Der gewählte Präsident hat grosse Pläne für die US-Wirtschaft. Ob sie zum Fliegen kommen, hängt von einer Handvoll Vertrauter ab, die schon Trumps Wahlkampf geprägt haben.
Donald Trump will seine zweite Amtszeit wirkungsvoller beginnen als seine erste. 2017 sind wichtige Posten lange unbesetzt geblieben. Trump berief zudem, auf Anraten von Geldgebern und Vertrauten, Vertreter des alten Wirtschafts-Establishments in seine Regierung, die ihm regelmässig Paroli boten. Beispielsweise Rex Tillerson, der langjährige Chef des Ölkonzerns Exxon Mobil: Er war Trumps erster Aussenminister, verliess die Regierung nach einem Jahr aber wieder im Streit.
Zahlreiche Posten sind noch zu haben
Diesmal sucht Trump systematischer nach Regierungsmitgliedern und Chefbeamten. Loyalität ihm gegenüber ist das wichtigste Auswahlkriterium, wie die kontroversen Wahlen des Verteidigungs- und des Justizministers zeigten. Die für die Wirtschaft relevanten Positionen sind noch unbesetzt, es werden aber bald Entscheidungen erwartet: Der wichtigste Posten ist der Treasury Secretary, also der Finanzminister. Noch nicht bestimmt ist auch die Führung des Arbeits- und des Handelsministeriums sowie der Handelsbeauftragte, der in Trumps Zollverhandlungen eine zentrale Rolle spielen wird.
Die mächtige Wertschriftenaufsicht SEC wird einen neuen Chef erhalten. Der bisherige Vorsteher, Gary Gensler, hat sich nicht nur bei Republikanern, sondern fast bei der ganzen Wall Street unbeliebt gemacht. Auch die beiden obersten Wettbewerbshüter – Lina Khan und Jonathan Kanter – werden wohl ersetzt.
Trumps Wirtschaftsberater haben eine Schlüsselrolle bei der Besetzung dieser Posten. Einige gelten selbst als Favoriten auf Spitzenjobs. Viele dieser Berater sind selbst als Unternehmer, Investoren oder Fondsmanager zu grossem Reichtum gekommen. Das passt gut zu Trump, der Reichtum als Erfolgsausweis sieht – und der seine eigene Politik danach ausrichtet, ob sie der US-Börse hilft oder schadet.
Unabhängig davon, ob die Berater Posten ergattern oder nicht, Macht ist ihnen gewiss. Zumindest solange ihnen Donald Trump Gehör schenkt. Er steht im Ruf, demjenigen Berater zu vertrauen, mit dem er als Letztes gesprochen hat.
Auf diese Personen gilt es besonders zu achten.
Scott Bessent
Der Hedge-Fund-Manager ist zwar erst seit einem Jahr im engeren Beraterteam von Donald Trump, hat aber rasch an Einfluss gewonnen. Derzeit gilt er als der aussichtsreichste Kandidat für das Amt des Finanzministers.
Bessent hat mit Wetten gegen den japanischen Yen einst ein Vermögen verdient – zuvor war er an George Soros’ legendärem Angriff auf den fixen Wechselkurs des britischen Pfundes beteiligt gewesen.
Bessent kommt auch bei Teilen der traditionellen Wirtschaftselite an, weil er sich für Deregulierung und Einsparungen im Staatshaushalt einsetzt. Er zeigt sich Trump gegenüber aber loyal dafür, dass er dessen Gunst geniesst. Trump hat Bessent im Wahlkampf mehrfach über den Klee gelobt, der 62-Jährige nahm als Stellvertreter Trumps auch zahlreiche Medientermine wahr.
In einem Interview mit der «Financial Times» hat er sich im Oktober bereits so geäussert, als ob er den Posten auf sicher hätte; und er hat eine Reihe eigener Ideen präsentiert und manche Positionen von Donald Trump relativiert. Verhaltensweisen, die der frühere und zukünftige Präsident der USA bei vielen seiner Adlaten nicht goutiert. Manche Trump-Loyalisten befürchten, dass sich Bessent zu wenig für die harte Zollpolitik einsetzen würde, die der Republikaner im Wahlkampf versprochen hat.
Robert Lighthizer
Robert Lightizer ist ein Veteran der ersten Trump-Administration. Damals übte er als US-Handelsbeauftragter grossen Einfluss auf Trumps Handelspolitik aus.
Lighthizer galt in Washington über Jahrzehnte als Aussenseiter, weil seine Überzeugungen nicht der ökonomischen Lehrmeinung entsprachen. Der heute 77-Jährige warnte schon vor Jahrzehnten vor einer Öffnung gegenüber China, dem Freihandelsabkommen mit Mexiko und Kanada sowie vor der Gründung der Welthandelsorganisation.
