Vertraute des US-Präsidenten beraten in einem Gruppen-Chat über einen Militärschlag gegen die Huthi-Miliz in Jemen – und ein Journalist kann das mitverfolgen. Die Demokraten sind empört.
phg. /(dpa/Reuters) Die Opposition im US-Parlament will eine mutmassliche Kommunikationspanne der Regierung untersuchen lassen, durch die ein Journalist anscheinend einen Gruppen-Chat zu einem geplanten Militärangriff in Jemen mitverfolgen konnte. Der Minderheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, sprach auf X von «amateurhaftem Verhalten» und fordert eine umfassende Aufarbeitung. Die Zeitung «The Hill» und der Sender ABC zitierten ihn mit den Worten, es handele sich um «eine der unglaublichsten Verletzungen» militärischer Geheimnisse, die ihm je untergekommen sei.
Bei der Unterhaltung führender Regierungsvertreter über die Messenger-App Signal soll es um den – da noch bevorstehenden – Angriff auf die Huthi-Miliz in Jemen gegangen sein. Der Chefredaktor des amerikanischen Magazins «The Atlantic», Jeffrey Goldberg, war laut eigenen Angaben versehentlich in die Gruppe aufgenommen worden und machte den Vorgang später publik. Goldberg beschreibt in seinem Artikel detailliert den Austausch zwischen den Beteiligten im Chat – mit exakten Uhrzeiten und Originalzitaten. Diskutiert wurden demnach sowohl die militärische Taktik als auch die politische Kommunikation rund um den geplanten Schlag gegen die Huthi-Miliz.
In der Gruppe waren laut Goldberg unter anderem der Vizepräsident J. D. Vance, der Verteidigungsminister Pete Hegseth, der Aussenminister Marco Rubio, der CIA-Direktor John Ratcliffe, die Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard sowie weitere hochrangige Regierungsbeamte.
Demokratische Politiker reagieren entsetzt
Der demokratische Senator und Militärexperte Jack Reed sagte: «Wenn diese Geschichte wahr ist, stellt sie eines der ungeheuerlichsten Versäumnisse in Bezug auf die operative Sicherheit und den gesunden Menschenverstand dar, die ich je gesehen habe.» Militäroperationen müssten mit äusserster Diskretion und über genehmigte, sichere Kommunikationswege abgewickelt werden, denn es gehe um das Leben von Amerikanern. «Die Nachlässigkeit, die das Kabinett von Präsident Trump zeigt, ist erstaunlich und gefährlich. Ich werde sofort Antworten von der Regierung einfordern.»
Die frühere demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton postete den «Atlantic»-Artikel auf X und schrieb dazu: «Das soll wohl ein Scherz sein.» Donald Trump hatte ihr im Präsidentschaftswahlkampf 2016 immer wieder vorgeworfen, E-Mails über einen privaten Account verschickt und damit Sicherheitsregeln missachtet zu haben.
You have got to be kidding me.https://t.co/IhhvFvw6DG pic.twitter.com/bnNG4dGSpI
— Hillary Clinton (@HillaryClinton) March 24, 2025
Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren schrieb auf X, dass die Nutzung von Signal zur Erörterung sehr heikler nationaler Sicherheitsfragen «eklatant illegal und unglaublich gefährlich» sei. Der demokratische Senator Chris Coons schrieb auf X: «Jeder einzelne Regierungsbeamte im Gruppen-Chat hat jetzt ein Verbrechen begangen – wenn auch nur versehentlich –, das normalerweise eine Gefängnisstrafe nach sich ziehen würde.»
Der Mehrheitsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, John Thune, sagte: «Natürlich müssen wir der Sache auf den Grund gehen.» Man werde herausfinden, was da genau passiert sei.
Üblicherweise gibt es strenge Regularien dazu, wie die amerikanische Regierung mit vertraulichen und streng geheimen Informationen umzugehen hat, die die nationale Sicherheit betreffen. Das gilt umso mehr für konkrete Pläne zu Militäreinsätzen im Ausland. Die Signal-App ist laut «Atlantic» von der Regierung generell überhaupt nicht für den Austausch vertraulicher Informationen zugelassen.
«Niemand hat Kriegspläne getextet», sagt Hegseth
Hegseth bestritt den «Atlantic»-Bericht vehement. «Niemand hat Kriegspläne getextet», antwortete er am Flughafen in Hawaii auf eine Reporterfrage nach seiner Landung. Auf die Aussagen von Hegseth angesprochen, sagte der Journalist Goldberg zu CNN: «Nein, das ist eine Lüge. Er hat Kriegspläne getextet.»
Trump selbst hatte zuvor erklärt, er habe von dem Gruppen-Chat noch nicht gehört, sei aber ohnehin «kein grosser Fan» des «Atlantic»-Magazins. Er teilte auch einen Tweet seines Beraters Elon Musk, in dem der regelmässig gegen kritisch berichtende Medien austeilende Tech-Milliardär lästerte, der beste Ort zum Verstecken einer Leiche sei die Seite zwei des «Atlantic» – weil dort nie jemand hinschaue. Ein Sprecher des Weissen Hauses sagte später, dass eine Untersuchung gestartet und Trump über den Vorfall informiert worden sei. Das Weisse Haus bestätigte am Montag, dass Goldberg versehentlich am Chat teilnahm.