Noch immer gibt es kommerzielle Wettkämpfe in einigen Ländern. Doch Tierschutzorganisationen kritisieren das als Quälerei. Nun will die neuseeländische Regierung die Hunderennen ab 2026 verbieten.
Am Dienstag ist der zweijährige Windhund «Diamond Roman» eingeschläfert worden. Er hatte bei einem Rennen auf der Ascot-Park-Rennbahn im neuseeländischen Southland eine schwere Fraktur des rechten Schien- und Wadenbeins erlitten, wie die Tierrechtsorganisation «Safe» schreibt. Diamond Ramon sei der sechste Windhund, der in dieser Rennsaison gestorben sei.
Geht es nach dem Willen der neuseeländischen Regierung, wäre Diamond Ramon eines der letzten Tiere, die bei Windhundrennen ums Leben kommen. Denn ebenfalls am Dienstag kündigte die Regierung an, ab dem 1. August 2026 Windhundrennen zu verbieten. Zu viele Tiere würden dabei verletzt oder getötet.
Das zweitschnellste Landtier der Welt
Bei den Rennen auf einer festen Gras- oder Sandbahn starten die Hunde aus Boxen. Sie laufen dem Dummy – einem künstlichen Hasen – hinterher. Im Gegensatz zu anderen Hunden, die beim Jagen den Geruch der Beute aufnehmen, jagen die Windhunde ihre Beute auf Sicht. Sie können eine Geschwindigkeit von bis zu 80 Kilometern pro Stunde erreichen. Von allen Landtieren ist nur noch der Gepard schneller.
Die Entscheidung sei nicht leichtfertig gefällt worden, sondern sie diene letztlich dem Schutz der Hunde, sagte der zuständige Minister Winston Peters. Die Branche war in den letzten Jahren immer wieder kontrolliert worden, doch die geforderten Änderungen seien nicht in ausreichendem Masse umgesetzt worden, heisst es von Regierungsseite. Zwar wurden strengere Richtlinien eingeführt, die regeln, wann Rennhunde eingeschläfert werden dürfen. Auch wurde erlaubt, im Ausland nach geeigneten Adoptivfamilien für ausgemusterte Tiere zu suchen, wenn sich im Inland keine finden. Doch laut der Regierung ist der Prozentsatz der verletzten Tiere nach wie vor zu hoch.
Gemäss lokalen Medienberichten kamen im Jahr 2021 über 230 Rennhunde in Neuseeland ums Leben, und 900 weitere zogen sich Verletzungen zu. Auch in den Folgejahren verbesserte sich die Situation nur geringfügig. So dokumentierte die Tierschutzorganisation Safe ab 2022 bis jetzt mehr als 2500 Verletzungen und rund 30 Todesfälle von Windhunden.
Kritiker von Windhundrennen monieren die Bedingungen, unter denen viele Tiere, die bei professionellen Rennen starten, gehalten werden. Die amerikanische Nichtregierungsorganisation «Grey2kusa worldwide» dokumentiert die Missstände in der Branche weltweit und setzt sich für strengere Gesetze zum Schutz der Tiere auf nationaler und internationaler Ebene ein. Laut «Grey2kusa» verbringen viele Hunde mehr als zwanzig Stunden pro Tag in engen Käfigen. Bei Rennen brechen sie sich regelmässig die Beine oder ziehen sich andere schwere Verletzungen zu. Viele Tiere werden gedopt, unter anderem mit Kokain. Und aus Kostengründen füttert man sie mit minderwertigem Fleisch.
Bis das Verbot in Neuseeland in Kraft tritt, muss ein Zuhause für die rund 3000 Rennhunde des Landes gefunden werden. Auch den über 1000 Beschäftigten in der Industrie solle Zeit gegeben werden, einen neuen Job zu finden, sagte der Minister Peters. Kurz vor der Ankündigung des Verbotsvorhabens hatte die Regierung noch ein Gesetz verabschiedet, das das Einschläfern von Hunden während der Abwicklung der Rennhundindustrie verbietet. Ausgenommen sind Fälle, in denen ein Tierarzt dies für unvermeidbar hält. Damit soll verhindert werden, dass die Besitzer die Tiere aus ökonomischen Gründen abtun.
Brutstätte von «Ausbeutung und Leid»
In der Schweiz, Deutschland und Österreich sind professionelle Windhundrennen verboten. Kommerzielle Wettkämpfe gibt es noch in den USA, in Grossbritannien und Irland sowie Australien. Doch auch dort prangern Tierschützer Missstände an. 2006 schockierte der Fall des «Windhund-Henkers» die britische Öffentlichkeit. Der Mann hatte gegen Geld während 15 Jahren rund 10 000 gesunde, aber nicht mehr ausreichend schnelle Windhunde erschossen und verscharrt.
In den USA zum Beispiel gibt es nur noch zwei Rennbahnen in West Virginia, da viele Gliedstaaten die Praxis in den letzten Jahren eingestellt haben. Noch 2018 beherbergte Florida 11 von 17 aktiven Rennstrecken im Land, die Rennen waren Teil des Images des Sunshine State. Doch die Wähler stimmten 2018 einer Verfassungsänderung zu, die das Wetten auf Windhunde illegal machte.
Auch in Australien ist die Empörung über die Branche seit Jahren gross. Der Kontinent beherbergt die grösste kommerzielle Windhundrennindustrie weltweit, etwa 60 Rennbahnen operieren hier. Kritiker sprechen von Doping, Korruption und Tierquälerei. 2015 hatte eine Untersuchung den vermeidbaren Tod von bis zu 17 000 jungen Rennhunden pro Jahr festgestellt. Die Regierung erliess ein kurzzeitiges Verbot, Australiens milliardenschwere Windhundrennindustrie gelobte Besserung.
Doch seit diesem Sommer steht die Branche wieder wegen mutmasslicher Missstände im Rampenlicht, vor allem im Gliedstaat New South Wales, wo sich das Herz dieser Industrie befindet. Ein ehemaliger leitender Tierarzt bezeichnete den Wirtschaftszweig als Brutstätte von «Ausbeutung und Leid». Hunde würden grundlos eingeschläfert, oder man lasse sie in Metallkäfigen verrotten, sobald sie nicht mehr konkurrenzfähig seien. Die Abgeordnete für Tiergerechtigkeit in New South Wales, Emma Hurst, sagte: «Die Realität ist, dass die Windhundrennindustrie ohne systematische Tierquälerei nicht existieren kann.»