Porsche, Bentley und Bugatti erweitern ihr Portfolio und investieren in luxuriöse Wohnimmobilien mit hochklassiger Ausstattung. Cleveres Lizenzgeschäft oder Erweiterung des Geschäftsmodells?
95 Meter hoch, 23 Stockwerke und viel Glas. Der neue Porsche kann weder durch seine Höchstgeschwindigkeit noch durch seine Beschleunigung überzeugen. Dafür aber mit sportlich-luxuriösem Ambiente und viel Luxus. Mitten in Bangkok, im hippen und angesagten Viertel Thong Lor, baut Porsche nun eine Luxusimmobilie mit 22 Wohneinheiten – doppel- oder vierstöckig.
Die Einheiten sind mit zwischen 525 und 1135 Quadratmetern üppig bemessen und kosten zwischen 15 und 40 Millionen US-Dollar. Das neue Bauvorhaben ist das dritte Projekt von Porsche Design. Aber Porsche ist mit der Idee nicht mehr allein.
Immer mehr Luxusautohersteller drängen auf den Immobilienmarkt. Neben Porsche investieren Aston Martin, Bentley, Bugatti und Mercedes-Maybach in Betongold. Die Idee dahinter: mit einem schon bekannten Namen die Marke im Luxussegment weiter aufzupolieren. Nach dem Motto: Seht her, wir können mehr als nur kaltes Blech biegen.
Vorteil für die sehr solventen Käufer der sogenannten «branded residences» mit Design, Service und Qualität bekannter Marken: Sie versprechen aufgrund ihres Markennamens und ihrer Tradition eine hohe Qualität und einen bestimmten Status.
«Zwischen Luxusfahrzeugen und Luxusimmobilien besteht eine gewisse Verbindung», sagt Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach bei Köln. «Dazu zählen unter anderem Qualität, Anmutung und Preis. Allerdings geniessen Autohersteller eine höhere Markenbekanntheit als Immobilien.» Daher färbt die bekannte Marke auf die Immobilie ab, die vom Markenimage profitiert.
«Das funktioniert allerdings nur bei Premiumherstellern und nicht bei Volumenherstellern wie Opel, Skoda oder Ford. Die Immobilie muss zudem zum Image des Autoherstellers passen», sagt Bratzel. Die grösste Herausforderung sieht er darin, dass die Attribute der Automarke auf die Immobilie übertragen werden. «Immobilien bestimmter Marken müssen einen Mehrwert gegenüber anderen Immobilien bieten», sagt er.
Für Porsche Design ist es das dritte Bauprojekt auf dem dritten Kontinent. Begonnen haben die Stuttgarter vor elf Jahren mit einem 198 Meter hohen Wohnhochhaus in Miami. Damit waren sie der erste Automobilhersteller, der eine Luxusimmobilie entwickelte.
Erweiterung der Kundenbeziehung wird angestrebt
«Wir übertragen die Faszination und den Mythos Porsche in Lebensbereiche jenseits des Automobils und schaffen unseren Kunden so einen erweiterten Zugang zur gesamten Porsche-Welt», sagt Stefan Buescher, CEO der Porsche Lifestyle Group.
Porsche Design gestaltet mit rund 350 Mitarbeitern seit 50 Jahren Produkte ausserhalb von Autos. Gemeinsam mit lokalen Partnern entstand zwischen 2013 und 2017 der Komplex mit 132 Wohneinheiten auf 60 Stockwerken direkt am Ozean am Sunny Isles Beach. Höhepunkt der Luxusimmobilie sind die drei Fahrzeugaufzüge. Der sogenannte Dezervator bringt die Bewohner in ihrem Fahrzeug in ihr luxuriöses Zuhause. Fast alle Wohneinheiten sind mit einem Pool und einer Outdoor-Küche auf dem Balkon ausgestattet. Zwischen 6,3 und 32,5 Millionen US-Dollar kostete eine Einheit.
Die Initialzündung sei nicht von Porsche selbst gekommen, sondern von amerikanischen Fans der Marke, erklärt Buescher. Sie überhäuften Porsche mit Anfragen nach im Porsche-Design gestylten Wohnungen. «Wenn sich solche Anfragen häufen, diskutieren wir intern ausgiebig darüber. Ist das realisierbar, wie würde so ein Objekt aussehen, und wie übertragen wir die Design-DNA der Autos in Immobilien?», sagt Stefan Buescher.
Einige Kunden wollten ihren Porsche in ihrem Apartment parkieren. «Die Idee klang anfangs verrückt, aber wir haben sie weiterentwickelt», erklärt Stefan Buescher.
Vor rund fünf Jahren begann Porsche Design mit der Projektentwicklung der Immobilie in Bangkok. Der Wohnturm in einer Luxusgegend ist 95 Meter hoch und bietet auf 23 Stockwerken nur 22 Luxuswohneinheiten.
Bauexperten sind andere, die Automarke ist nur das Label
Porsche Design entwickelt mit Partnern die Objekte und steuert vor allem Experten für Design und Gestaltung bei. In Thailand passt es: Der Partner ist selbst grosser Porsche-Fan.
Mit dem X-förmigen Sockel erinnert das Gebäude an den Elektro-Rennwagen Mission R. Über eine spiralförmige Rampe fahren Bewohner in ihr Apartment.
