Bis jetzt gibt es in der Schweiz keine einheitliche Sammlung für Plastik und Getränkekartons. Die Non-Profit-Organisation Recypac will das zusammen mit mehreren Grossverteilern wie Migros und Coop ändern. Entscheidend ist aber die Bereitschaft der Gemeinden.
Wer es schon ausprobiert hat, der staunt. Trennt man das Plastik und Getränkekartons vom allgemeinen Abfall, kommen im Nu Berge von Joghurtbechern, Käseverpackungen und Chipstüten zusammen. Und gleichzeitig füllt sich der Gebührensack für den gewöhnlichen Müll deutlich langsamer.
Plastik ist allgegenwärtig. Und viel zu oft landet er einfach im Müll. Schweizer Haushalte verbrauchen laut Studien jährlich 195 000 Tonnen Plastikverpackungen und Getränkekartons. Nur drei Prozent dieses Abfalls werden wiederverwertet.
Denn Plastik zu trennen, ist in der Schweiz bis jetzt nicht überall möglich. Vereinzelt gibt es Recyclingzentren, die ihn gesondert annehmen. Einige Städte wie Zürich haben begonnen, Plastik über die Grossverteiler Migros und Coop oder über die Recyclingorganisation Mr. Green zu sammeln. In Basel hat Coop ebenso ein Pilotprojekt betrieben.
Ähnliches gilt für Getränkekartons. Nur rund hundert Gemeinden oder Entsorger nehmen Orangensaftpackungen oder Milchkartons an, um sie weiterzuverarbeiten.
Grundsätzlich kann man festhalten: Die bisherigen Lösungen für eine noch spezifischere Abfalltrennung in der Schweiz sind unkoordiniert und uneinheitlich.
Ähnlich wie PET-Sammeln
Das will die Non-Profit-Organisation Recypac ändern. Ab Oktober stellt sie ein schweizweites System zur Verfügung, das ähnlich wie die PET-Sammlung funktioniert. Die Idee: Grossverteiler und Gemeinden sollen einen einheitlichen Sammelsack von Recypac verkaufen. «Alle Plastikfolien, Verpackungen und Getränkekartons kommen in den gleichen Sack – auch ungewaschen», sagt die Geschäftsführerin Odile Inauen.
Einmal gefüllt, muss der Sack abgegeben werden: Je nach Gemeinde wird dies in einem Werkhof, bei einem privaten Entsorgungszentrum oder bei Grossverteilern geschehen. Von dort kommen die Säcke in Umschlaglager – und letztlich in Recyclingfabriken, die aus den Abfällen Granulat herstellen.
Recypac wird das Plastik und die Getränkekartons vorerst in Grenznähe in Süddeutschland oder in Österreich verarbeiten lassen. Ähnliche Fabriken sind hierzulande erst in der Planung. Das hergestellte Granulat wird aber in die Schweiz zurückkehren, wo daraus neue Verpackungen produziert werden.
Detailhandel, Kunststoffhersteller und Multinationale vereint
Das Ziel ist ein geschlossener Kreislauf. Vielversprechend könnte das Projekt tatsächlich werden, auch weil verschiedenste Akteure involviert sind. Zu den Gründungsmitgliedern des Vereins Recypac zählen die Grossverteiler Migros, Coop, Lidl, Aldi und Spar. Mit dabei sind auch grosse Lebensmittelunternehmen wie Nestlé, Unilever und Emmi oder die Verpackungshersteller Tetra Pak, SIG Combibloc oder Elopak.
Gerade Letztere spielen eine zentrale Rolle: Zusammen mit Recypac und den Grossverteilern versuchen sie, Design und Materialien von Verpackungen zu optimieren. «So wird beispielsweise vermieden, dass eine Flasche aus zwei nicht trennbaren Plastik-Sorten besteht», sagt Inauen. Das Trennen und Wiederverwerten der Rohstoffe wird dadurch einfacher.
Greenpeace verurteilt Lobby
Für Greenpeace geht das Projekt zu wenig weit. Bereits Ende 2023 kritisierte die Umweltorganisation das Vorhaben von Recypac in einer Medienmitteilung. Der Verein sei zu stark mit der Plastikindustrie, mit Detailhändlern und multinationalen Konzernen verbandelt. «Greenpeace verurteilt diese neue Lobby, die keinerlei Bereitschaft zeigt, weniger Einwegplastik zu verwenden», so der Grundton. Vielmehr sollte in eine Infrastruktur für Mehrwegsysteme wie etwa Glasflaschen investiert werden.
Einen Sinn im Wiederverwerten gerade von Getränkekartons sieht indes die neuste Ökobilanz des Bundesamts für Umwelt. Darin schneiden Kartonverpackungen in vielen Fällen gleich gut oder besser ab als Mehrwegflaschen aus Glas.
Zürich zeigt Interesse
Ob das Projekt von Recypac ein Erfolg wird, ist vor allem von den Gemeinden abhängig. Plastikverpackungen und Getränkekartons fallen unter das Abfallmonopol der öffentlichen Hand. Jede Gemeinde muss somit eine Konzession erteilen, wenn Recypac auf ihrem Gebiet sammeln will. Mehrere Gemeinden waren bereits in der Planung involviert, andere würden sich laut Odile Inauen für das Projekt interessieren. Obwohl Recypac ab Oktober bereit ist, sind noch keine Bewilligungen erteilt.
Auf Interesse stösst das Konzept in Zürich. 2022 führte die Stadt auf eigene Initiative die Kunststoffsammlung zusammen mit Migros, Coop und Mr. Green ein. «Die Bevölkerung hat grosses Interesse an einer Separatsammlung», sagt Tobias Nussbaum, Mediensprecher von Entsorgung und Recycling Zürich. Deshalb sei man offen für das Projekt von Recypac. Eine nationale Initiative würde die Stadt Zürich begrüssen. Der Gemeinderat hat schon in mehreren Vorstössen sein Interesse bekundet.