Logistik- und Importzentrum der Emil Frey AG in Safenwil im Kanton Aargau, zu Beginn der achtziger Jahre. / Keystone
Begegnung mit einem, der immer noch weiss, wie man provoziert.
Der Patron empfängt im grossen Sitzungszimmer im dritten Stock: Ledersessel, ein langer Holztisch, getäferte Decke, die Büste des Vaters im Hintergrund. Der Raum am Hauptsitz in Zürich Altstetten atmet Geschichte. Die Emil Frey AG blickt auf eine lange Tradition zurück. Dieser Tage feiert das Unternehmen sein 100-jähriges Bestehen.
In dieser Zeit gab es nur zwei Inhaber: Emil Frey und seinen Sohn Walter, der die Geschäftsleitung 1969 übernahm und noch immer alleiniger Aktionär und Präsident des Verwaltungsrats ist. Unter seiner Führung hat sich das Familienunternehmen zu einem der grössten Autohändler Europas entwickelt.
Walter Frey war vieles in seinem Leben: Rennfahrer, Autoverkäufer, Präsident der SVP der Stadt Zürich, Nationalrat, SVP-Fraktionschef im Bundeshaus, Financier und Sportförderer. Ohne ihn würde es die ZSC Lions nicht geben und wohl auch kein reines Eishockeystadion in der Stadt. Doch die Firma komme für ihn immer zuerst, sagt der Verwaltungsratspräsident.
Frey spricht nur noch selten mit den Medien. Hier macht der 81-Jährige eine Ausnahme.
Herr Frey, wie viel Emil Frey steckt in Ihnen?
Über 50 Prozent. Ich habe immer versucht, die Firma in seinem Sinn weiterzuführen.
Was hat er Ihnen mitgegeben in Ihrer Kindheit, in Ihrer Jugend – als Geschäftsmann?
Ich durfte in den Ferien ab und zu mithelfen in der Firma. Da konnte ich ihn beobachten. Mein Vater war sehr genau. Er kaufte die Ware sorgfältig ein, die er in seinen Autos verbaute. Er suchte immer den wirtschaftlichen Vorteil für den Kunden, eine günstige Lösung in guter Qualität. Das hat mich ziemlich geprägt.
Sie haben selber als Autoverkäufer angefangen in der Firma. Passte das zu Ihnen?
Ja. Ich konnte ein Auto verkaufen, das ich selber sehr gerne gefahren bin damals, einen Mini Cooper S. Das war modernste Technologie: Quermotor, Frontantrieb – mit diesem Auto betrieb ich auch Rennsport. Das half mir. Und ich konnte auch anderen Leuten in der Firma zuschauen. Einer unserer Verkäufer war ein echter British Gentleman. Der sagte mir: «Sie müssen den Leuten nicht zeigen, wie gut Sie Auto fahren können. Sie müssen den Kunden zeigen, wie gut sie mit dem Auto zurechtkommen werden, das Sie ihnen verkaufen wollen.»
Was unterscheidet einen guten von einem schlechten Autoverkäufer?
Da gibt es eine einfache Antwort: Der gute verkauft viel, und der schlechte verkauft wenig.
Sie waren 26, als Ihnen Ihr Vater die Geschäftsleitung der Firma übertragen hatte. Patrons, die sich ein bisschen zurückziehen, aber immer noch mitmischen im Familienunternehmen, können für ihre Nachfolger eine Belastung sein. Wie war das bei Ihnen?
Das war völlig harmonisch. Mein Vater hat mich machen lassen. Er hatte seine Verantwortung wirklich abgegeben. Aber er stand mir beratend zur Seite. Wir sind bis zu seinem Tod 1995 nie aneinandergeraten. Es ging immer ums Geschäft. Alles andere war zweitrangig.
Sie wollten nichts anders machen als er?
Von der Philosophie her nicht. Ich habe in den Akten damals einen Brief meines Vaters an seine Kunden gefunden, datiert von 1935, unterschrieben mit «Emil Frey, Mechaniker». Dieses Schreiben habe ich zur Verfassung unserer Firma gemacht. Den muss jeder Mitarbeiter unterschreiben, der bei uns zu arbeiten beginnt. Auch im Ausland.
