Beim Kraulschwimmen sacken ständig die Beine ab? Feilen Sie an der Technik.
Absinkende Beine beim Kraulen sind ein Übel, dem viele erwachsene Schwimmer und Triathleten auf ihrem Lernweg begegnen; und für einmal sind wirklich hauptsächlich Männer gemeint.
Warum das so ist, erklären folgende physikalischen Gegebenheiten: Auf einen im Wasser ruhenden Menschen wirken zwei Kräfte: die Gewichtskraft im Körperschwerpunkt – Massemittelpunkt genannt –, die den Körper wegen der Gravitation nach unten drückt. Und die Auftriebskraft, welche im Volumenmittelpunkt eines Körpers ansetzt und dafür verantwortlich zeichnet, dass ein Objekt an die Wasseroberfläche steigt. Ist die Auftriebskraft grösser als die Gewichtskraft, schwimmt ein Körper im Wasser.
Spannend wird es, wenn diese Gleichung mit dem Faktor «Mensch in horizontaler Strecklage» ergänzt wird. Dazu muss man wissen: Der Körperschwerpunkt und der Volumenmittelpunkt greifen in dieser Position selten an gleicher Stelle an. Wäre dies der Fall, könnte ein atmender Mensch wie ein Stück Holz auf dem Wasser liegen. Zahlreiche Faktoren beeinflussen das Schwebevermögen eines erwachsenen Menschen im Wasser. Die bedeutendsten darunter sind: Körperbau und -proportionen, Verhältnis von Muskelmasse zu Fettgewebe und individuelle Fettverteilung.
Fettgewebe schwimmt, Muskelmasse sinkt
Während Fett- und Bindegewebe ein geringeres spezifisches Gewicht als Wasser aufweisen und den Auftrieb vergrössern, sind Muskeln schwerer als Badewasser und schlagen auf das Konto der Gewichtskraft. Nun dürfte klarwerden, warum Männer, vor allem gut trainierte Läufer und Radfahrer mit muskulösen Beinen, besonders unter absinkendem Unterkörper beim Kraulen leiden.
Frauen weisen einen natürlichen Muskelanteil von rund 30 Prozent des Körpergewichts auf, bei Männern liegt dieser mit bis zu 50 Prozent deutlich höher. Hinzu kommt, dass Frauen im Becken- und Oberschenkelbereich natürlicherweise besser gepolstert daherkommen. Auch die hohle Gebärmutter beeinflusst den Körperschwerpunkt im Schwimmen günstig und vergrössert den Auftrieb.
Bei erwachsenen Männern liegt der Schwerpunkt ungefähr auf Höhe des Kreuzbeins, während sich der Auftrieb je nach Figur im Lungenraum zentriert. Dass beim Schwimmen die untere Körperhälfte absinkt, während der mit Luft gefüllte Oberkörper erwachsene Männer über Wasser hält, ist also, salopp ausgedrückt, ein Naturgesetz. So weit die Theorie.
Wasserlage-Selbsttest
Um die richtigen Schlüsse für die Praxis des Kraulschwimmens zu ziehen, lohnt sich ein einfacher Selbsttest. Er lässt erkennen, wie stark und schnell die Beine wirklich absinken.
Dazu in Rückenlage von der Pool-Wand abstossen, Lungen satt mit Luft füllen, Arme gestreckt im Pfeil, Kopf in der Verlängerung der Wirbelsäule halten: nun mit gespanntem Körper an der Wasseroberfläche gleiten, solange es geht. Sacken die Beine nach wenigen Metern nach unten (Frauen und Kinder gleiten in dieser Position mühelos an die zehn Meter), deutet das auf eine suboptimale Wasserlage mit einem Massemittelpunkt unter den Hüften hin.
Dies gilt es in erster Linie zu akzeptieren. In zweiter Linie muss folgenden technischen Details beim Kraulschwimmen höchste Beachtung geschenkt werden:
- Tiefliegende Beine bedeuten hohen Frontalwiderstand. Um diesen zu vermeiden, einen kontinuierlichen Kraulbeinschlag einsetzen, um den Körper in der Horizontalen zu halten. Dazu einen schmalen, aber zügigen Beinschlag mit kleiner Amplitude anstreben. Das Wasser sollte an den Füssen immer leicht sprudelnd anzusehen sein. Weil Kraulbeinschlag viel Sauerstoff benötigt und man dabei rasch ausser Puste gerät, gehören Beinschlagserien mit und ohne Flossen in jedes Training.
