Ein französischer Politiker fordert die Rückgabe der Freiheitsstatue, weil die USA auf die Seite der Tyrannen gewechselt seien. Im Weissen Haus kontert man, die Franzosen sollten dankbar sein für Amerikas Hilfe im Zweiten Weltkrieg.
2003 passierte es, da bekamen die Franzosen schon einmal ihr Fett in den USA weg. Weil der damalige französische Präsident Jacques Chirac sich geweigert hatte, sein Land in den Irakkrieg zu führen, entschieden einige wütende amerikanische Patrioten, ihre «French fries» (englisch für Pommes frites) in «Freedom fries» umzubenennen. Selbst im amerikanischen Repräsentantenhaus wurde die Speisekarte vorübergehend angepasst.
22 Jahre später scheinen die Beziehungen zwischen Washington und Paris wieder auf einem vergleichbar kindischen Niveau angekommen zu sein. Dafür sorgte am vergangenen Wochenende der französische Europaabgeordnete Raphaël Glucksmann, als er an einer Veranstaltung seiner sozialdemokratischen Kleinpartei Place publique medienwirksam die Rückgabe der Freiheitsstatue an Frankreich forderte.
Bewusste Provokation
Amerika, sagte der Sohn des berühmten französischen Philosophen André Glucksmann mit Blick auf die Annäherung zwischen Donald Trump und Wladimir Putin, habe sich entschieden, auf die «Seite der Tyrannen» zu wechseln. «Wir haben sie euch geschenkt, aber offenbar verachtet ihr sie», rief er unter dem Jubel von rund 1500 Parteifreunden. «Gebt sie uns zurück! Sie wird sich bei uns sehr wohlfühlen!»
Glucksmann wollte seine Polemik, wie er später klarstellte, nur als symbolische Provokation verstanden wissen. Der Hoffnungsträger der gemässigten Linken läuft sich bereits warm für die französischen Präsidentschaftswahlen in zwei Jahren. Amerikas Beliebtheitswerte sind in seinem Land im Keller, da gehört es zu den leichtesten Übungen, gegen die Dampfwalze Donald Trump auszuteilen.
Doch die Äusserungen Glucksmanns blieben nicht ungehört. Karoline Leavitt, die Sprecherin der Trump-Administration, sagte auf Nachfrage, dass sich die USA «auf keinen Fall» von der Freiheitsstatue trennen würden. Sie rate diesem «namenlosen französischen Politiker niedrigen Ranges» im Übrigen, sich daran zu erinnern, «dass die Franzosen heute nur wegen der Vereinigten Staaten von Amerika kein Deutsch sprechen». Dafür sollten sie «unserem grossartigen Land sehr dankbar» sein.
Symbol der Freundschaft
Leavitt führte nicht aus, was genau sie meinte. Ihre Aussage dürfte aber auf die Rolle der USA im Zweiten Weltkrieg angespielt haben, als amerikanische Truppen gemeinsam mit ihren Alliierten zur Befreiung Frankreichs von der deutschen Besetzung beitrugen. Schön und gut, entgegneten französische Kommentatoren. Aber wenn es schon um historische Dankbarkeit gehe, solle Washington doch nicht vergessen, dass es die Vereinigten Staaten ohne Frankreichs Hilfe im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg von 1775 bis 1783 womöglich gar nicht gäbe.
Tatsächlich unterstützte der französische König Louis XVI. die Amerikaner im Kampf gegen die britische Krone nicht nur mit Geld und Waffen, sondern auch mit erfahrenen Offizieren wie dem Marquis de Lafayette. Die Schulden, die Frankreich dadurch anhäufte, trugen ironischerweise zur Revolution von 1789 bei.
Als Symbol für die Freundschaft zwischen den beiden Ländern wurde die Freiheitsstatue am 28. Oktober 1886 auf der Liberty Island vor New York enthüllt. Die pompöse Kupferstatue mit der goldenen Fackel in der Hand – ein Werk des Franzosen Auguste Bartholdi – sollte eigentlich schon 1876 anlässlich des hundertsten Jahrestags der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung fertiggestellt werden. Doch es gab finanzielle Probleme, und am Ende musste überall in Frankreich privates Geld gesammelt werden. Die USA finanzierten lediglich den Sockel der Lady Liberty. Zu ihren Füssen liegt sehr mahnend: Eine zerbrochene Kette als Symbol für die Abschaffung der Tyrannei.