Indonesien dementiert, dass es die Stationierung russischer Militärflugzeuge auf seinem Territorium zulassen wolle. Doch Jakarta arbeitet im militärischen Bereich eng mit Moskau zusammen.
Australien ist im Wahlkampf – am 3. Mai ist der Urnengang. Und da sorgt eine Nachricht des Magazins «Janes», das auf militärische Fragen spezialisiert ist, für Aufregung: Russland, so berichtete «Janes» Anfang Woche, habe Indonesien angefragt, ob es auf der Luftwaffenbasis Manuhua in der Provinz Papua eigene Flugzeuge stationieren dürfe.
Besonders aufhorchen lassen die Flugzeugtypen, die Moskau angeblich dorthin bringen will. Es soll sich um Iljuschin Il-76 handeln, schwere Transportflugzeuge. Und um Tupolew Tu-95. Diese gibt es in verschiedenen Versionen, sowohl als Langstreckenbomber als auch als Seeaufklärungs- und Jagdflugzeuge, die U-Boote bekämpfen.
Australiens Norden ist strategisch wichtig
Ein Tupolew-Langstreckenbomber kann Distanzen von deutlich mehr als 10 000 Kilometer zurücklegen. Von der erwähnten Luftwaffenbasis in Indonesien sind es aber nur 1200 Kilometer an die Nordküste Australiens. Diese Region ist strategisch wichtig: In der Nähe von Darwin trainieren rund 2500 amerikanische Marineinfanteristen. Die Luftwaffenbasis Tindal wird ausgebaut. Künftig sollen dort amerikanische B-52-Langstreckenbomber stationiert werden.
Mit anderen Worten: Von Manuhua aus könnten die Russen die australisch-amerikanischen Aktivitäten in der Region genau im Auge behalten. Auch die Philippinen, wo die USA ihre Präsenz ausbauen, und die riesige Luftwaffenbasis Andersen auf Guam wären für die Tu-95 in Reichweite.
Indonesien will keine Allianzen eingehen
Die australische Regierung von Premierminister Anthony Albanese wurde von der Nachricht über die russischen Bemühungen überrascht. Sofort forderte sie von Jakarta Klärung. Der australische Verteidigungsminister Richard Marles sagte dem öffentlichrechtlichen Sender ABC, sein indonesischer Amtskollege habe ihm mit Deutlichkeit gesagt, dass die Berichte über eine Stationierung russischer Flugzeuge in Indonesien unwahr seien.
Ein Experte für Sicherheitsfragen in Südostasien hält das Dementi aus Jakarta für glaubwürdig. «Indonesien verfolgt seit der Unabhängigkeit eine Politik der Blockfreiheit», sagt Rahman Yaacob von der Denkfabrik Lowy Institute in Sydney. Jakarta wolle sich keiner Allianz anschliessen. Darum sei es sehr unwahrscheinlich, dass es die Stationierung fremder Truppen auf seinem Boden zuliesse.
Dass Indonesien aber militärisch auch mit Russland zusammenarbeitet, ist kein Geheimnis. So führten die Marinen der beiden Länder letzten November in der Javasee ein gemeinsames Manöver durch. Auch hat Indonesien zahlreiche russische Waffensysteme im Einsatz, etwa Suchoi-Kampfjets. Gleichzeitig trainieren die indonesischen Streitkräfte aber seit Jahren regelmässig mit den Amerikanern und den Australiern. Und die Luftwaffe hat neben den Suchoi auch amerikanische F-16-Kampfjets.
Indonesien sieht Russland als zuverlässigen Partner
Aus indonesischer Sicht ist Russland ein besonders zuverlässiger Waffenlieferant. 1999, nachdem indonesische Truppen mit Brutalität die Unabhängigkeit Osttimors zu verhindern versucht hatten, stoppten die USA und verschiedene europäische Länder Waffenexporte nach Indonesien. Moskau lieferte weiter. Darum diversifiziert Indonesien seine Waffenkäufe breit – auch wenn dies eine kompliziertere Logistik und Ausbildung der Soldaten bedeutet.
Prabowo Subianto, der seit Oktober letzten Jahres indonesischer Präsident ist, war Kommandant der indonesischen Spezialeinheiten in Osttimor. Der Verlust dieses Territoriums habe bei den Militärs seiner Generation ein Trauma hinterlassen, sagt Yaacob. So fürchteten diese, dass in Westpapua, wo es Unabhängigkeitsbestrebungen gibt, westliche Länder erneut intervenieren könnten. Jakarta sehe daher die Präsenz amerikanischer Marinen in Darwin mit einem gewissen Argwohn.
«Indonesien betrachtet Russland als vertrauenswürdigen militärischen Partner», sagt Yaacob, «wie es auch Australien als vertrauenswürdigen Partner betrachtet.» Der russische Angriff auf die Ukraine hat an Jakartas Position nichts geändert. Wenn es mit Indonesien zusammenarbeiten wolle, müsse Australien dies verstehen und respektieren, sagt Yaacob.