Bei einem Angriff auf den Präsidentenpalast wurden drei Personen getötet und drei amerikanische Staatsbürger verhaftet. Die amerikanische Botschafterin zeigt sich «schockiert».
Sicherheitskräfte in Kongo-Kinshasa haben am frühen Sonntagmorgen einen Putschversuch verhindert, wie das Militär des Landes mitteilte. Dabei wurden mindestens drei Personen getötet und rund 50 verhaftet. Unter den Verhafteten sollen sich drei amerikanische Staatsbürger befinden. Angeführt wurde der Putschversuch offenbar von dem in den USA lebenden kongolesischen Oppositionspolitiker Christian Malanga.
«Die Sicherheitskräfte haben einen Putschversuch kongolesischer und ausländischer Kräfte im Keim erstickt», sagte ein Armeesprecher. Die Putschisten seien «neutralisiert» worden, auch ihr Anführer. Auf Social Media kursierten Bilder der Leiche des 40-jährigen Malanga, der bei einem Schusswechsel beim Präsidentenpalast in der Hauptstadt Kinshasa getötet wurde.
Andere Aufnahmen zeigten einen weissen Mann mit blutendem Gesicht, der von Soldaten festgehalten wurde. Zudem kursierten Bilder eines amerikanischen Passes, der einem einstigen Cannabis-Unternehmer gehören soll, der laut Analysten in Goldgeschäfte mit dem getöteten Putschanführer Malanga verwickelt gewesen sein soll.
Die amerikanische Botschafterin in Kongo-Kinshasa, Lucy Tamlyn, schrieb, sie sei «schockiert» über die Vorgänge und sehr besorgt über die Berichte, dass amerikanische Staatsbürger beteiligt gewesen sein sollen. Die USA würden vollumfänglich mit den kongolesischen Behörden kooperieren.
Der Präsident vergleicht den Amtskollegen mit Hitler
Kongo-Kinshasa ist das grösste Land in Subsahara-Afrika. Präsident Félix Tshisekedi regiert seit 2019, er ist im Dezember 2023 in einer umstrittenen und chaotisch organisierten Wahl mit 72 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden. Danach wurden Betrugsvorwürfe gegen Tshisekedi laut.
Der Präsident ist trotz seiner Wiederwahl in einer schwierigen Position. Im Osten des Landes tobt ein Krieg, der Hunderttausende Menschen vertrieben hat. Dutzende von Rebellengruppen sind aktiv. Die mächtigste von ihnen, die M23, wird laut Uno-Berichterstattern vom Nachbarstaat Rwanda unterstützt und ausgerüstet. Präsident Tshisekedi hat seinen rwandischen Amtskollegen Paul Kagame mit Adolf Hitler verglichen. Beobachter fürchten, der Krieg im Ostkongo könnte die ganze Region erfassen.
Neben der Sicherheitslage ist auch die wirtschaftliche Situation in Kongo miserabel. Das Land gehört zu den ärmsten der Welt, obwohl es zum Beispiel über die weltweit grössten Vorkommen an Kobalt verfügt, einem für die Energiewende zentralen Metall.
Spekulationen über die CIA
Seit 2020 haben in Afrika neun Militärcoups stattgefunden. Der Uno-Generalsekretär Antonio Guterres hat von einer «Epidemie von Putschen» gesprochen. Die meisten Coups fanden in der Sahelzone statt, wo es Regierungen nicht geschafft hatten, Rebellionen von jihadistischen Gruppen in vernachlässigten Regionen ihrer Länder unter Kontrolle zu bringen. Militärs rissen die Macht an sich mit dem Versprechen, die Sicherheitslage unter Kontrolle zu bringen – was keiner der Juntas gelungen ist.
Der noch sehr undurchsichtige Putschversuch in Kongo-Kinshasa von Sonntag unterscheidet sich von den Coups der letzten Jahre insofern, als er offenbar nicht von Teilen des Militärs lanciert wurde, sondern von einem Oppositionspolitiker mit bewaffneten Unterstützern. Christian Malanga war laut einer persönlichen Website in den Neunzigerjahren als Flüchtling in die USA gekommen. 2011 kehrte er nach Kongo-Kinshasa zurück und wurde dort für einige Wochen inhaftiert. Ein Jahr später gründete er wieder in den USA eine Partei, die die «kongolesische Diktatur» bekämpfen sollte.
Beim Putschversuch am Sonntagmorgen, der Malanga das Leben kostete, griffen der Politiker und seine Verbündeten zuerst das Haus des Abgeordneten Vital Kamerhe an, der ein enger Alliierter von Präsident Tshisekedi ist und in den nächsten Tagen zum Parlamentspräsidenten gewählt werden soll. Danach begaben sie sich zum nahe gelegenen Präsidentenpalast. Tshisekedi war nicht in Gefahr, er lebt mehrere Kilometer vom Palast entfernt in einer Residenz.
Die Beteiligung von Amerikanern am Putschversuch sorgte auf Social Media für Verschwörungstheorien. Nachrichten, in denen über die Beteiligung der CIA spekuliert wurde, machten die Runde. Der amerikanische Auslandsgeheimdienst war während des Kalten Kriegs sehr aktiv gewesen in Kongo-Kinshasa. Der CIA wurde vorgeworfen, 1961 eine Rolle bei der Ermordung von Patrice Lumumba gespielt zu haben, dem ersten kongolesischen Ministerpräsidenten nach der Unabhängigkeit. Er galt Westen als sowjetfreundlich. Später unterstützte die CIA den Diktator Mobutu, der das Land zwischen 1965 und 1997 regierte.