Die Mirage 2000-5 ist eines der ältesten Kampfflugzeuge der französischen Luftwaffe. Derzeit ist sie in Djibouti und über dem Baltischen Meer im Einsatz und soll bald ausgemustert werden.
«Ich weiss, dass ich auf euch, auf Frankreich, zählen kann»: Mit diesen Worten dankte der ukrainische Präsident Selenski am Freitagmorgen der französischen Nationalversammlung und Emmanuel Macron für ihre Unterstützung. Am Vortag hatte Selenski in der Normandie den Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag des D-Day beigewohnt. Er sei sich sicher, sagte er nun in Paris, dass die Ukraine eines Tages ihren eigenen Tag der Befreiung erleben werde.
Am Donnerstagabend hatte der französische Präsident Macron in einem Fernsehinterview angekündigt, der Ukraine Kampfjets des Typs Mirage 2000-5 zu liefern. Bereits am Freitag sollte laut Macron ein Programm zur Ausbildung von Piloten starten, bis Ende des Jahres soll diese abgeschlossen sein. Wie viele Flugzeuge Frankreich der Ukraine überlassen will, sagte Macron nicht.
Die ersten Kampfjets aus Frankreich
Damit schliesst sich Frankreich jener Gruppe von Staaten an, die der Ukraine bereits Kampfflugzeuge zugesagt haben: Dänemark, Norwegen, die Niederlande und Belgien. Bisher hat Frankreich die ukrainische Anfrage «aus technischen Gründen» abgelehnt; die Einsatzbereitschaft der Mirage 2000-5 sicherzustellen, sei zu aufwendig und kompliziert, als dass sie für die Ukraine von Nutzen sein könnte. Diese Einschätzung hat sich offenbar geändert, wohl auch wegen der sich zuspitzenden Lage. Mitte Mai hatte Selenski erklärt, er müsse eine Flotte von etwa 120 bis 130 Kampfflugzeugen aufbauen, wenn die Ukraine der russischen Dominanz ein Ende setzen wolle.
Die Mirage 2000-5 wird von der Dassault-Gruppe hergestellt und ist 1999 in Dienst gestellt worden. Das Flugzeug ist eine modernisierte Version der Mirage 2000-C, einer Maschine für grosse Höhen und hohe Geschwindigkeiten. Mirages 2000-5 sind für die Luftverteidigung und den Luft-Luft-Kampf konzipiert, Angriffe auf russisches Staatsgebiet sind damit nicht möglich.
Einsätze in Djibouti und im Baltischen Meer
Es handelt sich dabei um die ältesten Kampfflugzeuge der französischen Luftwaffe, neben den Mirages 2000-D, an denen Kiew ebenfalls Interesse angemeldet hat. Beide Flugzeugtypen sollen bis 2029 beziehungsweise bis 2030 ersetzt werden. Laut der Website des französischen Verteidigungsministeriums werden sie derzeit nach wie vor verwendet.
Im Ausland kommen Mirages 2000-5 vor allem in Djibouti zum Einsatz, wo sie im Rahmen eines Verteidigungsabkommens zur Überwachung des Luftraums über dem Horn von Afrika dauerhaft stationiert sind. Im März wurden einige dieser Flugzeuge eingesetzt, um Drohnen der jemenitischen Huthi-Miliz über dem Roten Meer abzufangen.
Laut dem Direktor des Zentrums für Sicherheitsstudien am französischen Institut für internationale Beziehungen (Ifri) wurden Mirages 2000-5 in den vergangenen Monaten auch zur Verteidigung des Luftraums über den baltischen Staaten eingesetzt. Die Aircom, die Luftverteidigungsbehörde der Nato, teilte im März eine Aufnahme von zwei der französischen Flugzeuge, die über dem Baltischen Meer zwei russische Maschinen des Typs Su-30M abfingen.
Check out how it looks, when 2 🇫🇷 Mirage 2000-5 intercept 2 🇷🇺 SU-30-M aircraft over the Baltic Sea yesterday
Directly after 🇫🇷 fighters were re-tasked to a new mission, where they also intercepted a 🇷🇺 AN-72 flying in international airspace North of 🇵🇱#SecuringTheSkies #NATO pic.twitter.com/wszcsdoc4U
— NATO Air Command (@NATO_AIRCOM) March 1, 2024
Die französische Luftwaffe verfügt insgesamt über rund 200 Kampfflugzeuge, davon sind weniger als 30 vom Typ Mirage 2000-5. Die Zahl der Flugzeuge, die Paris Selenski überlassen könnte, ist also sehr begrenzt.
Das letzte französische Jagdgeschwader, das noch Mirage 2000-5 einsetzt, ist das Escadron de Chasse 1/2 Cigognes, das auf dem Luftwaffenstützpunkt Luxeuil im Osten Frankreichs stationiert ist. Der Abzug von Flugzeugen aus diesem Geschwader käme jedoch der Auflösung der Einheit gleich. Eine andere von Experten diskutierte Option wäre daher, der Ukraine die Mirages 2000-5 zu überlassen, die sich derzeit im Besitz von Katar befinden. Das Land versucht seit mehreren Jahren, die Flugzeuge an Indonesien zu verkaufen. Doch im Februar verzichtete Jakarta unerwartet auf den Kauf der zwölf Maschinen im Wert von rund 700 Millionen Euro.
Ausbildung von 4500 ukrainischen Soldaten geplant
Die zukünftigen Piloten der Mirage 2000-5 sollen laut Macron in Frankreich ausgebildet werden. Schon Anfang des Jahres haben im Südwesten des Landes gut ein Dutzend Ukrainer mit einem Ausbildungsprogramm begonnen. Ursprünglich hiess es, sie sollten F-16-Kampfjets fliegen und von den Franzosen eine Grundausbildung erhalten. Die geplante Lieferung der Mirage-Flugzeuge könnte das nun ändern.
Macron hat am Donnerstag darüber hinaus angekündigt, weiteren 4500 ukrainischen Soldaten Ausbildung und Ausrüstung zukommen zu lassen. Er präzisierte dabei nicht, ob diese Ausbildung im Rahmen bestehender Programme in Frankreich und Polen stattfinden solle oder ob es sich um ein gänzlich neues Projekt handelt. Seit Beginn des Krieges sind bereits rund 10 000 Ukrainer von Frankreich ausgebildet worden.
Vergangene Woche wurde bekannt, dass Frankreich eine Koalition von Ländern bilden will, die Ausbilder auf ukrainisches Staatsgebiet entsenden würden. Nähere Details wurden bisher nicht kommuniziert. Am Donnerstagabend sagte Macron lediglich, man arbeite mit den Partnern zusammen und werde ein solches Projekt nicht ausschliessen.
Nach seinem Auftritt in der Nationalversammlung besuchte Selenski am Freitag das Hauptquartier der französischen Streitkräfte in Paris und nahm dort Militärausrüstung in Augenschein. In Anwesenheit des ukrainischen Präsidenten gab der deutsch-französische Rüstungskonzern KNDS die Gründung einer Tochtergesellschaft in der Ukraine bekannt.