Die Debatte um die Asylpolitik in Deutschland spitzt sich nach der Messerattacke in Bayern zu. Mit einem Offenen Brief fordert die AfD-Chefin den CDU-Vorsitzenden zu gemeinsamen Entscheidungen auf.
Nach der Gewalttat in Aschaffenburg hat der CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz eine deutliche Verschärfung der Asylpolitik angekündigt. Bei einer Pressekonferenz erklärte Merz, er werde «am ersten Tag» seiner Amtszeit das Bundesinnenministerium anweisen, sämtliche deutschen Aussengrenzen dauerhaft zu kontrollieren. Ziel sei es, ein «faktisches Einreiseverbot» für illegal eingewanderte Migranten durchzusetzen.
«Mir ist es völlig gleichgültig, wer diesen Weg politisch mitgeht», betonte Merz am Donnerstagvormittag in einer Pressekonferenz. Die AfD-Vorsitzende und Kanzlerkandidatin Alice Weidel reagierte noch am selben Abend mit einem offenen Brief, der der NZZ vorliegt.
In ihrem Schreiben appelliert die AfD-Kanzlerkandidatin Weidel an Merz: «Lassen Sie uns ohne weiteres Zögern die erforderlichen Beschlüsse fassen, um in die Tat umzusetzen, was die Bürger jetzt mit Recht von der Politik erwarten.» Die kommende Sitzungswoche des Bundestags sei eine «Gelegenheit, die nicht ungenutzt verstreichen darf», so Weidel weiter. Sie betont, dass die notwendigen Mehrheiten für ein gemeinsames Vorgehen vorhanden seien.
Weidel bietet CDU Zusammenarbeit an
Weidel schlägt in ihrem Brief auch konkrete Massnahmen vor: strenge und lückenlose Grenzkontrollen, die «ausnahmslose» Zurückweisung illegaler Migranten, eine Steigerung der Abschiebungen und Rückführungen «in Verantwortung des Bundes» sowie zusätzliche Kompetenzen für die Bundespolizei und die Einrichtung eines verpflichtenden Abschiebegewahrsams. Weidels Angebot ist nah an dem Fünf-Punkte-Plan von Friedrich Merz, mit dem dieser die irreguläre Migration eindämmen will.
Die kommende Sitzungswoche im Deutschen Bundestag biete dafür «eine Gelegenheit, die nicht ungenutzt verstreichen darf», so Weidel in dem Schreiben. Die Mehrheiten für ein gemeinsames Vorgehen seien vorhanden.
Merz wiederum kündigte an, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion werde in der kommenden Woche einen Antrag einbringen, der der Bundespolizei das Recht erteilt, Haftbefehle gegen illegale Einreisende zu vollstrecken.
Bisher galt eine Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler, landes- und bundespolitischer Ebene für die CDU/CSU als Tabu. Seit der Gründung der AfD im Jahr 2013 hält die Union konsequent Abstand. Auch Friedrich Merz hatte zuletzt jegliche Zusammenarbeit mit der Partei kategorisch ausgeschlossen. Wie die Union sich verhält, wenn sie eine notwendige Mehrheit mit der AfD erreicht, ist fraglich.
Im November vergangenen Jahres zog die Union den Entwurf für das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz zurück, um eine gemeinsame Abstimmung mit der AfD und dem BSW zu vermeiden. Das Gesetz war darauf ausgelegt, die illegale Migration nach Deutschland stärker einzudämmen.
TV-Duell zwischen Merz und Weidel?
Für ein «koordinierendes Gespräch» stünden die AfD-Fraktion und sie selbst für Merz «jederzeit zur Verfügung», schreibt Weidel in ihrem Brief. Die CDU möchte sich zu dem Schreiben gegenüber der NZZ nicht äussern. Man wolle den Brief noch besprechen, hiess es aus dem Bundesvorstand.
Die AfD-Co-Vorsitzende nahm ausserdem Bezug auf den Vorschlag von Merz, ein TV-Duell auszutragen. Der CDU-Chef hatte in einem Gespräch mit der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» erklärt: «Ich gehe der Diskussion mit dieser Frau nicht aus dem Weg.»
Für Weidel scheint dies bereits beschlossene Sache zu sein. Sie schliesst ihren Brief mit der Bemerkung, dass sie dem «TV-Gespräch über die drängenden politischen Fragen unserer Zeit» schon jetzt erwartungsvoll entgegensehe.