Das Attentat auf Donald Trump erschüttert nicht nur die USA, auch deutsche Politiker reagieren mit Entsetzen. Der den Republikanern nahestehende Strategieberater Peter Rough sieht Versäumnisse bei den Sozialdemokraten.
Herr Rough, wo in den USA sind Sie gerade, und wie ist die Stimmung?
Ich bin in Alexandria, Virginia, also einem Vorort von Washington DC, der direkt an die Bundeshauptstadt grenzt. Die Stadt wirkt relativ entspannt. Die aufgeheizte Stimmung tobt eher in den sozialen Netzwerken, wo quasi über nichts anderes spekuliert und gesprochen wird. Ich muss aber gestehen, als ich die ersten Meldungen las, dass ein Attentat auf Donald Trump verübt und er im Halsbereich getroffen wurde, lief es mir kalt den Rücken runter. Das hätte für Trump und Amerika sehr brisant ausgehen können.
Zur Person
Berater der Republikaner
Peter Rough ist Leiter der Europaabteilung am konservativ ausgerichteten Hudson Institute. Der gebürtiger Iowaner war beratend im Büro des ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush tätig und half bei dessen Memoiren «Entscheidungspunkte». Rough ist Mitglied der Task-Force für nationale Sicherheit des Friends of Ukraine Network (FOUN) und stellvertretender Vorsitzender einer Arbeitsgruppe am Ronald Reagan Institute.
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat dem amtierenden Präsidenten und Kandidaten Joe Biden stets die Unterstützung ausgesprochen, trotz dessen offensichtlicher körperlicher Schwäche.
Egal, wie es politisch in den USA steht, Deutschland hat sich neutral zu verhalten. Es ist nicht angemessen, sich für die eine oder die andere Partei einzusetzen. Meines Erachtens wäre Scholz gut beraten, sich völlig aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Insofern war das Interview am Rande des G-7-Gipfels in Apulien, wo er auf Bidens Wiederwahl gesetzt hat, ein Fehler.
Die Bilder davon, wie der verwundete Trump die Faust in die Luft streckt, werden in die Geschichtsbücher eingehen. Beobachter sehen darin einen massiven Wahlkampfvorteil. Würde ein wiedergewählter Präsident Trump den Sozialdemokraten Olaf Scholz ernst nehmen?
Ja, selbstverständlich. Immerhin ist Scholz Bundeskanzler des mächtigsten Landes Europas. Macht imponiert Trump, und Deutschland ist ein essenzieller Ansprechpartner für die USA. Ob Scholz das Kanzleramt ausfüllt und das Potenzial ausschöpft, um aktiv das deutsche Umfeld zu gestalten, ist fraglich. Aber er ist trotzdem absolut wichtig und wird als deutscher Bundeskanzler weiterhin wichtig für Washington sein.
Während Vertreter der CSU im vergangenen Jahr Floridas Gouverneur Ron DeSantis besuchten und Kontakte ins republikanische Lager unterhalten, meiden deutsche Liberale, Grüne und SPD das rechtskonservative Lager eher.
Ja, für diesen Besuch wurden Vertreter der CSU scharf kritisiert. Rückblickend war die Kritik purer Unsinn. Die deutsche Politik macht es etwas besser als 2016, als man wirklich völlig unvorbereitet den Wahlsieg von Donald Trump hat zur Kenntnis nehmen müssen. Aber trotzdem spürt man in Washington, dass das deutsche Establishment ideologisch etwas näher bei den Demokraten ist und dass Berlin die Demokratische Partei als Kooperationspartner bevorzugt. Doch auch die Beziehungen zu den Republikanern sind wichtig. Die Vorbereitungsarbeit muss intensiviert werden.
Scholz nannte den Anschlag «verabscheuungswürdig» und hat Trump eine schnelle Genesung gewünscht. Was sagen die Reaktionen über die gegenwärtige Stimmung in Deutschland aus?
Ja, die politischen Statements waren okay. Aber es hat nicht lange gedauert, bis deutsche Medien und Kommentatoren vom Attentat absahen und eher bedauerten, dass Trump kaum mehr zu stoppen scheint. Die deutschen Medien sehen sich verbunden mit Zeitungen wie der «New York Times» oder der «Washington Post» oder Zeitschriften wie «The New Yorker» oder «The Atlantic». Und diese Medien sind einfach durchdrungen von einer Trump-Feindlichkeit. Das spürt man dann entsprechend in der deutschen Berichterstattung.
Welche Auswirkungen wird das Attentat auf die transatlantischen Beziehungen haben?
Die grösste Auswirkung ist natürlich, dass Biden politisch geschwächt ist. Gegenspieler wie zum Beispiel Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, der jetzt nach Washington reist, können Biden in Verhandlungen nicht mehr wirklich unter Druck setzen. Kurzfristig wird sich das auch in der amerikanischen Aussenpolitik zeigen. Mittelfristig ist der grösste Effekt, dass Trump eher die Wahlen gewinnen könnte – darauf sollte sich Deutschland vorbereiten.








