Laut der Internationalen Energieagentur werden alleine dieses Jahr für 500 Milliarden Dollar neue Serverfarmen gebaut. Länder, die zügig die Stromproduktion ausbauen, haben einen Wettbewerbsvorteil.
Die Nutzung der künstlichen Intelligenz führt zu einem enormen Energiebedarf. Jede Anfrage löst im Hintergrund eine Lawine an Berechnungen aus: Das KI-Modell analysiert die Eingabe, durchläuft Milliarden Verbindungen zwischen virtuellen Neuronen und berechnet daraus, welche Antwort mit hoher Wahrscheinlichkeit passen könnte. Klassische Suchmaschinen wie Google arbeiten deutlich sparsamer – sie greifen einfach auf gespeicherte Informationen in Datenbanken zu.
So viel Strom wie Japan
Die Internationale Energieagentur (IEA) hat in der gemäss eigenen Angaben weltweit umfassendsten Studie untersucht, wie sich die rasant wachsende Nutzung von künstlicher Intelligenz auf den weltweiten Stromverbrauch auswirken wird. Dazu hat sie den globalen Verbrauch der Rechenzentren analysiert. Zu deren Aufgaben gehört es, KI-Modelle zu trainieren, zu speichern und zu betreiben.
Bereits heute verbrauchen Rechenzentren rund 415 Terawattstunden Strom pro Jahr – das entspricht etwa 1,5 Prozent des globalen Strombedarfs. Bis 2030 dürfte dieser Wert laut der IEA auf 945 Terawattstunden steigen – mehr als doppelt so viel. Das würde ungefähr dem heutigen Stromverbrauch Japans entsprechen.
Hauptverursacher des Wachstums sind KI-Anwendungen. Sie sind ein Grund, wieso sich die weltweiten Investitionen in Rechenzentren seit 2022 nahezu verdoppelt haben. Im laufenden Jahr werden 500 Milliarden Dollar in den Ausbau fliessen.
Der weitaus grösste Teil des prognostizierten Anstiegs entfällt auf die Vereinigten Staaten. Die USA sind bereits heute der grösste Betreiber von Rechenzentren. 45 Prozent des weltweit für die Anlagen benötigten Stroms werden dort verbraucht, auf den nächsten Plätzen folgen China (25 Prozent) und Europa (15 Prozent).
In den USA könnten Rechenzentren bis 2030 nahezu die Hälfte des gesamten zusätzlichen Strombedarfs verursachen, wie die IEA schreibt. Die Anlagen werden dann mehr Elektrizität benötigen als alle energieintensiven amerikanischen Industriezweige wie die Aluminium-, die Stahl- oder die Zementproduktion zusammen.
Klimaanlagen statt KI
Datenzentren sind ein wesentlicher Grund dafür, dass der globale Strombedarf immer schneller wächst: Ein einzelnes, auf KI fokussiertes Rechenzentrum kann so viel Strom benötigen wie 100 000 Haushalte. Die derzeit grössten im Bau stehenden Anlagen gar das Zwanzigfache, wie die IEA schreibt.
Trotzdem macht die künstliche Intelligenz insgesamt nur etwa ein Zehntel des prognostizierten Verbrauchsanstiegs aus. Die Haupttreiber der künftigen Nachfrage sind andere: Die IEA nennt Klimaanlagen, die Elektromobilität sowie die Verwendung von Elektromotoren in der Industrie.
Der Anteil von KI am Anstieg des Stromverbrauchs variiert jedoch je nach Land stark. In Schwellen- und Entwicklungsländern macht der Beitrag der Rechenzentren rund 5 Prozent des prognostizierten Anstiegs aus. In fortgeschrittenen Volkswirtschaften dagegen liegt der Anteil der Serverfarmen am gesamten Verbrauchswachstum bei über 20 Prozent.
Dies stellt entwickelte Länder vor eine enorme Herausforderung: Sie müssen dafür sorgen, dass ihre seit langen Jahren stagnierende Elektrizitätsproduktion wieder zu wachsen beginnt. Länder, denen das gelingt, werden gemäss der IEA einen entscheidenden Standortvorteil haben.
Gas in den USA, Kernkraftwerke in Asien
Der benötigte zusätzliche Strom für die Serverfarmen wird gemäss IEA rund zur Hälfte aus Solar- und Windkraft stammen. In den USA werden zudem flexibel einsetzbare Gaskraftwerke gebaut, während China und Japan stärker auf Kernenergie setzen.
Laut der IEA sind die Befürchtungen, dass KI den Klimawandel beschleunigt, insgesamt übertrieben. Ein Grund dafür: KI erhöhe zwar den CO2-Ausstoss. Gleichzeitig habe die Technologie aber das Potenzial, die Emissionen stark zu verringern – etwa durch die einfachere Identifikation von Lecks in Gasnetzen oder die effizientere Planung von Projekten, die abgeschiedenes CO₂ speichern könnten.