worden war.
Die Schweiz spreche sich nicht gegen eine Vollmitgliedschaft Palästinas aus, sagte die Schweizer Uno-Botschafterin Pascale Baeriswyl in New York. Bern sei aber der Ansicht, dass das Vorhaben zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht förderlich sei, um die Lage zu entspannen und den Konflikt zu lösen. Es wäre besser, die Aufnahme Palästinas als Vollmitglied der Uno zu einem Zeitpunkt zu vollziehen, wenn sich ein Frieden abzeichne.
Chiesa und Wehrli konsultiert
Deshalb hat der Bundesrat beschlossen, dass sich die Schweiz enthalte, wie das Aussendepartement (EDA) mitteilte. Dem Entscheid sei eine Beurteilung der geopolitischen Gesamtsituation vorausgegangen. Das EDA konsultierte zudem die Präsidenten der beiden Aussenpolitischen Kommissionen (APK) des Parlaments, den Waadtländer FDP-Nationalrat Laurent Wehrli und den Tessiner SVP-Ständerat Marco Chiesa. Der Bundesrat zieht die APK bei aussenpolitischen Grundsatzentscheiden bei. Die zwei Präsidenten müssen rund um die Uhr erreichbar sein, während die Schweiz Mitglied des Sicherheitsrates ist.
Über eine Vollmitgliedschaft in den Vereinten Nationen entscheidet die Uno-Generalversammlung. Eine Abstimmung kann aber nur erfolgen, wenn eine positive Empfehlung des Uno-Sicherheitsrates vorliegt. Wegen des amerikanischen Vetos ist der Antrag Algeriens vorderhand vom Tisch.
Baeriswyl betonte, die Enthaltung ändere nichts an der Unterstützung der Schweiz für die Zweistaatenlösung. «Wir sind überzeugt, dass nur eine Verhandlungslösung zu einem dauerhaften Frieden zwischen Israeli und Palästinensern führen kann», sagte sie. Die Schweiz sei bereit, konstruktiv dazu beizutragen, hielt die Uno-Botschafterin am selben Tag in einer anderen Ratsdebatte fest.
Machtlose Uno
Der Nahostkonflikt war im Sicherheitsrat wiederholt ein Thema, ohne dass dieser etwas Wesentliches beschloss. Ende März hatte die Schweiz im Uno-Sicherheitsrat mit anderen Staaten aber eine Resolution durchgebracht, die einen sofortigen Waffenstillstand forderte, der zu einer dauerhaften Waffenruhe führen soll. 14 der 15 Mitgliedsstaaten des Sicherheitsrats stimmten dieser zu, während sich die USA enthielten.
Die Resolution zeigte jedoch, wie machtlos die Vereinten Nationen sind. «Der in der Resolution geforderte Waffenstillstand wurde nicht eingehalten, und zahlreiche Zivilisten werden jeden Tag Opfer der Feindseligkeiten», sagte Baeriswyl. Die Schweiz forderte, dass diese und zwei frühere Resolutionen umgesetzt werden.
Im letzten Oktober hatte die Schweiz auch einer Resolution zugestimmt, die Jordanien eingebracht hatte. Diese verlangte einen sofortigen humanitären Waffenstillstand, um Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu ermöglichen. Zudem forderte sie alle Konfliktparteien auf, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. Allerdings fehlte in der Resolution ein Hinweis auf die Terrorakte, die die Hamas im Oktober verübt hatte. Die Unterstützung der Schweiz sorgte deshalb innenpolitisch für Kritik.
Die Resolution vom März verwies auch auf die israelischen Geiseln, die sofort freigelassen werden sollten. Geiselnahmen seien gemäss dem humanitären Völkerrecht verboten.