Der Papst darf nach mehr als fünf Wochen im Spital wieder nach Hause. Er hat noch einiges vor.
Fünf Wochen nach seiner Einlieferung in die Römer Gemelli-Klinik ist Papst Franziskus am Sonntag in den Vatikan zurückgekehrt. Am Sonntagmittag zeigte er sich den Gläubigen erstmals wieder, als er sie vom Balkon des Spitals grüsste. Er sass im Rollstuhl und wirkte dabei noch geschwächt und kurzatmig.
Besser daheim als im Spital
Die Nachricht von seiner Rückkehr kam einigermassen überraschend. Zwar hatte sich sein Zustand nach der schweren Lungenentzündung und den damit einhergehenden Komplikationen jüngst stabilisiert, doch ging man allgemein davon aus, dass der Spitalaufenthalt noch andauern würde. Schliesslich sprachen sich die Ärzte aber dafür aus, die notwendigen weiteren Rehabilitationsschritte in vertrauter Umgebung durchzuführen. «Ein Krankenhaus ist, auch wenn es seltsam klingen mag, der schlechteste Ort, um sich zu erholen, weil man sich dort am häufigsten infiziert», sagte Sergio Alfieri, der verantwortliche Chefarzt des Gemelli, an einer Medienkonferenz am Samstagabend.
Die vertraute Umgebung – das ist für Franziskus das Appartement 201 im zweiten Stock des Gästehauses Santa Marta seitlich des Petersdoms. In dieser einfachen Wohnung lebt der Pontifex seit seiner Wahl vor genau zwölf Jahren. Auf den Einzug in den repräsentativen Apostolischen Palast hatte er damals bewusst verzichtet. Das Appartement im «Santa Marta» wird nun behelfsmässig für die Rehabilitation eingerichtet. Mindestens zwei Monate soll der 88-jährige Papst dort die medikamentöse Therapie sowie die motorische und die respiratorische Physiotherapie fortsetzen. Und fürs Erste wird er weiterhin Nasenkanülen zur Sauerstoffzufuhr verwenden.
Übernimmt er sich?
In der Kurie befürchtet man derweil, dass sich der Papst, der sich selbst früher als ungeduldigen Patienten beschrieben hat, nicht an die von den Ärzten verordnete Musse und Schonung hält. Es gibt derzeit allerdings noch keine verlässlichen Aussagen darüber, ob der Papst die Osterfeierlichkeiten leiten und bereits wieder erste Besucher persönlich begrüssen wird. Für den 7. und 8. April ist unter anderem ein Besuch des britischen König Charles und seiner Gemahlin Camilla vorgesehen. Ob die vorgesehene Audienz beim Papst stattfinden wird, ist ebenso offen wie die Frage, ob der Pontifex die für Ende Mai geplante Reise in die Türkei antreten wird. Der Besuch sollte aus Anlass des 1700-Jahr-Jubiläums des Konzils von Nicäa ins heutige Iznik führen.
Von solchen Unwägbarkeiten abgesehen, ist die Rückkehr des Papstes in den Vatikan ein wichtiges Zeichen der Kontinuität in einer sich rasant wandelnden Welt. Noch ist mit mir zu rechnen, lautet Franziskus’ Botschaft an Freund und Feind. Seit der Einlieferung ins Gemelli wurde im Vatikan über den nahen Tod des Papstes oder einen möglichen Rücktritt und ein baldiges Konklave spekuliert. Hinter den Kulissen sollen sich bereits seine Gegner in Stellung gebracht haben.
Schwach, aber stark
Nun ist alles anders. Zweimal sei er während seines Spitalaufenthaltes in Lebensgefahr gewesen, teilten die Ärzte mit. Dass er sich allmählich davon zu erholen scheint und er offenbar entschlossen ist, seine Arbeit baldmöglichst wieder aufzunehmen, vergrössert in den Augen der Gläubigen seine Aura. Es ist, als ob der rekonvaleszente Pontifex gestärkt in den Vatikan zurückkehren würde.
Allerdings wird die jetzt eingeläutete Spätphase seines Pontifikats von anderem Charakter sein als seine bisherige Amtszeit: Es dürfte weniger öffentliche Auftritte geben, die Zahl der für Franziskus wichtigen persönlichen und direkten Kontakte wird abnehmen, die Nähe wird grösserer Distanz weichen. Beobachter gehen trotzdem davon aus, dass er die ihm verbleibende Zeit an der Spitze der katholischen Kirche noch nutzen wird, um einige Pflöcke einzuschlagen. Die Tatsache etwa, dass er noch aus dem Spital den Fahrplan der katholischen Weltsynode bis ins Jahr 2028 verbindlich festgelegt hat, spricht Bände. Mit der Weltsynode sind wichtige Reformen in der Weltkirche verbunden. Franziskus, so scheint es, macht sich daran, sein Erbe zu regeln.