In Gabon ist der Putschführer zum Präsidenten gewählt worden. Er verfolgt auch gegenüber Frankreich einen anderen Kurs als andere afrikanische Juntachefs.
In Afrika hat ein weiterer Militär die Uniform gegen den Anzug eingetauscht und sich zum Präsidenten wählen lassen: Im zentralafrikanischen Gabon ist der Brigadegeneral Brice Clotaire Oligui Nguema vor Wochenfrist mit mehr als 90 Prozent der Stimmen gewählt worden.
2024 hatte bereits Tschad einen Putschführer zum Präsidenten gewählt. Auch andere Putschführer machen Anstalten, sich zum Präsidenten wählen zu lassen.
Gabons neuer Präsident hatte im August 2023 gegen den damaligen Präsidenten Ali Bongo geputscht und das Land seither geführt. Der Staatsstreich war der achte, der zwischen 2020 und 2023 in West- und Zentralafrika verübt wurde. Bongo und sein Vater Omar Bongo hatten das erdölreiche Land am Golf von Guinea zusammen mehr als fünfzig Jahre lang autoritär regiert, auch wenn sie das Volk formal immer wieder abstimmen liessen. Die Familiendynastie hatte sich auch mit der Hilfe Frankreichs an der Macht gehalten. Sie hatte sich in den Jahren an der Spitze des Staates massiv bereichert, während die Mehrheit der nur knapp 2,5 Millionen Einwohner bis heute in Armut lebt – trotz dem Rohstoffreichtum des Landes.
Die jetzige Präsidentenwahl fand vier Monate vor dem Ende einer von den Militärs erklärten Übergangsphase unter ihrer Führung statt. Zur Wahl standen acht Kandidaten. Beobachter und Oppositionelle sagen, die Wahlbedingungen hätten Oligui Nguema stark bevorteilt.
Bevölkerung begrüsste den Putsch
Oligui Nguema und seine Übergangsregierung waren nach dem Putsch in der Hauptstadt mit Jubel begrüsst worden, die Bevölkerung war der kleptokratischen und oft brutalen Bongo-Dynastie seit längerem überdrüssig. Seither hat Oligui Nguema die Zeit genutzt, um seine Beliebtheit weiter auszubauen.
Allerdings setzen er und seine Übergangsregierung sich in einigen Punkten von den anderen Militärführern ab, die in Westafrika die Macht an sich gerissen haben. So greifen sie weniger hart gegen Kritiker und die Medien durch als die Übergangsregierungen in Mali, Guinea, Burkina Faso oder Niger. In Gabon wurden politische Gefangene freigelassen, wobei Ali Bongos Frau und sein Sohn weiterhin wegen Korruptionsvorwürfen in Haft sind.
Kein Bruch mit Frankreich
Auch aussenpolitisch fährt Oligui Nguema einen deutlich anderen Kurs als die betont antiwestlichen, vor allem antifranzösischen Militärregierungen in Westafrika. Obwohl die ehemalige Kolonialmacht Frankreich ein enger Verbündeter des gestürzten Bongo-Regimes war, suchte Oligui Nguema keinen Bruch mit Frankreich. Stattdessen haben die beiden Regierungen vereinbart, die langjährige französische Militärbasis in Gabon, Camp de Gaulle, in ein neues, gemeinsam betriebenes Ausbildungszentrum umzuwandeln.
Dass Oligui Nguema in Bezug auf den Westen weniger Disruption sucht als andere Putschisten, hat womöglich damit zu tun, dass er wie die Bongos Multimillionär ist. Laut einer Untersuchung des Organized Crime and Corruption Reporting Project aus dem Jahr 2020 besitzt er allein in den USA Immobilien im Wert von mehr als einer Million Dollar. Auch soll er den Bongos bei der Expansion ihrer Auslandsgeschäfte geholfen haben.
Ein Cousin des gestürzten Präsidenten
Bis zum Putsch war Oligui Nguema Chef der Präsidialgarde und damit für den Schutz des schliesslich von ihm gestürzten Präsidenten verantwortlich. Er und Ali Bongo sind ausserdem Cousins.
Erfolgreich war der Coup in Gabon nicht zuletzt deshalb, weil er den Nerv der Bevölkerung traf. Seit Jahren wendet sich die Stimmung auf dem afrikanischen Kontinent gegen neokoloniale Strukturen, korrupte Eliten und deren Unterstützer im Ausland. Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich steht dabei besonders im Fokus, weil sie mit dem System der «Françafrique» das System der gemeinschaftlichen Ausbeutung über Jahre perfektioniert hatte. Mit der «Françafrique» ist die Verflechtung von privaten und öffentlichen Interessen zwischen Frankreich und seinen ehemaligen afrikanischen Kolonien gemeint. Gabon war dafür ein Paradebeispiel.
Bevor er an die Staatsspitze aufstieg, flog Alis Vater Omar Bongo 1968 nach Frankreich und holte sich die Zustimmung vom damaligen französischen Präsidenten Charles de Gaulle. Quelle des Reichtums für den Bongo-Clan waren Gabons Rohstoffe, vor allem Erdöl und Mangan. Europa importiert dieses Schwermetall, das bei der Stahlproduktion und bei der Herstellung von Lithiumbatterien gebraucht wird. Abgebaut wird es vom französischen Bergbauunternehmen Eramet, das der grösste private Arbeitgeber im Land ist.
Auf den Hunger der Bevölkerung nach Veränderung hat Oligui Nguema in der Übergangsphase reagiert, indem er öffentliche Arbeiten beschleunigte und Projekte anschob. So wurde ein ehrgeiziger Plan zur Modernisierung der einzigen Eisenbahnlinie Gabons gestartet, die durch dichten äquatorialen Wald führt.
Die Herausforderungen, die Oligui Nguema nun als Präsidenten erwarten, sind dennoch komplex. Fast die Hälfte der Bevölkerung lebt in der Hauptstadt Libreville. Sie benötigt mehr Arbeitsplätze und bessere Dienstleistungen in einem Land, dessen soziale Entwicklung angesichts seines relativen Wohlstands enttäuschend ist.