- Beim Atmen darauf achten, dass der Kopf nicht angehoben, sondern nur mit rotiertem Oberkörper zur Seite abgedreht wird. Hebt man ihn an, verlagert man den Körperschwerpunkt noch weiter nach hinten, die Beine sinken noch stärker ab.
- Bei jedem Armzug nach dem Eintauchen in eine vollständige Streckung mit deutlicher Rotation des Oberkörpers gehen, um den Körper maximal lang zu machen. Je weiter man sich in der Horizontalen ausstreckt, desto länger ist der Hebel und desto günstiger der Körperschwerpunkt, der dabei nach vorne wandert.
- Ebenfalls hilfreich: den Körper beim Kraulschwimmen leicht anspannen und die Beine mithilfe der unteren Rücken- und Bauchmuskulatur aktiv an die Wasseroberfläche heben. Regelmässiges Rumpfstabilitätstraining und Sportarten wie Yoga und Pilates helfen beim Kräftigen dieser Muskeln.
- Wenn gar nichts fruchtet: auf Triathlon-Wettkämpfe ausweichen, die das Tragen eines Neoprenanzugs erlauben. Die Schwimmanzüge halten auch die kräftigsten Beine an der Wasseroberfläche, wenn sie untenherum eine Materialdicke von fünf Millimetern aufweisen.
Was tun, wenn Flossen Schmerzen oder Krämpfe auslösen?
Flossen stellen im Schwimmtraining ein unerlässliches, äusserst sinnvolles Hilfsmittel dar. Anfängern ermöglichen sie das Erwerben und Festigen elementarer Bewegungsmuster wie Armzug, Beinschlag, Körper- und Atemposition in den Schwimmarten Kraul, Rückenkraul und Schmetterling. Fortgeschrittene und Triathleten greifen darauf zurück, um an technischen Details zu feilen, die Fuss- und Beinmuskulatur zu kräftigen, intensive Intervalle an oder über der anaeroben Schwelle zu absolvieren oder neuromuskuläre Bewegungsabläufe in überhöhtem Tempo zu festigen.
Welche Massnahmen schaffen Abhilfe, wenn Krämpfe in Füssen und Waden oder Schmerzen in der Achillessehne einem das Schwimmen mit Flossen vergällen?
Neulinge, Breitensportler und mässig begabte Triathletinnen sollten zwingend auf ein kurzes und vor allem sehr weiches, bewegliches Flossenblatt achten, welches kaum Krafteinsatz verlangt. Im Handel tragen derartige Flossen Bezeichnungen wie «ultrasoft», «lightweight», «superflex» oder «easyfins». Die Modelle der bekannten Hersteller weisen sehr oft harte Flossenblätter mit geringer Flexibilität auf, die nur von austrainierten Schwimmsportlern problemlos benutzt werden können.
Wer zu Krämpfen neigt, setzt Flossen vorzugsweise im ersten Drittel des Trainings ein (nach dem Einschwimmen) und tastet sich langsam an höhere Geschwindigkeiten heran. Ausreichend Flüssigkeit und salzhaltige Snacks in den Stunden vor dem Training können helfen, Krämpfe fernzuhalten.
Triathletinnen, die neben dem Schwimmen hohe Laufumfänge trainieren, klagen bei Flossen gelegentlich über Schmerzen in der Achillessehne, wenn das Modell nur ein schmales Fersenband aufweist, das bei jeder Auf-und-Ab-Bewegung des Fusses in die Sehne drückt. In solch einem Fall: unbedingt weichere Modelle mit geschlossener Fersenkappe ausprobieren.
Wenn das noch nicht ausreichen sollte, kann man hochwertige Running-Socken mit verstärkten Fersen in den Flossen tragen, wobei Letztere womöglich eine Schuhnummer grösser gewählt werden müssen.
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