In dem Schreiben verspricht Ihr Vater, seinen Kunden «nur wirkliche Qualitätsware zu bescheidenen Preisen» zu verkaufen. Sind diese Grundsätze heute noch praktikabel – in einem hart umkämpften Geschäft im Hochpreisland Schweiz?
Ja, das sind sie. Wir müssen uns immer wieder bemühen, günstig gute Ware einzukaufen, um unsere Kunden zufriedenzustellen. Das gelingt manchmal besser, manchmal weniger gut. Manchmal kommen uns die Devisenkurse entgegen, manchmal werden unsere Autos teurer deswegen. Zinsen, Lieferketten, all das spielt eine Rolle. Und natürlich haben wir auch Fehler gemacht. Zum Beispiel hatten wir einmal Fahrzeuge eines Startups eingeführt, obwohl wir uns eigentlich auf Produkte bekannter Marken konzentrieren wollen. Und dann ist diese Firma hopsgegangen. Manchmal muss man es trotzdem versuchen.
Aber wenn man bei Ihnen einen Mercedes oder einen Bentley kauft, zahlt man entsprechend.
Ja, klar. Alles ist relativ. Das sind Premium-Marken. Die haben ihr Image so aufgebaut.
Sie können auf hundert Jahre Firmengeschichte zurückblicken. Was war die schwierigste Phase in dieser langen Zeit?
Der Zweite Weltkrieg. Wir konnten keine Autos verkaufen, weil es kein Benzin mehr gab. Also haben wir Fahrräder und Heizschlangen auf Rädern hergestellt. Die Firma überlebte, obwohl mein Vater 800 Aktivdiensttage geleistet hat. Nach dem Krieg hatten wir Glück. Die britische Industrie hatte überlebt, in Deutschland, Frankreich und Italien waren die Fabriken zerbombt. Dank unseren britischen Marken Austin und Jaguar hatten wir zwei, drei gute Jahre. In den fünfziger Jahren ging es weniger gut, da die Autoindustrie in den Nachbarländern wieder funktionierte und wir mit unseren Vorkriegsmodellen nicht mithalten konnten.
Danach expandierte das Unternehmen. Sie waren der erste Generalvertreter von Toyota in der Schweiz.
Ja, die 1960er Jahre waren eine wichtige, aber auch eine wirre Zeit. Unsere britischen Partner wollten den Vertrag mit uns künden. Eine japanische Marke neben Jaguar: Das gehe nicht, sagten sie. Wir haben es über eine Tochtergesellschaft dann doch gemacht.
Was hat Sie überzeugt an japanischen Autos damals?
Qualität, Preiswürdigkeit, Zuverlässigkeit. Freihandel ist wichtig, auch zwischen der Schweiz und Japan. Dafür stehe ich ein.
Dennoch haben Sie sich 1992 gemeinsam mit Ihrem Parteifreund Christoph Blocher gegen einen Beitritt der Schweiz zum EWR starkgemacht. Warum? Schliesslich verkaufen Sie auch deutsche, französische und italienische Autos.
Wir verkaufen diese Fahrzeuge. Doch importiert wurden sie dannzumal von den Herstellern in den Nachbarländern. Gegen den EWR sprachen die gleichen Gründe wie gegen das letzte Rahmenabkommen mit der EU. Die Schweiz muss ihre Unabhängigkeit behalten, und das Volk darf nicht in seinen demokratischen Rechten beschnitten werden. Politisch hat das Nein zum EWR dann zum Bruch mit der FDP geführt. Das war sehr schade, denn langfristig kann man bürgerliche Politik nur zusammen machen.
Heute möchten Sie auch chinesische Autos verkaufen. Die EU hingegen will E-Fahrzeuge aus China mit Strafzöllen belegen, da Peking die eigenen Hersteller stark subventioniere. Werden Sie trotzdem an Ihren Plänen festhalten?
