Wegen Missachtung des Kongresses muss der Berater des republikanischen Präsidentschaftskandidaten ausgerechnet in der heissen Phase des Wahlkampfs ins Gefängnis. Dies entschied am Donnerstag ein Bundesrichter in Washington.
Es wird eng für Steve Bannon. Der einflussreiche Politstratege, ein langjähriger Weggefährte von Donald Trump, muss am 1. Juli eine mehrmonatige Gefängnisstrafe antreten. Dies hat am Donnerstag ein Bundesrichter in Washington entschieden. Nach einer zwei Stunden dauernden Anhörung sagte Bundesrichter Carl Nichols sinngemäss: Bannon habe fast alle Rechtsmittel ausgeschöpft, und die Chance, dass er seine Verurteilung «noch umkehren» könne, sei gering.
Bannon war im Oktober 2022 zu vier Monaten Gefängnis verurteilt worden, weil er eine offizielle Vorladung des Kongresses ignoriert hatte. Er hatte sich geweigert, dem Untersuchungsausschuss, der die Hintergründe des Sturms auf das Capitol am 6. Januar 2021 untersuchte, Auskunft zu geben. Auch hielt Bannon schriftliche Dokumente zurück, die das Gremium des Repräsentantenhauses von ihm verlangt hatte.
Letzte Hoffnung Supreme Court
Nach seiner Verurteilung räumte Richter Nichols dem heute 70-Jährigen Zeit dafür ein, dieses Urteil anzufechten. Im Mai 2024 lehnte ein Berufungsgericht aber die rechtlichen Argumente ab, die Bannon vorgebracht hatte. So sahen die drei Berufungsrichter in der Verurteilung Bannons einstimmig keine Verletzung des Prinzips der Gewaltenteilung. Bannon und sein Anwalt hatten behauptet, der ehemalige Präsident Trump habe es ihm untersagt, vor dem Untersuchungsausschuss auszusagen.
Nichols sagte deshalb am Donnerstag, dass nun alle relevanten Fragen geklärt seien. Bannon steht es aber frei, weiter den Rechtsweg zu beschreiten. Nichols war 2018 vom damaligen Präsidenten Trump zum Bundesrichter berufen worden. In einem ähnlich gelagerten Fall, der den Trump-Berater Peter Navarro betraf, verzichtete der Supreme Court aber im März auf eine Intervention. Navarro, im Weissen Haus einst für Wirtschaftspolitik zuständig, sitzt deshalb noch bis Mitte Juli in einem Gefängnis in Miami.
Bannon ist die «wesentliche Stimme» der Maga-Bewegung
Bannon wiederum gab sich nach der Gerichtssitzung kämpferisch. Er sagte, das Verfahren gegen ihn habe nur ein Ziel verfolgt: «Sie wollen die Maga-Bewegung zum Verstummen bringen.» Maga oder «Make America Great Again» lautet der Schlachtruf der fanatischen Anhängerinnen und Anhänger von Trump.
20240606 WASHINGTON
After Being Sentenced to Four Months Imprisonment for Contempt of Congress, Steve Bannon and His Attorney David Schoen Speak Outside the Courthouse. Bannon speaks at about the 4:23 mark pic.twitter.com/K2XIhmHhe9— Robert Waloven (@comlabman) June 6, 2024
Und Bannon ist die «wesentliche Stimme» dieser Bewegung, wie der Journalist Isaac Arnsdorf in einem kürzlich erschienenen Buch schreibt. Dank seinem mehrstündigen Podcast, der von Montag bis Samstag ausgestrahlt wird, besitzt Bannon eine Plattform, die es ihm ermöglicht, ständig mit dem aktivistischen Fussvolk der Republikaner zu sprechen. Dieses Megafon nutzte der Stratege zum Beispiel, um seit der Abwahl von Trump im November 2020 viele lokale Gremien der Partei mit Anhängern der Maga-Bewegung zu unterwandern – zum grossen Verdruss vieler langjähriger Parteifunktionäre.
Sollte Bannon seine Gefängnisstrafe wirklich am 1. Juli antreten müssen, würde er fast die gesamte heisse Phase des Präsidentschaftswahlkampfes verpassen. So findet Mitte Juli der Parteitag der Republikaner in Milwaukee im Gliedstaat Wisconsin statt. Dort soll Trump erneut zum Präsidentschaftskandidaten der Rechtspartei nominiert werden.
Bannon gilt als enger Berater Trumps, obwohl sich die beiden fast nie gemeinsam in der Öffentlichkeit zeigen. Im Jahr 2020 soll er den damaligen Präsidenten unterstützt haben, als dieser mit illegalen Mitteln versuchte, seine Niederlage an der Wahlurne abzuwenden. Am Tag vor dem 6. Januar 2021 sagte Bannon seinen Zuhörerinnen und Zuhörern, dass «morgen die Hölle losbrechen» werde.