Unter anderem interpretiert Lighthizer – wie Donald Trump selbst – Handelsbilanzdefizite als Schwäche eines Landes, Überschüsse dagegen als Stärke. Er plädiert daher für den Einsatz von Zöllen und weiteren Mitteln, um das US-Handelsbilanzdefizit zu verringern.
Und doch wird Lighthizer, selbst von Kritikern, als vernünftiger Akteur geschätzt. Er brachte als einer von nur wenigen Spitzenkräften in Trumps erster Regierung das Kunststück fertig, sowohl bei Trump selbst und den Scharfmachern in seinem Umfeld akzeptiert zu sein als auch gute Beziehungen zu Demokraten im Parlament aufzubauen.
Lighthizer ist trotz seinen kontroversen Positionen ein Insider, der weiss, wie Washington funktioniert. Er war in den 1980er Jahren unter Präsident Ronald Reagan bereits stellvertretender Handelsbeauftragter und damals etwa stark in Verhandlungen mit Japan involviert.
In den vergangenen Tagen ist in den Medien wild spekuliert worden, welche Rolle Lighthizer in der neuen Regierung einnehmen wird: Die «Financial Times» kürte ihn am vergangenen Freitag beinahe schon erneut zum Handelsbeauftragten. Trump habe Lighthizer dafür angefragt, hiess es. «Politico» zitierte kurz darauf einen Insider, diese Meldung sei «kompletter Blödsinn».
Ob in der Regierung oder ausserhalb, Robert Lighthizer wird weiterhin einen grossen Einfluss auf die amerikanische Handelspolitik ausüben, nur schon weil Trump selbst viele seiner Überzeugungen seit langem teilt.
John Paulson
Auch John Alfred Paulson ist Hedge-Fund-Manager und Milliardär. Er wurde reich und berühmt, weil er 2007 die Krise am amerikanischen Immobilienmarkt antizipierte. Er wettete auf einen Zusammenbruch des Systems mit Hypotheken besicherter Wertpapiere (MBS) und verdiente dabei sehr viel Geld.
Paulson ist einer von Trumps engsten Kontakten aus der Finanzwelt und galt zunächst ebenfalls als Kandidat für den Job als Treasury Secretary. Er hat sich am Dienstag aber selbst aus dem Rennen genommen. «Komplexe finanzielle Verpflichtungen» hinderten ihn daran, einen Posten in Trumps Regierung zu besetzen. Vielleicht wäre Paulson aber selbst für Trump eine zu kontroverse Wahl gewesen, hat der Financier sein Geld doch mit der Finanzkrise und gewissermassen dem wirtschaftlichen Elend von Millionen von Amerikanern verdient.
Allerdings will Paulson weiterhin als Berater für den 45. und 47. Präsidenten der Vereinigten Staaten aktiv bleiben. Anders als Bessent ist Paulson ein langjähriger Vertrauter von Präsident Trump. Er hat gegenüber Medien offen über seine Ambitionen gesprochen, die er als Finanzminister verfolgen würde. Er würde prioritär Trumps auslaufende Steuersenkungen verlängern und mit Elon Musk zusammen das Bundesbudget unter die Lupe nehmen. Paulson will insbesondere den grünen Subventionen an den Kragen, die Präsident Joe Biden eingeführt hat. Diese Ziele dürfte er weiterhin verfolgen, auch ohne formelle Rolle in der Regierung.
Howard Lutnick
Der Chef des Investmenthauses Cantor Fitzgerald wurde geprägt von einer tragischen Lebensgeschichte: Fast 700 Mitarbeiter, ein Grossteil der Belegschaft seines Unternehmens, starben 2001 beim Terroranschlag auf das World Trade Center. Die Mitarbeiter hatten keine Chance, den Turm rechtzeitig zu verlassen.
Lutnick selbst war nur deshalb nicht im Büro, weil er seinen Sohn zum ersten Tag im Kindergarten begleitete. In einem Fernsehinterview kurze Zeit später verlor er die Fassung und brach in Tränen aus. Er wurde in den USA zum Symbol für eine tief getroffene Wall Street. Sein Entscheid, die Löhne der gestorbenen Mitarbeiter nicht weiter zu zahlen, erwies sich als sehr kontrovers; wobei Lutnick die Hinterbliebenen über mehrere Jahre unterstützte.
