Seit vielen Jahren mischen Luxusmarken im Filmgeschäft mit, als Ausstatter oder Sponsoren. Manche machen nun sogar selbst Filme – und ihre Designs werden prominent vermarktet.
Dass Modelabels bei der Oscar-Verleihung präsent sind, ist eine Selbstverständlichkeit – schliesslich kleiden sie die Superstars auf dem roten Teppich ein und landen damit auf zahlreichen Fotos von der Veranstaltung. Doch bei der kommenden Ausgabe des berühmten Filmpreises am zweiten März wird zumindest ein Modehaus in anderer Funktion eine grosse Rolle spielen: Saint Laurent, als Co-Produzent des mehrfach nominierten Films «Emilia Pérez».
2023 gründete die Marke mit Saint Laurent Productions eine eigene Filmproduktionsfirma. Was mit einem Kurzfilm von Pedro Almodóvar anfing, hat sich zu einer Serie entwickelt aus mehreren Projekten, von denen das Filmmusical «Emilia Pérez» das bisher erfolgreichste ist, mit vier Golden-Globe-Auszeichnungen und 13 Oscar-Nominierungen.
Modemarken mischen schon seit vielen Jahrzehnten im Filmgeschäft mit, meist als Sponsoren oder Ausstatter des Kostümbilds, als Partner von Filmfestivals oder Macher von eigenen Kurzfilmen. Doch diese Zusammenarbeit hat in der jüngeren Vergangenheit ein neues Ausmass angenommen. Jonathan Anderson, Kreativdirektor von Loewe, stattete im vergangenen Jahr den Luca-Guadagnino-Film «Challengers» mit der Hauptdarstellerin Zendaya aus und platzierte den Brand bei der Marketing-Tour regelmässig und prominent.
Anderson hat auch die Kostüme für «Queer» entworfen, den neuesten Film von Guadagnino mit Daniel Craig, der Anfang dieses Jahres erschienen ist. Und im vergangenen Dezember präsentierte Chanel anlässlich seiner «Métiers d’ art»-Show in Hangzhou einen Film mit Tilda Swinton, gedreht von Wim Wenders.
Ein «Rive Gauche»-Logo im Oscar-Favorit «Emilia Pérez»
Seit je dienen Kleider in Filmen dazu, etwas über die Charaktere, die Botschaft und die Ära auszusagen, in der die Geschichte stattfindet. Manchen Looks gelang dies so gut, dass sie heute zu Mode-Ikonen geworden sind – von James Deans Jeanshose im Film «Denn sie wissen nicht, was sie tun» von 1955 bis zu Audrey Hepburns schwarzem langem Givenchy-Kleid in «Frühstück bei Tiffany» von 1962.
Um kommerzielle Interessen der Modemarken ging es damals weniger. Heute sind Filme in erster Linie eine weitere Plattform, um Kleidungsstücke der Marke auszustellen. In «Emilia Pérez» singt und tanzt die Darstellerin Selena Gomez auf dem Bett und trägt dabei ein T-Shirt, das dank dem «Rive Gauche»-Logo eindeutig als ein Saint-Laurent-Teil erkennbar ist.
Die Kostüme für Baz Luhrmann’s «Elvis»-Verfilmung aus dem Jahr 2022 hat derweil Miuccia Prada gestaltet – die beiden arbeiten schon seit langer Zeit zusammen, auch Luhrmanns «The Great Gatsby» von 2013 ist mit Prada und Miu Miu ausgestattet.
Manchmal steckt dahinter eine Partnerschaft und Freundschaft zwischen Regisseur und Designer, manchmal auch die Tatsache, dass die Hauptdarstellenden des Films als Werbebotschafterinnen und -botschafter mit einer Marke eng verbandelt sind. So ist Kristen Stewart, Gesicht von Chanel, im Film «Spencer» über Prinzessin Diana aus dem Jahr 2021 in Chanel-Garderobe zu sehen.
Julianne Moore, Freundin des Hauses bei Bottega Veneta, trägt in Pedro Almodóvars «The Room Next Door» an vielen Stellen Bottega Veneta. Die Kostümbildnerin des Films, Bina Daigeler, reiste eigens nach Mailand, um sich mit dem Team des Labels für das Projekt auszutauschen.
«Method-Dressing»: Auf Pressetour in den Film-Looks
Solche Kooperationen geben Marken die Möglichkeit, sich selbst in einem anderen kulturellen Kontext zu inszenieren. Filme sind langlebiger als Modekollektionen, an ihnen sind bedeutende Künstler und Schauspieler mit vielen Followern beteiligt, und Marketing-Kampagnen für Neuerscheinungen sowie Filmpreisverleihungen haben sich zu eigenen Mode-Events entwickelt, deren Bilder um die Welt gehen.
So hat sich gerade im Hinblick auf das Celebrity-Styling für die Vermarktung eines Films ein Phänomen namens «Method-Dressing» entwickelt: Die Stars kleiden sich auf der Pressetour in Looks, die thematisch auf das aktuelle Projekt abgestimmt sind. Das wird gesehen, besprochen, geliked. Und die Marke profitiert davon.
Die Schauspielerin Nicole Kidman bei den Critics Choice Awards am 7. Februar: Ihr Saint-Laurent-Look ist eine Hommage an den Anzug ihres Filmpartners Harris Dickinson in «Babygirl».
Wenn man als Modehaus nun also sogar als Produzent auftritt, kann man natürlich noch mehr den Schaffungsprozess beeinflussen und, wenn der Film Erfolg hat, ziemlich gut dastehen. Der Name ist dann auf ewig mit dem Oscar-Liebling verbunden.
Gleichzeitig ist die Fallhöhe in Hollywood eine andere, wenn etwas schiefgeht. «Emilia Pérez» steht seit einigen Tagen in der Kritik, weil die Hauptdarstellerin Karla Sofía Gascón – die erste Transfrau, die je für einen Oscar nominiert wurde – in der Vergangenheit rassistische Inhalte auf X geteilt hat.
Netflix, das sich die Vertriebsrechte für den Film in den USA gesichert hatte, hat Gascón nun aus seiner Oscar-Kampagne rund um den Film herausgenommen. Das ist das Risiko beim Film: Am Ende wird über andere Dinge mehr gesprochen als über die Mode.