Seit bald zwei Jahren wird in dem nordostafrikanischen Staat erbittert gekämpft. Nun deutet sich eine Wende an: Das Militär hat eine strategisch wichtige Stadt von der Miliz RSF zurückerobert. Derweil stufen die USA die Greueltaten in Darfur als Genozid ein.
Das sudanesische Militär hat am Wochenende die strategisch wichtige Stadt Wad Madani zurückerobert. Dabei hat es eine paramilitärische Miliz vertrieben, die die USA seit Anfang Januar des Völkermords beschuldigen. Der sudanesische Informationsminister gab bekannt, die Armee habe die Stadt von der Rebellengruppe Rapid Support Forces (RSF) befreit.
Wad Madani liegt etwa 150 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Khartum. Die Stadt ist strategisch bedeutend, weil sie an einer Kreuzung wichtiger Versorgungsstrassen liegt, die mehrere Bundesstaaten miteinander verbinden. Es ist die Hauptstadt des Bundesstaates Gezira, der in Friedenszeiten als Kornkammer des Sudans galt. Sollte die Armee die Stadt halten können, wäre dies ihr bedeutendster Sieg seit Beginn des Krieges vor fast zwei Jahren. Laut Experten wird sich der Schwerpunkt der Kämpfe höchstwahrscheinlich nach Norden in Richtung der Hauptstadt Khartum verlagern.
Der Anführer der RSF-Miliz Mohammed Hamdan Daglo, auch bekannt als Hemeti, räumte den Verlust der Stadt in einer Audiobotschaft über seinen Telegram-Kanal ein. Er zeigte sich aber entschlossen, Wad Madani bald zurückzuerobern. Die Niederlage der RSF kam nur etwas mehr als ein Jahr nachdem die Miliz Wad Madani erobert hatte. Das zwang damals Zehntausende von Menschen zur Flucht und löste Schockwellen im ganzen Land aus. Die RSF-Kämpfer, deren Hochburg die Region Darfur im Westen des Sudans ist, eroberten anschliessend weite Teile des Landes.
Mehr als zwölf Millionen Menschen auf der Flucht
Nach Angaben der Uno sind wegen der Kämpfe mehr als zwölf Millionen Menschen innerhalb des Sudans oder in die Nachbarstaaten geflohen. Nach jüngsten Uno-Berichten haben knapp 25 Millionen Menschen – etwa die Hälfte der Bevölkerung – nicht genug zu Essen. Sie leiden unter akutem oder chronischem Hunger. Rund 20 Monate nach Kriegsbeginn hat sich die Situation im Sudan zu einer der schlimmsten humanitären Katastrophen weltweit entwickelt. Nach Angaben der amerikanischen Denkfabrik Center for International and Strategic Studies ist die medizinische Infrastruktur des Landes zusammengebrochen. Laut den Angaben sind 70 bis 80 Prozent der Spitäler und Gesundheitszentren in den Konfliktregionen nicht mehr benutzbar.
Laut den Vereinten Nationen und Vertretern der amerikanischen Regierung haben sowohl die sudanesische Armee als auch die RSF Greueltaten und Kriegsverbrechen begangen. Die brutalsten Kämpfe fanden jedoch in der westsudanesischen Region Darfur statt, wo RSF-Kämpfer und mit ihnen verbündete Milizen Mitglieder rivalisierender ethnischer Gruppen massakrierten, wie Menschenrechtsgruppen und die Uno berichteten. Seit Anfang Januar sprechen die USA offiziell davon, dass diese Morde einen Völkermord darstellen, und verhängten Sanktionen gegen den RSF-Anführer Mohammed Hamdan Daglo. Die USA verhängten ausserdem Sanktionen gegen sieben Unternehmen in den Vereinigten Arabischen Emiraten, denen sie vorwerfen, im Auftrag der RSF mit sudanesischem Gold zu handeln und Waffen zu kaufen.
Beide Kriegsparteien kaufen mit sudanesischem Gold Waffen
Während die RSF von den Emiraten unterstützt wird, hat das sudanesische Militär Waffen aus Iran, Russland und der Türkei erhalten oder gekauft. Beide Seiten bauen die riesigen Goldreserven des Landes ab, um den blutigen Krieg zu finanzieren.
Die Gewalt im Sudan ist das Resultat eines Konflikts zwischen den zwei mächtigsten Männern im Land: dem Militärgeneral Abdelfatah Burhan und dem RSF-Führer Mohammed Hamdan Daglo. Nach einem Putsch gegen den damaligen Herrscher Omar al-Bashir übernahmen sie im April 2019 gemeinsam die Macht im Land. Sie standen einem Rat vor, der formell eine Übergangsregierung war, faktisch jedoch eine Militärjunta. Vier Jahre später zerbrach ihr Zweckbündnis, seitdem ringen sie um die Vorherrschaft.