An diplomatische Gepflogenheiten hält sie sich nur bedingt. Hua Chunying ist angriffig. Nun ist die Sprecherin des chinesischen Aussenministeriums befördert worden.
Chinas Politik ist eine äusserst maskuline Angelegenheit. Das fängt schon bei der Mitgliedschaft für die Kommunistische Partei Chinas an. 70 Prozent sind Männer. Die Partei hat zwar mehrfach erklärt, Frauen fördern und in Führungspositionen hieven zu wollen. Dennoch gilt für Partei, Staat und das Militär die ungeschriebene Regel: Je mehr Macht, desto weniger Frauen.
Diese Entwicklung hat sich unter Xi Jinping beschleunigt und 2022 mit dem Parteitag einen symbolträchtigen Gipfel erreicht. Dann war die damals einzige Frau aus dem zweithöchsten Gremium der Nation, dem Politbüro, zurückgetreten. Zum ersten Mal seit 20 Jahren wurde Chinas 24-köpfiges Machtzentrum damit zur reinen Männerzone. Im Ständigen Ausschuss des Politbüros, dem mächtigsten Gremium des Landes, sass noch nie eine Frau. Auf Staatsebene sind derzeit zwei der 26 hochrangigen Minister Frauen.
«Schwester Hua» ist beliebt in China
Immerhin gibt es nun eine neue Vizeaussenministerin. Hua Chunying, die seit 2012 als Sprecherin des Aussenministeriums fungiert und die Presseabteilung seit 2018 leitet, ist befördert worden. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Montag. Hua ist die einzige weibliche Vizeaussenministerin von insgesamt fünf und dazu mit 54 Jahren die jüngste.
Die Frau hat sich mit einem angriffigen, schlagfertigen – manche würden sagen, einem undiplomatischen – Kommunikationsstil hervorgetan. Die rhetorischen Spitzen richten sich zumeist gegen die USA. Sie nahmen im Zuge der verschlechterten Beziehungen mit dem Hauptrivalen zu.
Als Hua vor drei Jahren gefragt wurde, ob sie den abtretenden amerikanischen Aussenminister Mike Pompeo vermissen werde, antwortete sie: «Natürlich. Er gab uns so viel zu lachen.» Den USA warf sie vor, sich wie ein Gangster zu verhalten, als die damalige Vorsitzende des amerikanischen Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, vor zwei Jahren ihren Taiwan-Besuch plante.
In China ist sie äusserst beliebt, man ruft sie «Schwester Hua». Auf Chinas Social Media gibt es zahlreiche animierte Clips ihrer Auftritte. Auch auf der Plattform X folgen ihr 2,4 Millionen Menschen. Dort kommuniziert sie auf Englisch und kritisiert die amerikanische Innen- und Aussenpolitik.
Auch patriotische und nationalistische Inhalte verbreitet sie auf X. Jüngst veröffentlichte sie ein Video der Militärübung der Volksbefreiungsarmee, die stattfand, um Taiwan nach der Amtseinsetzung des neuen Präsidenten Lai Ching-te einzuschüchtern. «Die chinesische Nationalflagge über der zentralen Bergkette Taiwans, ein höchst willkommenes Bild für 1,4 Milliarden Chinesen», schrieb Hua dazu.
Der schärfste Wolfskrieger ist mittlerweile weg vom Fenster
Hua gilt als Wolfskriegerin. Der Begriff «Wolfskrieger» geht auf die chinesische Kriegsfilmreihe «Wolf Warrior» zurück und bezeichnet besonders nationalistische Regierungsvertreter Pekings. Die Wolfskrieger-Diplomatie ist relativ neu. Lange hatten sich Chinas Vertreter im Ausland in diplomatischer Zurückhaltung geübt. Doch unter Xi Jinping wuchs die Konfrontation Chinas mit den USA, und dies spiegelte sich auch im Verhalten der Botschafter, Generalkonsuln und Sprecher des Aussenministeriums in Peking.
Dabei scheint es Peking nicht so sehr um die Aussenwirkung zu gehen. Das Zielpublikum ist vielmehr das heimische sowie die Auslandchinesen. Wolfskrieger befriedigen offenbar ein nationalistisches Bedürfnis, den Vaterlandstolz zu verteidigen und es dem Hauptfeind – den USA – so richtig zu zeigen.
Dabei ist Wolfskrieger-Diplomatie kein alleiniger Garant für eine Karriere im Aussenministerium. Huas ehemaliger Kollege, der Sprecher Zhao Lijian, war noch viel aggressiver unterwegs als Hua. Er hatte den USA etwa während der Corona-Pandemie unterstellt, das Virus absichtlich herangezüchtet und nach China gebracht zu haben. Zhao Lijian wurde Anfang letzten Jahres aus unbekannten Gründen von seinem prominenten Posten abgezogen. Er ist jetzt stellvertretender Leiter der Abteilung für Grenz- und Ozeanangelegenheiten.