Gehäkelte Jacken, Kleider und Taschen haben sich zum modischen Dauerbrenner entwickelt – vor allem, aber nicht nur für den Sommer. Was macht den Häkel-Look so beständig?
Man kann die modische Uhr danach stellen: Sobald die Temperaturen höher werden, ziehen Menschen sich Gehäkeltes über. Meist sind es junge Frauen, die sich solch kunstvoll-löchrige Kaftane und Kleider zutun: eine Reverenz an den Look der Hippies in den 1960er und 1970er Jahren. Freigeistige Boho-inspirierte Frauen wie Chelsea und Chloe aus der TV-Serie «The White Lotus» tragen solche Teile – und natürlich Besucherinnen und Performer von Festivals wie dem Coachella.
Zum Hippie-Look haben sich aber mittlerweile noch andere Stilrichtungen gesellt: Gehäkeltes kann romantisch wirken – etwa als zarter Pullover über einem Top oder Unterhemd. Oder es wird mit deutlich aggressiverem Sex-Appeal direkt über Unterwäsche getragen. Sehr beliebt ist auch die Variante mit biederen Mustern – wie jenen von Patchworkdecken, die einst auf den Sofas braver Hausfrauen lagen und jedem noch so kleinen Wollrest eine sinnvolle Aufgabe zuwiesen. Als Jacke zu sonst betont cooler Kleidung getragen, sorgt das für einen interessanten Kontrast.
Auch werden die hippiesken Teile gerne mit Preppy-Looks kombiniert, um dem Outfit so mehr Spannung zu verleihen und um es weniger strand-, dafür aber stadttauglich zu machen.
Wer hat’s erfunden?
Wer das Häkeln wann genau wo erfunden hat, ist nicht überliefert. Die Technik ist mit Sicherheit sehr alt, wahrscheinlich wurden Fischernetze so geknüpft. Man geht davon aus, dass die Fertigkeit mündlich übermittelt wurde: Schriftliche Dokumentationen gibt es erst seit dem 18. Jahrhundert.
Zwei Frauen sorgten dafür, dass die Handarbeitstechnik an Bedeutung gewann: Mademoiselle Riego de la Brachardière, französisch-irischer Abstammung, veröffentlichte 1846 ihr Werk «Knitting, Crochet and Netting», das als das erste Häkelbuch überhaupt gilt. Sie entwarf, sammelte und veröffentlichte verschiedene Muster.
Häkeln kam in Mode, umso mehr als Königin Victoria sich als Fan bekannte; zuvor galt es eher als Tätigkeit der Unter- und Mittelschicht, als eine vergleichsweise günstige Möglichkeit, Spitzen herzustellen.
Typisch ist, dass Häkeln heutzutage dann auftaucht, wenn die Menschen gerne etwas selber machen wollen. Die 68er Bewegung legte viel Wert darauf, etwas mit den Händen zu machen – DIY, kurz für «do it yourself», wurde die Bewegung genannt.
Das gilt auch heute wieder, je digitaler die Welt, desto beliebter wird DIY; erst die Anleitung googeln, dann in Handarbeit etwas erschaffen. Beliebt waren eine Zeitlang jene Häkelmützen, die als Set mit Wolle, Nadel und Anleitung verkauft wurden und auch für Anfängerinnen einfach umzusetzen waren. Das Ergebnis sah ein bisschen aus wie eine WC-Papier-Abdeckung, das DIY-Set verbreitete sich aber dennoch gut.
Obwohl sowohl die Auswahl an Büchern als auch die Online-Anleitungen zum Thema sehr zahlreich sind: Natürlich ist heutzutage längst nicht alles, was gehäkelt daherkommt, selbstgemacht. Sowohl Modeketten als auch Luxusmarken haben mittlerweile industriell gefertigte Teile im Angebot.