Die einen denken beim Super Bowl an das. Die anderen an das. Das zeigt auch die Statistik: Fast die Hälfte der Menschen schaut den Super Bowl nur wegen der Werbung. Was macht die Super-Bowl-Werbungen so populär?
Wir haben uns in den amerikanischen Werbe-Dschungel gewagt, Unmengen an Spots durchgeschaut und diese mit einem Werbepsychologen analysiert. So schauen wir hinter die Kulissen der teuersten Werbesekunden der Welt.
Ein 30-Sekunden-Werbespot kostet beim Super Bowl 7 Millionen US-Dollar. Im Vergleich: Während des WM-Finals 2018 kosteten beim SRF 30 Sekunden rund 60 000 Schweizer Franken. Für die Schweiz bereits ein hoher Preis.
Schau dir diese Grafik an: Die Super-Bowl-Werbung war nicht immer so teuer. Zu Beginn haben 30 Sekunden Werbung inflationsbereinigt 383 000 US-Dollar gekostet. Schon beim ersten Super Bowl 1967 gehörte die Werbung dazu, hatte aber noch lange nicht so einen Kultstatus wie heute.
Kurzer Hinweis: Wenn du dir eine deutschsprachige Super-Bowl-Übertragung anschaust, siehst du einen anderen Werbeblock als im amerikanischen Fernsehen. Wer die «richtigen» Super-Bowl-Werbungen sehen möchte, kann sich per Internetstream zuschalten oder sie am nächsten Tag online anschauen.
Der Super Bowl gleicht mittlerweile immer mehr einem inoffiziellen nationalen Feiertag. Ein weiterer Höhepunkt des Mega-Events ist auch die Halbzeit-Show, mit Auftritten von namhaften Musikerinnen und Musikern. Nie sonst im Jahr schalten in den USA so viele den Fernseher ein wie am zweiten Sonntag im Februar. Im Jahr 2023 haben 115 Millionen zugeschaut. Das sind fast anderthalbmal so viele Menschen wie in Deutschland leben. Diese Quote toppte nur noch die Mondlandung.
Beim Super Bowl ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Werbung geschaut wird, sehr hoch. Deshalb sind Firmen auch bereit, so viel für einen der 70 Werbe-Slots zu bezahlen. Mit so einem Event schafft man es wieder, dass die Aufmerksamkeit auf der Werbung selbst liegt, was sonst nicht mehr so gegeben ist. Der Super Bowl ist wie eine Krönung der Werbung. Wenn ich die Werbung nicht gesehen habe, könnte ich etwas verpasst haben und bin dann nicht mehr mit dabei in der Gruppe. Ich kann nicht mitdiskutieren.
Aber was braucht es denn für eine erfolgreiche Super-Bowl Werbung? Wir haben uns die populärsten Spots der letzten Jahre angeschaut und daraus einige Gestaltungselemente abgeleitet. Wir stellen vor: Unsere Super-Bowl-Werbungs-Formel.
«Hey Google, zeig mir Fotos von mir und Loretta.» Die erzählte Geschichte spielt eine wichtige Rolle. Man muss beim Schauen etwas fühlen. Dazu erzählt diese Werbung zum Beispiel hier die rührende Geschichte eines Opas, der mithilfe von Google in Erinnerungen mit seiner Frau schwelgt.
95 % unserer Entscheidungen basieren auf emotionalen Entscheidungen. Das heisst, sie sind nicht rational. Und ich glaube, genau dieses Entscheidungspotenzial versucht die Werbung mit möglichst vielen Emotionen anzusprechen.
«Amerika, Amerika. Gott segne dich.» Patriotismus und Gemeinschaftsgefühle sind ebenfalls beliebte Wege, um Emotionen in die Werbung zu bringen.