Ja. Ich bin für einen offenen Markt. Da gehören auch die chinesischen Autos dazu. E-Autos aus China haben derzeit einen kleinen Vorsprung. Die USA und Europa haben grosse Vorbehalte gegenüber der neuen Konkurrenz und wollen diese deshalb mit Zöllen verteuern. Wir sind ein Handels- und Dienstleistungsunternehmen. Ich finde: Neue Produkte sollen dem Kunden zugutekommen. In Deutschland haben wir nun einen Versuch gestartet mit dem chinesischen Hersteller Great Wall und seinen beiden Marken Ora und Wey. Das funktioniert gar nicht so schlecht.
Sind E-Autos wirklich die Zukunft?
Wenn es nach der Politik geht, sind Elektrofahrzeuge fast die einzige Zukunft, weil wir drauf und dran sind, nicht mehr technologieoffen zu sein. Ich möchte, dass wir technologieoffen bleiben. Nichts gegen Elektroautos. Wenn jemand ein E-Auto haben will, soll er ein E-Auto kaufen. Aber der Enthusiasmus hat etwas nachgelassen, weil wir noch nicht wirklich über ein ausgebautes Netz an Ladestationen verfügen.
Elektroautos stossen kein CO2 aus.
Das nicht. Aber in Deutschland wird Strom mit Braunkohle hergestellt. Das ist schlimmer als der Dieselmotor. Und es gibt keine staatliche Unterstützung mehr für Käufer von E-Autos. Das waren 8000 Euro pro Fahrzeug. All das verunsichert die Kunden. Das ist schade, denn es gibt gute Elektroautos auf dem Markt.
Wie viele E-Autos verkaufen Sie in der Schweiz?
Etwa zehn Prozent, verglichen mit Benzinern und Dieselbetriebenen. Wir waren die ersten im grünen Verkauf, dank den Hybridmodellen von Toyota.
Ist das Auto schuld am Klimawandel?
Diese Diskussion ist aus dem Ruder gelaufen. In den achtziger Jahren wurde das Auto für das Waldsterben verantwortlich gemacht, heute für den Klimawandel. Natürlich tragen Verbrennermotoren zum Klimawandel bei. Die Politik will den CO2-Ausstoss senken. Ich finde auch, dass wir das tun sollten. Aber das Auto zum alleinigen Feindbild zu erklären, halte ich für falsch.
Wir sind mit dem Tram zum Hauptsitz Ihrer Firma nach Altstetten gefahren – wie von Ihnen empfohlen. Braucht man noch ein Auto in der Stadt Zürich?
Sie können alles mit Tram und Bus machen. Oder zu Fuss oder mit dem Velo. Aber fahren Sie Ihre Frau mit dem Velo ins Spital zum Gebären? Das Auto offeriert eine Freiheit, die man nicht beschneiden sollte. Bei beengten Verkehrsverhältnissen besteht immer eine Spannung, das ist auch in anderen Städten so. Aber Zürich geht zu hart gegen den Autoverkehr vor.
Führen weniger Parkplätze, Temporeduktionen und ein autofreier Hauptbahnhof zu weniger Autos auf den Strassen?
Nein, man sieht ja, dass das nicht funktioniert. 30er-Zonen führen nicht zu weniger, sondern eher zu mehr CO2. Elektroautos machen weniger Lärm, also kann der Lärm per se auch kein Argument gegen das Auto sein. Autobahnen werden bekämpft, weil sie den Verkehr anziehen – dabei sollen sie doch den Verkehr anziehen und Staus in anderen Gebieten verhindern. Es ist zu einem Politikum geworden.
Fahren Sie mit dem Auto ins Büro?
Ja, von Küsnacht durch die Stadt.
Geht das gut?
Nicht besonders. Für 10 Kilometer brauche ich ungefähr 45 Minuten. Ich könnte es mir schneller vorstellen.
Sie haben einmal gesagt: «Verkehrspolitik ist wichtig – gerade in den Städten. Verkehrspolitik ist stets auch Wirtschaftspolitik.» Macht Zürich eine gute Wirtschaftspolitik?
Die Finanzen stimmen, die Stadt macht einen Gewinn. Daher ist es schwer, das Gegenteil zu behaupten. Aber wenn man den Autoverkehr abwürgt, macht man aus meiner Sicht keine gute Politik. Sicher, das trifft nicht alle. Aber für diejenigen, die’s trifft, ist es nicht gut.
Ist die Schlacht ums Auto in Zürich nicht bereits verloren?
