Die Partei AUR will ihre Kader einem polygrafischen Test unterziehen. Das soll Transparenz für die Wähler schaffen und die Loyalität zur Partei unter Beweis stellen.
Mit der Ehrlichkeit von Politikern ist es bekanntlich so eine Sache. Erst recht gilt das im Wahlkampf, wenn die Kandidaten vollmundige Versprechen abgeben, an die sie sich nach dem Urnengang nicht mehr erinnern.
Das weiss man auch in Rumänien. Im siebtgrössten EU-Staat finden dieses Jahr gleich vier wichtige Wahlen statt. Nach den gleichzeitig am 9. Juni abgehaltenen Europa- und Lokalwahlen werden die Bürger noch zu Parlaments- und Präsidentschaftswahlen an die Urnen gerufen.
«Transparenz vor dem Wähler»
Die nationalistische Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR) hat sich etwas Besonderes ausgedacht, um im Superwahljahr das Vertrauen der Bürger zu gewinnen. Die rechte Protestpartei, die laut Umfragen bei der Europawahl mit mehr als 20 Prozent der Stimmen rechnen darf, hat ihre Kandidaten und lokalen Kader aufgefordert, sich einem Test mit dem Lügendetektor zu unterziehen.
Der Pressesprecher Dan Tanasa spricht von einem Integritätstest, der Transparenz für die Wähler schaffen und gleichzeitig die Loyalität der Parteimitglieder überprüfen solle. Wer in einen Krieg ziehe, müsse den Zusammenhalt der Mannschaft sicherstellen, erklärte Tanasa in einem Fernsehinterview. Ähnlich kämpferisch äusserte sich der Parteipräsident George Simion: «Meiner Erfahrung nach sind diejenigen, die Angst, Zögern oder Widerstand gegen den Test zeigen, in der Regel Verräter, die sich in Zeiten der Not als unzuverlässig erweisen.»
Simion geht denn auch gleich mit gutem Beispiel voran. Am Montag teilte der mediengewandte Politiker auf Facebook ein Video, in dem er, verkabelt mit einem Polygrafen, drei heikle Fragen beantwortete: ob er jemals Geld für die Vergabe eines Postens erhalten, für einen Geheimdienst gearbeitet oder im Auftrag Dritter die Interessen seiner Partei beschädigt habe. Simion antwortet dreimal knapp mit «nu» («nein»), worauf ihm der Fragesteller bestätigt: «Sie sind aufrichtig!»
Kampagne folgt auf Streitigkeiten
Laut Experten, die von rumänischen Medien zitiert werden, reicht eine so kurze Befragung für einen seriösen Text nicht aus. Ebenso erfährt man, dass es sich beim Anbieter des Detektors um das Unternehmen handelt, das auch einen bekannten Video-Blogger ausrüstet, der prominente Paare vor laufender Kamera einem Wahrheitstest unterzieht. Zum theatralischen Charakter von Simions Aktion passt das gut.
Interessant ist auch der Zeitpunkt der Kampagne. AUR machte jüngst mit internen Streitigkeiten von sich reden. Simion suspendierte seinen Stellvertreter im Streit über die Kandidatur für den Posten des Stadtpräsidenten der Hauptstadt Bukarest.
Simion wollte einen kontroversen Publizisten nominieren, während sein Stellvertreter an einem früheren Kandidaten festhielt. Cozmin Gusa, Simions Kandidat, sprach in der Vergangenheit etwa von einem legitimen Verteidigungskampf Russlands gegen die Ukraine und machte den Westen für den Tod von Alexei Nawalny verantwortlich. Eine Zeitschrift wies zudem jüngst auf den Widerspruch zwischen Gusas deklariertem Einkommen und seinen Besitztümern hin.
Prorussisch oder prorumänisch?
AUR steht schon lange im Verdacht, russische Interessen zu bedienen. Zumindest indirekte Hinweise darauf sind schnell gefunden, untergräbt die Partei doch mit grossem Engagement das Vertrauen in die euroatlantischen Institutionen.
AUR inszeniert sich als Beschützerin nationaler und christlicher Werte, die von dem verderbten Westen ausgehöhlt würden, und stellt die EU als eine übergriffige Ausbeuterin dar. Prominente Parteiexponenten denken öffentlich über die Angliederung der rumänischen Minderheitengebiete in der Ukraine nach. Der Parteipräsident Simion ist in der Ukraine und in der Moldau eine Persona non grata.
Seinen Beteuerungen, keineswegs prorussisch, sondern nur prorumänisch zu sein, mochten viele Bürgerinnen und Bürger bisher nicht recht Glauben schenken. Wie gut, dass der Lügendetektor nun diese Zweifel ausgeräumt hat.