Am Samstag trafen sich Vertreter Irans und Amerikas in Oman zu ersten indirekten Gesprächen. Konkrete Ergebnisse gibt es noch nicht. Für Iran steht jedoch viel auf dem Spiel.
Vor ein paar Wochen gab sich Ali Khamenei noch unnachgiebig. Es habe keinen Sinn, mit den Amerikanern das Gespräch zu suchen, verkündete Irans oberster Revolutionsführer. In der Islamischen Republik hatte man nicht vergessen, dass Donald Trump das einst in zähen Verhandlungen mit der Obama-Administration ausgehandelte Atomabkommen 2018 kurzerhand aufkündigte. Den Amerikanern, so Khamenei, könne man nicht über den Weg trauen – und Trump schon gar nicht.
Jetzt ist diese harte Haltung Vergangenheit. Am Samstag Nachmittag trafen Irans Aussenminister Abbas Araghchi und Trumps Sondergesandter Steve Witkoff in der omanischen Hauptstadt Maskat zu ersten Gesprächen zusammen. Zwar spielten die beiden über Bande und verhandelten vorerst nur indirekt. Doch das rund zweistündige Treffen, bei dem Omans Aussenminister Badr Albusaidi die Rolle des Boten übernahm, verlief offenbar positiv. Es kam sogar zu einer unerwarteten, kurzen persönlichen Begegnung von Araghchi und Witkoff auf dem Gang. Nun soll weiterverhandelt werden, möglicherweise sogar in Europa.
Keinen Appetit auf Krieg
Er danke den Beteiligten für den Dialog, sagte Albusaidi am Samstagabend. Bei den Gesprächen handelte es sich offenbar vor allem um eine erste Annäherung. Diese sei sehr respektvoll verlaufen, vermeldeten die Iraner. So soll der US-Gesandte Witkoff etwa auf die in Teheran als Tabu geltenden Forderung einer kompletten Aufgabe des iranischen Atomprogramms verzichtet haben. Stattdessen pochte der Amerikaner vorerst offenbar nur auf strenge Kontrollmechanismen.
Die Iraner wiederum sollen laut Berichten verschiedener US-Medien nicht nur bereit sein, über ihr Atomprogramm zu verhandeln – sondern auch über die Abwicklung der zahlreichen, von Teheran gesponserten Milizen in der Region. 2015, bei der vorerst letzten Einigung, war dies noch kein Thema gewesen. Beide Parteien scheinen kompromissbereit zu sein. Und das, obwohl die Amerikaner Iran nach wie vor mit Militärschlägen drohen und zu diesem Zweck bereits Schiffe und Bomber in die Region verlegt haben.
Die Gespräche von Maskat zeigen, dass weder Amerika noch Iran derzeit Appetit auf einen Krieg haben. Donald Trumps Augenmerk lag zuletzt eher auf seinem Handelskrieg mit China. Dass Iran, welches kurz davor steht, eine eigenen Atombombe zu bauen, mit einem Mal zur Nuklearmacht wird, will er zwar unbedingt verhindern. Ein Waffengang gegen Teheran und dessen tief in die Erde vergrabenen Atomanlagen, mit all seinen unabsehbaren Folgen, ist dabei aber nur die allerletzte Option.
Militärisch und wirtschaftlich unter Druck
Iran wiederum hat ein Horrorjahr hinter sich. In den vergangenen sechs Monaten brach fast die gesamte Vorwärtsverteidigung der Islamischen Republik zusammen. Erst dezimierte Israel Teherans Kronjuwel, den Hizbullah. Die libanesische Miliz mit ihren Raketen galt als Irans wichtigste Abschreckungswaffe. Dann stürzte kurz vor Weihnachten das verbündete Asad-Regime in Syrien. Und als wäre das nicht genug, zerstörte Israel bei einem Luftangriff im Oktober auch noch Irans beste Luftabwehrsysteme.
Das Land steht aber nicht nur politisch unter Druck. Jahrelange Sanktionen und Misswirtschaft haben auch Irans Volkswirtschaft ruiniert. Längst leidet Iran unter Güterknappheit und einer galoppierenden Inflation. Zudem rumort es im Land. Immer wieder kam es in den letzten Jahren zu Protesten. Zwar schlug der Sicherheitsapparat die Demonstrationen jeweils nieder. Sollte sich die Lage nicht verbessern, könnte sie dem Regime aber irgendwann gefährlich werden.
Das scheint auch Khamenei erkannt zu haben – er versucht deshalb, die Möglichkeit einer Einigung mit Amerika auszuloten. Das Atomprogramm ist dabei seine letzte Trumpfkarte. Zwar kann der greise Revolutionsführer über ihren Einsatz entscheiden. Unter ihm herrscht in Teheran aber Uneinigkeit, wie das geschehen soll. Während Vertreter des moderaten Flügels das Land endlich aus der Isolation führen wollen, interpretieren Hardliner die militärischen Niederlagen in Libanon und Syrien als Folge von zu viel Nachgiebigkeit.
Hat Trump die nötige Geduld?
Seit der Gründung der Islamischen Republik 1979 schwankt Irans Führung zwischen Existenzangst und dem Wunsch, die eigene Macht nach aussen zu projizieren. In den Achtzigerjahren, als Saddam Husseins Irak die junge Republik angriff, stand das Regime schon einmal mit dem Rücken zu Wand. Seither geht in Teheran stets die Furcht vor der Umzingelung um. Gleichzeitig schaffte es Iran mit seinem Milizennetzwerk aber auch, Einfluss von Bagdad über Beirut bis nach Jemen auszuüben und Feinde vom eigenen Territorium fernzuhalten.
Nun muss sich das Land neu orientieren. Einen ersten Schritt dazu machte es bereits 2023, als es sich seinem Rivalen Saudiarabien annäherte. Ob den Iranern dasselbe auch mit Amerika gelingt, hängt aber nicht nur von der Kompromissbereitschaft Teherans ab. Ein wesentlicher Faktor wird auch Donald Trump sein. Der US-Präsident öffnet im Nahen Osten mit seiner unkonventionellen Herangehensweise zwar Türen. Ob er aber die Geduld aufbringt, die möglicherweise zähen Verhandlungen mit Teheran zu Ende zu führen, ist eine anderer Frage.