Auf dass wir finanziell auf alles vorbereitet sind. Und auf das Single-Dasein und die Bereitschaft, das zu ändern. Es hat sich gezeigt, dass emotionale Werbung zu mehr Kaufverhalten führt, als wenn ein Produkt mit Fakten beworben wird. Wenn man es kombiniert, ist es mittelmässig. Am besten verkauft es sich, wenn nur Emotionen verkauft werden.
Falls die Geschichte selbst noch nicht genug Effekt erzielt, lässt sich das Ganze mit prominenten Gästen der Superlative aufpeppen, wie zum Beispiel Elton John, Taylor Swift oder Sylvester Stallone.
Hier kommt der sogenannte Halo-Effekt ins Spiel. Der ist dazu da, um Attribute einer Person auf das Produkt zu übertragen. Beispiel: Eine Person ist sehr seriös. Dann versucht man mit dieser Person Werbung zu machen, und dann erscheint das Produkt seriöser.
Besonders oft wird auch aus der Pop-Kultur zitiert. Das können Klassiker wie hier der Horrorfilm «Shining» sein. Oder TV-Serien wie hier «Breaking Bad». Um die Gefühle, die man beim Schauen der Werbung verspürt, nochmals zu intensivieren, ist auch die passende Musik entscheidend. Der Mensch hat beschränkte Aufmerksamkeit. Und das ist zum Beispiel gesplittet aufs Visuelle und Auditive. Das heisst, wenn ich eine Emotion bildlich sehe und diese musikalisch unterstrichen wird, habe ich wieder den doppelten Input, den ich verarbeiten kann.
Dabei sind Songs, die das Publikum bereits kennt, besonders beliebt. Was dann natürlich wieder perfekt mit einem Pop-Kultur-Zitat kombiniert werden kann.
Wenn ein Brand es schafft, Musik mit einem Brand zu koppeln, dann hilft das natürlich, dies auch wieder anders zu verankern, emotional im Gedächtnis. Und das hilft so auch wieder, mehr zu verkaufen.
Sollten alle kreativen Ansätze scheitern, setzen gewisse Werbungen immer noch auf das altbekannte «Sex sells». Diese eher unoriginelle Lösung wird mittlerweile nicht mehr so häufig angewendet.
«Sex sells» funktioniert vermutlich eher schlecht als recht. Da gibt es verschiedene Untersuchungen, die gemacht wurden. Das Beispiel mit Ads, die einen sexuellen Kontext haben. Da wurde zwar durch Männer mehr geklickt, aber am Schluss wurde viel weniger gekauft, und Frauen haben sogar noch weniger geklickt. Und was sich auch zeigt, ist, dass heute anzügliche Werbung vermehrt nicht mehr verwendet wird, weil sie einfach ein zu hohes Risiko ist für die Firmen, dass man in einen Shitstorm gerät.
Mit einer Kombination dieser Elemente und einem gigantischen Produktionsbudget steht einer erfolgreichen Super-Bowl-Werbung nichts mehr im Weg. Durch diesen Kultstatus wurde der Super Bowl politischer. Hier zum Beispiel mit einem Wahlkampfspot von Donald Trump 2020.
Auch einer von Trumps damaligen Gegenkandidaten, Mike Bloomberg, schaltete im gleichen Jahr Werbung. Im Spot werden die amerikanischen Waffengesetze mit einer emotionalen Geschichte scharf kritisiert. Umstimmen lässt sich das Publikum von politischer Werbung doch eher selten.
Politische Werbung hat hauptsächlich einen Effekt, der darin besteht, die bereits gefasste Meinung zu verstärken. Das bedeutet, sie bringt mich nicht von meiner Meinung ab oder ändert diese, aber sie erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass ich abstimmen gehe.
Beim Super Bowl spielen auch die Medien eine sehr grosse Rolle. Je mehr darüber berichtet wird, desto mehr wird gelesen. Je mehr gelesen wird, desto mehr schreiben die Medien wieder darüber – wovon auch sie profitieren. Die teuersten Werbesekunden der Welt sind für die Firmen also eine gute Investition.
Denn wo schaut man sonst noch freiwillig Werbung?