Trump hat den besten Platz bekommen. Das sagt viel über Europas geopolitische Probleme aus. Eine Analyse der Sitzordnung.
Trump hat den Ehrenplatz, als wäre er schon Präsident. Als Notre-Dame de Paris am Samstagabend wiedereröffnet wurde, ging ein Bild um die Welt: Donald Trump und Emmanuel Macron sassen nebeneinander auf kleinen Kirchenstühlen und plauderten. Neben Trump sass Brigitte Macron und trennte ihn von der amerikanischen First Lady Jill Biden und deren Tochter, am Rand sass das Präsidentenpaar aus Kongo-Brazzaville.
Das Bild fasst die geopolitische Situation Europas anschaulich zusammen. Es ist ein Europa, das sich in den Stuhlreihen von Notre-Dame in all seiner geopolitischen Abhängigkeit von den USA präsentiert.
In einer vorauseilenden Ehrfurchtserbietung hat Macron den Platz neben ihm Trump zugeteilt, obwohl er diesem nach Protokoll gar nicht zugeständen hätte. Trump ist noch nicht Präsident. Doch dass Trump Schmeicheleien nur schwer widerstehen kann, ist mittlerweile bekannt. Ohne Trump geht schon heute nichts mehr auf dem alten Kontinent. Joe Biden ist in der Politik mittlerweile kaum noch anwesend, so wie er auch an diesem zeremoniellen Gipfeltreffen der westlichen Elite fehlt.
Der weitere Blick auf diese erste Stuhlreihe der Macht ist entlarvend.
Weiter links, in einem zweiten Block sitzt ein Teil von Europas Monarchie, etwa der Grossherzog von Luxemburg oder Fürst Albert von Monaco. Die sind zwar nicht relevant für Europas Geschicke, doch wo Europas Politiker auf die alte Grösse des Kontinents verweisen können, tun sie das gerne.
Erst weit abgeschlagen im Seitenschiff, vierzehn Plätze entfernt links von Donald Trump sitzt Wolodimir Selenski, umgeben von den Präsidenten von Polen, Togo und Italien. Auch diese Entscheidung sagt viel: Selenski ist ein Teil von Europa, er darf sich wichtig fühlen. Doch mitzureden hat er nicht viel, das machen schon die Männer im Zentrum der Macht.
In diesem Zentrum sitzen am Samstagabend Macron und Trump. Es war der Coup des französischen Präsidenten Macron, den designierten Präsidenten der USA zur Eröffnungsfeier der Kathedrale einzuladen – und neben sich zu platzieren. Macron sucht die Nähe des zukünftigen Präsidenten. Es ist ein Zeichen, das Trump gefallen haben dürfte. Er verfolgt die zweistündige Zeremonie gespannt, am Ende schüttelt ihm noch der Erzbischof von Paris die Hand. Trump lächelt zufrieden.
Vor der Feier haben sich Macron, Trump und der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski zu einem Dreiergespräch getroffen, das Selenski zum ersten Mal seit der amerikanischen Wahl mit Trump zusammenbrachte. Selenski lobte das Gespräch hinterher als gut, es seien Möglichkeiten für «einen gerechten Frieden» diskutiert worden. Macron schrieb auf X: «Lasst uns unsere gemeinsamen Anstrengungen für Frieden und Sicherheit fortsetzen.»
United States, Ukraine, and France. Together on this historic day. Gathered for Notre-Dame. Let us continue our joint efforts for peace and security. pic.twitter.com/hEYGEklihT
— Emmanuel Macron (@EmmanuelMacron) December 7, 2024
Macron verkauft das Treffen als Erfolg. Doch ist es das wirklich? Europa ist in vielen Belangen abhängig von den USA, allen voran in der Verteidigung. Nur aussprechen darf Macron das Offensichtliche nicht. Trump hat die Europäer in ihrer geopolitischen Hilflosigkeit schon längst durchschaut. Das lässt er seine politischen Partner spüren.
Am Samstagabend sitzt Trump breitbeinig auf seinem kleinen Holzstühlchen. Macron daneben muss so weit zur Seite rücken, dass sein linker Oberschenkel in der Luft hängt. Macron möchte der Anführer eines neuen, starken Europas sein. Dafür teilt er seinen Stuhl jetzt mit Donald Trump.
Mit der Zeremonie zur Wiedereröffnung von Notre-Dame feierte Macron vor allem Trumps Stärke und dessen Ego. Sein diplomatischer Vorstoss, Trump und Selenski zusammenzubringen, dürfte für den designierten Präsidenten der USA da eher zweitrangig gewesen sein.
Einen Tag nach der Zeremonie veröffentlichte Trump in den sozialen Netzwerken ein Foto von sich in den Stuhlreihen von Notre-Dame, neben sich die First Lady Jill Biden und deren Tochter Ashley. Das Foto nutzt er nun, um sein neues Parfum «Fight, Fight, Fight» zu bewerben. Der Werbeslogan seines Kämpfer-Parfums: «Ein Duft, dem deine Feinde nicht widerstehen können!» Den Flakon gibt es für 199 Dollar. Für Trump ist alles Business.







