Der Pharmariese steckt 50 Milliarden Dollar in seine amerikanischen Standorte. Er will von dort mehr Medikamente exportieren statt importieren – ganz im Sinne des Präsidenten.
Dieses Ostergeschenk für Donald Trump kommt etwas verspätet, ist dafür aber umso grösser: Der Pharmakonzern Roche möchte in den kommenden fünf Jahren 50 Milliarden Dollar in den USA investieren. Dadurch sollen 12 000 Arbeitsplätze entstehen, unter anderem an einer neuen Produktionsstätte für boomende Abnehmpräparate. Der Basler Konzern will durch diese Investitionen mehr Medikamente aus den USA exportieren können, als er importiert.
Was wie eine Umsetzung der handelspolitischen Wunschliste des US-Präsidenten klingt, dürfte in der Tat mit Blick auf die Zolldrohungen aus dem Weissen Haus formuliert worden sein. Trump hat der Pharmabranche immer wieder mit Importabgaben gedroht, obgleich die USA stark von Einfuhren abhängig sind – oder gerade deswegen. Allein die Schweizer Ausfuhren von Pharmaprodukten, einschliesslich Vitaminen und Diagnostika, betrugen vergangenes Jahr fast 32 Milliarden Franken.
Die USA sollen von den Importen wegkommen
Trotz Trumps Hin und Her in der Zollpolitik sind Medikamente bis jetzt von Importabgaben ausgenommen. Allerdings drohen Schweizer Erzeugnisse im Extremfall unter den länderspezifischen Zoll von 31 Prozent zu fallen, den der Präsident Anfang April in Aussicht gestellt hat, um den Handelsüberschuss der Schweiz mit den USA zu reduzieren. Das amerikanische Handelsministerium evaluiert derzeit, ob das Land zu abhängig von Arzneimittelimporten ist.
Roches Konkurrent Novartis glänzte bereits vor zwei Wochen mit der Ankündigung eines Ausbaus in den USA. Der Konzern gelobte Investitionen über 23 Milliarden Dollar in den kommenden fünf Jahren, um Forschung und Produktion zu erweitern. Damit werde es Novartis möglich sein, alle entscheidenden Produkte in den USA herzustellen, hiess es.
Die Ankündigung von Roche erweckt fast den Anschein, als wolle der etwas grössere Pharmakonzern seinen Wettbewerber übertrumpfen. Von den 12 000 Arbeitsplätzen werden allerdings nur rund 1000 bei Roche selbst entstehen, der Rest entfällt auf die Bauwirtschaft zur Errichtung der neuen Standorte sowie auf Zulieferer. Der Pharmariese beschäftigt in den USA bereits mehr als 25 000 Angestellte, was die Ankündigung etwas relativiert.
Mehr noch: Genauso wenig, wie Novartis innerhalb von zwei Wochen 23 Milliarden Dollar aus dem Nichts heraus zusammenzustellen vermag, kann Roche in vier Wochen ein Paket mit 50 Milliarden Dollar aus dem Hut zaubern. Anzunehmen ist, dass in beiden Fällen zahlreiche langfristig geplante Investitionen zusammengefasst werden, die ohnehin in den kommenden Jahren absehbar waren – gepackt in eine wohlklingende Ankündigung, die im Weissen Haus gehört werden soll.
Schon stark in den USA aktiv
Roche gibt insgesamt pro Jahr rund 15 Milliarden Franken für Forschung und Entwicklung sowie 3,5 Milliarden Franken für neue Anlagen aus. Die USA sind mit einem Anteil am Umsatz von fast 50 Prozent bereits der mit Abstand wichtigste und lukrativste Markt. Ebenso hat der Konzern schon heute in keinem anderen Land so hohe Vermögenswerte in Form von Maschinen, Immobilien oder Patenten: Rund 55 Prozent aller Assets von Roche sind bereits in den USA. Bei Novartis sind die Relationen ähnlich.
Insofern sind die auf fünf Jahre gestreckten Investitionen unabhängig von Zöllen als Zeichen zu sehen, dass die Pharmariesen an den Markt in der weltgrössten Volkswirtschaft glauben. Der Zeitrahmen hat auch damit zu tun, dass die Errichtung von Standorten einige Jahre und damit länger dauert als in anderen Branchen, weil die Werke eine aufwendige Zulassung durchlaufen müssen. Kapital so langfristig zu binden, bevor es Ertrag abwirft, dürfte selten eine reine Reaktion auf sich schnell ändernde Zölle sein.
Doch weil jeder Franken nur einmal ausgegeben werden kann, wächst in der Heimat bereits die Sorge, im Standortwettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Die Branchenverbände Interpharma und Scienceindustries forderten am Dienstag, die Schweiz brauche eine Strategie, um für Investitionen von Pharmaunternehmen attraktiver zu werden. Dazu zählen sie unter anderem stabile Verträge mit der EU, die schnelle Zulassung von Therapien und Medikamenten sowie Unterstützung für die Forschung.