Im neuen Gebäude in Bangkok spielt Porsche Design subtil mit einigen Erkennungsmerkmalen der Sportwagenmarke. Auf dem Dach erscheint ein Leuchtband ähnlich dem Rücklicht des Porsche 911, die Lamellen der Stahlkonstruktion im Dachbereich erinnern an die Lamellen des Kühlergrills im Fahrzeugheck. «Da wir ein zeitloses Objekt gestalten, müssen die Hinweise auf Porsche sehr dezent ausfallen», erklärt Stefan Buescher.
Es gilt aber darum, Elemente einzubinden, die typisch Porsche sind. Im Wohnbereich kommen viele von Porsche Design kreierten Elemente wie Lampen, Wasserhähne, Küchentüren oder Türgriffe zum Einsatz. Die Glasoberfläche am Balkon besitzt einen ähnlichen Klappmechanismus wie das Dach des 911 Targa. Porsche-Logos und Bezeichnungen wie Drive Modus werden dort verwendet, wo sie Sinn ergeben.
Interessierte können sich in einer Mustersuite ihre eigene Wohnung virtuell zusammenstellen. Die Bauzeit beträgt drei Jahre, ein Teil der Einheiten ist längst verkauft.
Wie auch die anderen neuen Luxusimmobilien einiger Autohersteller: Aston Martin weihte im April sein 66-stöckiges Luxusapartmenthaus mit einer segelförmigen Front an der Waterfront in Miami ein. Fitnesscenter, Kunstgalerie, Kinosäle, Golfsimulator gehören ebenso zum Komplex wie ein Heliport und ein eigener Jachthafen. Eigentümer können sich ihre Wohnungen individuell gestalten lassen, massangefertigte Aston-Martin-Griffe inklusive. Für sorgenfreies Wohnen sorgt ein Butler-Service. Preis: ab 1,4 Millionen Euro für eine der knapp 400 Wohnungen bis 55 Millionen für eine der 7 Penthouse-Einheiten.
Bentley plant ebenfalls in Miami einen Luxusturm. Er soll 63 Stockwerke und 216 Einheiten umfassen und in der Wohnung Platz fürs Auto bieten. Für Luxus sorgen ausserdem Autofahrstuhl, Restaurants, Bars, Fitnesscenter und ein Kino – mit Sitzen wie in einem Bentley. Eröffnung: 2026, Preis ab 5 Millionen Euro pro Wohneinheit.
Bugatti entwickelt in Dubai mit dem örtlichen Partner Binghatti eine Luxusresidenz mit 171 Wohnungen und 11 Penthouses. Im Wohnbereich sollen unübertroffene Handwerkskunst und exquisite Oberflächen einen neuen Massstab für Luxus setzen. Das Hochhaus bietet einen eigenen Strand, Pool, Jacuzzi-Spa, Fitnessklub, ein Gourmetrestaurant und zwei Autolifte für die noblen Fahrzeuge. Mindestens 5 Millionen kostet eine Wohnung im Hochhaus, das 2025 bezugsbereit sein soll.
Mercedes schwingt gleich doppelt die Kelle und hat Anfang des Jahres zwei Projekte seiner neuen Sparte Mercedes-Benz Places bekanntgegeben. Sie sollen die Welten der Architektur und des Automobilbaus miteinander verschmelzen. In Dubai entwickeln die Stuttgarter ebenfalls mit Binghatti Properties. Bis Ende 2026 soll dort eine Luxusimmobilie mit 341 Metern und 65 Stockwerken entstehen. 150 Einheiten mit einem Preis von mindestens 2,5 Millionen Euro stehen zur Wahl. Das Design orientiert sich an dem Concept-Car Vision EQXX. Parallel dazu entsteht in Miami ein Objekt mit 67 Stockwerken und 791 Wohnungen mit insgesamt 230 000 Quadratmetern.
Porsche Design eruiert derzeit weitere Projekte. Es geht laut Buescher nicht nur um den Bau eines Hauses oder den Kauf eines Apartments – sondern um den Eintritt in eine Community. Immobilieneigentümer müssen zwar keinen Porsche besitzen. Bei einem Preis von 8,4 bis 25,6 Millionen Dollar für eine Bangkok-Porsche-Wohnung sollte aber selbst ein kleiner Porsche anschliessend noch drin sein.
Kritisch sieht die Bauaktivitäten der Autohersteller der Münchener Architekturexperte Oliver Herwig, der an der Kunstuniversität Linz Designtheorie unterrichtet und seit 2023 eine Architekturjury leitet, die Projekte mit hohem architektonischem Anspruch beurteilt. «Offenbar handelt es sich um eine Marketingmassnahme, die austestet, wie weit Marken gedehnt werden können, bevor sie zerbröseln», sagt Herwig. «Immobilien sind nun einmal das genaue Gegenteil von Automobilen: sesshaft und statisch.»
Dennoch glaubt Herwig an die Wandlungsfähigkeit von Gebäuden: «Gerade im Umbauen und Weiterbauen steckt viel Dynamik.» Dies könnte aber auch bedeuten, dass die Luxusautohersteller sich irgendwann von ihren Partnerimmobilien abwenden und sie dem Wandel ausserhalb der Autoindustrie überlassen.