Eine Schlacht ist erst verloren, wenn man aufhört zu kämpfen. Ich werde mich weiter einsetzen für einen vernünftigen Autoverkehr in der Stadt. Auch wenn es schwierig ist unter diesen politischen Voraussetzungen.
Wäre das anders, wenn die SVP im Stadtrat vertreten wäre?
Es wäre graduell anders. Aber die Verkehrsprobleme in Zürich würden bleiben.
Sie sind Unternehmer. Warum gingen Sie in die Politik damals?
Ich bin in sehr jungen Jahren öfters von Parlamentskommissionen nach Bern eingeladen worden. Ich galt als Autoexperte. Die Kenntnisse der Parlamentarier in Verkehrsfragen waren nicht sehr ausgeprägt. Da habe ich mir gesagt: Jetzt musst du nicht die Faust unter dem Tischtuch in der «Kronenhalle» machen. Jetzt musst du dich engagieren. Dann trat ich in die SVP ein und versuchte das. Ich dachte mir: Hier kann ich mehr bewirken als in der FDP, der Partei des Establishments, die vor allem an der Macht bleiben wollte.
Sie selber zählten nicht zum Establishment?
Nein. Ich war jung. Ich wollte etwas bewegen. Die Stadtzürcher SVP der 1980er Jahre war eine Kummerbubenpartei mit 5 bis 6 Prozent Wähleranteil. Dann legten wir zu auf knapp 20 Prozent.
Es war die «goldene» Zeit der SVP, als die Partei in Zürich und national zur dominierenden bürgerlichen Kraft wurde.
Wir haben knallharte Opposition gemacht. Das hat es gebraucht. In den achtziger und neunziger Jahren war die Stadt Zürich in einer schwierigen Lage. Wir hatten die Jugendunruhen, das Establishment hatte das Drogenelend, die Ausländer- und Sicherheitsproblematik vor sich hergeschoben. Daher wuchsen wir so schnell.
Heute ist das anders. Die Stadtpartei ist seit Jahren im Sinkflug. Bei den letzten Wahlen erreichte sie 11,5 Prozent. Warum? Verkehrspolitik, Ausländerpolitik, Wohnpolitik, Vandalismus, Gewalt auf offener Strasse: Themen gäbe es in Zürich doch genug?
Ja, zumal die alten Probleme nicht verschwunden sind. Das Drogenproblem ist nicht gelöst, man hat es einfach unter den Tisch gewischt. Es ist immer eine Frage der Mittel, der Personen und der Themen, die Sie als Partei bewirtschaften.
Camille Lothe, die einstige Hoffnungsträgerin der städtischen SVP, hat die Parteileitung im Frühling nach knapp zwei Jahren bereits wieder abgegeben. Hat die heutige Generation weniger Durchhaltevermögen als Ihre?
Nein. Man sollte den Rückgang des Wähleranteils nicht an einzelnen Personen festmachen.
Frau Lothe hat bei ihrem Rücktritt gesagt, dass ihr das Amt als SVP-Präsidentin geschadet habe, zum Beispiel bei der Stellensuche. Haben Sie Ähnliches erlebt?
Natürlich. Wenn man sich exponiert, muss man damit rechnen, dass man auch einmal etwas abbekommt.
In den ersten Jahren nach der Übernahme des ZSC durch GC wurden Sie im Hallenstadion gnadenlos ausgepfiffen.
Auch damit war zu rechnen. Stellen Sie sich vor, GC würde im Fussball mit dem FCZ fusionieren . . . Einmal bin ich mit meinem Sohn an einem Match hinauf in den dritten Rang, da, wo die Fans geraucht haben. Einer fragte mich: «Was machst du hier?!» Darauf ich: «Ich wollte schauen, wie es bei euch so geht.» Darauf er: «Willst du ein Bier?» Danach war Ruhe. Erst recht, als die ZSC Lions Meister wurden. Ich will ein Präsident sein, der niemanden ausgrenzt.
Hätten Sie mehr Autos verkauft, wenn Sie nicht in die Politik gegangen wären?
Vielleicht. Aber vielleicht habe ich auch ein paar verkauft, weil ich SVP-Politiker war.