Er hat Cantor Fitzgerald seither neu aufgebaut und ein beträchtliches Vermögen angehäuft, unter anderem mit Wetten im Krypto-Bereich oder mit einem regen Handel mit leeren Firmenmänteln («Spacs»), die ab 2020 einen kurzen Boom erlebten.
Lutnick ist ein langjähriger Vertrauter von Trump und war einst in dessen Fernsehserie «The Apprentice» aufgetreten. Im jetzigen Wahlkampf hat er den Republikaner finanziell kräftig unterstützt. Er leitet derzeit Trumps Übergangsteam und amtiert als Personalchef. Er sichtet unzählige Dossiers von Anwärtern für Spitzenjobs in der neuen Regierung. Zusammen mit Trumps Sohn Don Jr. soll er garantieren, dass nur loyale und kompetente Trump-Anhänger eingestellt werden.
Auch Lutnick gilt als möglicher Finanzminister. Er wurde indes schon dafür kritisiert, dass er seine Geschäftsinteressen nicht sauber von seinem Posten in Trumps Übergangsteam trennt.
Elon Musk
Der reichste Mann der Welt hat sich seit Anfang Jahr zu einem der wichtigsten Vertrauten von Donald Trump entwickelt. Musk wird, wie am Dienstagabend bekanntwurde, zusammen mit dem früheren republikanischen Präsidentschaftskandidaten Vivek Ramaswamy eine «Effizienz-Kommission» leiten, welche die Ausgaben der Bürokratie in Washington durchleuchtet. Einen formellen Regierungsjob dürfte Musk nicht übernehmen, weil er dann seine Rolle als Unternehmer und Chef zahlreicher Firmen einschränken müsste.
Der gebürtige Südafrikaner hätte an sich das Zeug zum Sanierer. Er hat, im Unterschied zu vielen anderen Vertretern von Trumps Maga-Bewegung, libertäre Ansichten und hat in seinen eigenen Unternehmen schon sehr harte Sparprogramme durchgeführt. Ob er jedoch den amerikanischen Staatsapparat stark verschlanken kann, ist fraglich, weil die grössten Ausgabenposten im Bundeshaushalt entweder sehr beliebt sind in der Bevölkerung (Altersvorsorge und Gesundheit) oder nicht verhandelbar (Zinszahlungen und das Militär).
Musks Einfluss geht aber deutlich weiter. Der Tech-Unternehmer hat Trump finanziell, logistisch und mit seinem sozialen Netzwerk X stark unterstützt im Wahlkampf und könnte nun Gegenleistungen erhalten. Musks Firmen unterliegen der Aufsicht derjenigen Bundesbehörden, die er nun selbst beeinflussen kann. Der Raketenbauer SpaceX ist zudem ein sehr wichtiger Auftragnehmer des Verteidigungsdepartements und der Nasa.
Musks Elektroautobauer Tesla profitiert zudem von Steuergutschriften, die beim Kauf eines E-Autos gewährt werden. Seit er Musk hinter sich weiss, hat sich Donald Trump deutlich positiver zur Technologie geäussert als zuvor.
Die Spekulationen, was sich der 53-Jährige von seinem Einsatz für Trump verspricht, schiessen derzeit jedoch ins Kraut. Vielleicht wird die Nasa bald eine bemannte Reise zum Mars projektieren, eines von Musks grössten persönlichen Zielen? Der Tesla-Chef und Trump sind jedoch beides komplizierte Charaktere, die sich früher auch schon gegenseitig scharf kritisiert hatten. Es bleibt abzuwarten, ob ihre neue Freundschaft die Herausforderungen übersteht, die auf die kommende Regierung warten.
Der Test folgt
Noch herrscht bei den Republikanern, nach dem klaren Wahlsieg, Aufbruchstimmung. Spätestens mit dem Amtsantritt von Trump im Januar kommen auf die Minister und Wirtschaftsberater aber grosse Herausforderungen zu: Wie sollen sie hohe Zölle einführen, ohne die verhasste Inflation wieder neu zu befeuern? Wie können sie Steuern senken, ohne gleichzeitig das Budgetdefizit weiter zu vergrössern? Wie effizient können sie die knappe Mehrheit im Senat und im Repräsentantenhaus für Trumps Pläne einsetzen, wenn einige wenige Abweichler diese Pläne blockieren können?
Nicht zuletzt müssen die Berater mit einem Chef umgehen, der oft und abrupt seine Meinung ändert und als beratungsresistent gilt. Immerhin haben Bessent, Lighthizer und Co. schon viel Erfahrung gesammelt, wie sie mit Trump arbeiten müssen. Ab Januar können sie beweisen, dass sie aus den Fehlern gelernt haben, die Trumps Berater in der ersten Amtszeit begangen hatten.