In Ihrer Zeit als Präsident der städtischen SVP waren Sie nicht zimperlich. In Erinnerung bleibt etwa das Messerstecher-Inserat von 1993. Passt dieser ruppige Stil zu Ihnen?
Der Stil wurde erst zum schlechten Stil erkoren, als ihn die SVP verwendet hatte. Zuvor bedienten sich linke und andere Parteien ähnlicher Slogans und Plakate – mit Stiefeln, Hammer und Sichel und so weiter. Hinter dem Messerstecher-Inserat stehe ich bis heute. Das war meine Verantwortung, nicht die von Christoph Blocher. Wir haben das Kind beim Namen genannt: die zunehmende Kriminalität. Nur der Zeitpunkt der Veröffentlichung war pietätlos, wenige Tage nach dem Mord an Pasquale Brumann in Zollikerberg. Wir hatten das Inserat aber bereits vor dieser schrecklichen Tat in Auftrag gegeben und dann nicht mehr zurückgezogen.
Sind Sie einmal zu weit gegangen?
In der Sache nicht. Einmal wurde ich wegen eines Plakats wegen Rassismus angezeigt. Es ging um ein Mittagstischangebot für Kosovo-Albaner, gegen das wir das Referendum ergriffen hatten. «Kosovo-Albaner Nein» war gross zu lesen. Die Volksabstimmung gewannen wir.
Warum diese Zuspitzung und diese Provokationen?
Wenn grässliche Dinge geschehen, dann darf man das nicht beschönigen. In den neunziger Jahren gab es im Sicherheitsbereich eine Laisser-faire-Haltung. Aber auch heute lese ich wieder von zunehmenden Gewalttaten mit Messern. Vielleicht ist es Zeit für ein neues Messerstecher-Inserat.
Wie erlebten Sie die Zusammenarbeit mit der anderen grossen SVP-Figur, mit Christoph Blocher, zu jener Zeit? Er präsidierte die Kantonalpartei, Sie die Stadtsektion.
Wir kämpften für die gleiche Sache, ergänzten uns gut. Christoph stand stärker in der Öffentlichkeit. Ich versuchte, unsere Leute in den Kreisparteien in den Vordergrund zu bringen. Zum Beispiel Mauro Tuena, er war damals Präsident der Jungen SVP. Ich selber wollte nie Karriere machen in der Politik.
Warum haben Sie es dennoch getan? Immerhin waren Sie Nationalrat, SVP-Fraktionschef in Bern und Präsident der Finanz- und der Aussenpolitischen Kommission.
Ich hatte das Gefühl, es sei meine Aufgabe. Aber mein Geschäft wollte ich nie aufgeben.
Sie waren jahrelang einer der grössten Geldgeber der Partei. Was ist, wenn Sie und Christoph Blocher einst nicht mehr da sind?
Die SVP wird sicher vorsorgen. Die Partei wird heute breiter unterstützt als früher. Die Führung und das Programm stimmen. Das ist das Wichtigste.
Wissen Sie, wie viel Geld Sie der Partei insgesamt überwiesen haben?
Nein, und es spielt auch keine Rolle.
Sie sind auch Medienunternehmer. Ihnen gehört der Verlag, der die Lokalinfo-Blätter herausgibt. Kürzlich haben Sie sich jedoch von den Stadtzürcher Ausgaben getrennt und diese Ihrem Parteikollegen Christoph Blocher verkauft. Wieso?
Die Zeitungen waren nicht mehr zu halten. Die Einnahmen gingen zurück, die Inserate haben stark abgenommen. Guter Lokaljournalismus kostet ordentlich Geld. Christoph Blocher besitzt mit dem «Tagblatt der Stadt Zürich» einen direkten Konkurrenten mit der gleichen Philosophie, es gab viele Überschneidungen. Es ergab Sinn, ihm unsere Stadtzürcher Titel abzutreten. Aber die anderen Titel haben wir behalten.
Und so bleibt es auch?
Ja. Auch in den Regionen und Quartieren braucht es seriösen Journalismus, nicht nur Social Media.
Aber auch keine Parteizeitungen.
Wir machen mit Lokalinfo keinen Parteijournalismus. Wir verstehen uns als Forumszeitungen, in denen alle Meinungen und Stimmen Platz haben. Es soll einfach nicht so einseitig sein wie andere Titel, also nicht noch eine Zeitung mit rot-grüner Schlagseite. Als politisches Mittel habe ich die Zeitungen nie verstanden, aber auch nicht als Wohltätigkeitsprojekt. Sie sollten stets auf eigenen Füssen stehen und rentieren.
Sie haben einmal gesagt: «Je älter man wird, desto weniger muss man reden . . .»
Ich strafe mich selber gerade Lügen.
Sie sind 81 Jahre alt. Was haben Sie Ihren Kindern zu sagen – als Patron?
Ich sage ihnen nicht viel. Druck ausüben bringt gar nichts, sie müssen ihre eigenen Erfahrungen machen. Meine Tochter und mein Sohn sind beide in der Geschäftsleitung der Firma. Sie kümmert sich um das Personalwesen, er um Gruppenprojekte, um die Rennabteilung und die Classic Cars. Bald werden sie selbst Aktionäre, vielleicht schon früher als gedacht. Ich habe mich in den Verwaltungsrat zurückgezogen und versuche, mich an den Sitzungen zurückzuhalten.
Gelingt Ihnen das?
Ich finde, ich mache das ganz gut, ja.
Bismarck sagte: Die erste Generation schafft Vermögen, die zweite verwaltet Vermögen, die dritte studiert Kunstgeschichte. Haben Sie Sorge um Ihr Vermächtnis?
Nein, meine Kinder sind sich der Herausforderungen der Zukunft bewusst. Unsere Branche ist im Wandel, war es immer. Diese Entwicklungen darf man nicht verschlafen, und das tun wir auch nicht. Meine Tochter und mein Sohn teilen sich seit einiger Zeit ein Büro. So entwickeln sie ein gemeinsames Verständnis, ein Gefühl füreinander. Es ist übrigens dasselbe Büro, in dem schon mein Vater tätig war. Nach seinem Tod stand es jahrelang leer. Nun ist es die ideale Umgebung für die Zukunft der Emil Frey AG.
Widerspricht Ihnen Ihr CEO Gerhard Schürmann manchmal, der nicht zur Familie gehört?
Selbstverständlich. Natürlich begründen die Kollegen ihren Standpunkt, wenn sie etwas anders sehen.
Kommt das vor?
Ja, immer wieder. Kürzlich ärgerte ich mich über ein inhaltsloses Inserat. Wir können doch nicht einfach ein stylishes Auto zeigen mit viel Weissraum rundherum. Da können Sie das Geld direkt aus dem Fenster werfen. Der Kunde braucht Informationen, einen Kaufanreiz: So viele Kilometer fahren Sie mit diesem Elektroauto! So schnell beschleunigt es! In der Werbung braucht es Haken, an dem die Leute anbeissen. Na ja. Das Inserat sei ein Sonderangebot gewesen, hiess es.
Gehen Sie jeden Tag ins Büro?
Ja.
Abschalten und geniessen ist nichts für Sie?
Doch, ich kann gut abschalten. Obwohl mir die Arbeit guttut.
Setzen Sie sich heute noch in ein Rennauto?
Nein, um Himmels willen! Das ist für die Jungen. Aber manchmal juckt es mich schon. Herr, du hast mir das Können genommen, nimm mir auch das Wollen . . . Wenn mein Sohn durch die Kurven driftet, gehe ich gedanklich mit an der Strecke. Das verliert man nie. Wir nutzen unsere Rennabteilung auch, um neue Technologien zu entwickeln, gerade im Bereich der Elektronik. Es geht nicht nur um Spass und Wettbewerb.
Was ist das Schöne am schnellen Autofahren?
Es ist das Gefühl, gerade noch die Kontrolle zu haben. Das ist schwierig nachzuvollziehen. Wenn Sie perfekt driften, also kontrolliert durch die Kurve schleudern, ist das etwas Einzigartiges. Da geht es um Hundertstelsekunden, kleinste Details machen einen grossen Unterschied. Wie schnell komme ich aus der Kurve? Wie sehr kann ich beschleunigen auf der Geraden? Wie weit kann ich gehen? Das hat mich immer fasziniert.