Gut bis Sehr Gut
Die Gastronomie in Hamburg gilt als eine der besten Deutschlands. Auf guten Wein, originelle Gastrokonzepte und feinste Backwaren hat sich die Metropole im Norden spezialisiert. Unsere Tipps für die Hansestadt.
Grossartige Restaurants gibt es einige in Hamburg – nicht zuletzt eines der wenigen dreifach besternten Restaurants der Bundesrepublik. Im «The Table» habe ich schon mehrfach, an der Theke sitzend, ausgezeichnet gespeist.
Empfehlen kann ich auch die «Hanse Lounge», aber die ist ein Member’s Club, in den ich kürzlich lediglich deshalb reindurfte, weil hier eine grossartige Verkostung mit Weinen des australischen Kultweingutes Penfolds stattfand. Die Mitgliedschaft für Auswärtige ist aber recht günstig.
Zwei weitere Besuche brachten noch mehr Überraschungen ans Tageslicht. Im «Dining Room» im Hotel Fraser Suites habe ich ein elegantes Grossstadtkonzept vorgefunden (leider schliesst das Lokal demnächst, also Beeilung), und mein Besuch im alteingesessenen «Landhaus Scherrer» liess mich neulich eine Zeitreise in die Achtziger des vergangenen Jahrhunderts antreten.
Ein Bier in der «Ritze», einem der bekanntesten Kiezlokale der Stadt, ist eh immer zu empfehlen. Und anschliessend noch weitere Adressen, die etwas genauer vorgestellt werden sollten.
1. «Felix»: Crêpes Suzette in Nienstedten
Gastronom Félix Bechtolf hat das kleine Restaurant «Félix»
im Hamburger Ortsteil Nienstedten im Jahr 2023 eröffnet und zeigt, wie Gastronomie von morgen aussehen könnte. Ausgezeichnete Produkte, ein breites Angebot à la carte und Speisen, die man in dieser Form lange nicht mehr gesehen hat. Hummer mit Safranrisotto, Steak frites auf die ambitionierte Art und zum Dessert natürlich Crêpes Suzette.
2. Luxusbrathering bei «Lisbeth»
André Stolle ist ein weit herumgekommener Koch, der seit kurzem an der historischen Deichstrasse ein spannendes Konzept verfolgt. Mittags werden schlichtere Speisen gereicht, abends serviert die herzliche Restaurantleiterin im «The Lisbeth» neuerdings ein Degustationsmenu, das nicht im Geringsten wie eine Kopie verbreiteter Üblichkeiten wirkt. Confiertes Eisbein mit Oldenburger Grünkohl oder Brathering von der Makrele: sensationell spannend.
3. «Die Pâtisserie»: Schlange stehen für Mont blanc
Zugegeben: Das Croissant, das ich neulich an der Theke dieser von Pierre Ouvrard geführten Patisserie bestellte und vor Ort zu einem Cappuccino verzehrte, sah ein bisschen ungleichmässig aus, schmeckte aber ausgezeichnet. Noch besser sind die Cannelés und die zahlreichen Törtchen. Und: Allein für den Mont blanc mit Maronenpüree würde ich jederzeit wiederkommen.
4. Frühstück oder Seezunge im «Tortue»
Vom Frühstück im «Tortue» können andere Hotels eine Menge lernen. Nicht nur der Kaffee, in der «Brasserie» serviert, ist überdurchschnittlich, auch die restlichen Angebote – Backwaren, Eierspeisen, Nordseekrabben und mehr à la carte – machen einen tollen Eindruck. Mittags und abends zurückzukommen, um Seezunge oder Hummerpasta zu bestellen, ist natürlich erlaubt.
5. «Kiosque»: Wein und Snacks
Die Selbstbeschreibung des Lokals («Pastabar, Breakfastpub, Vinothèque, Neighborhood-Bakery, Neobistro, Gastro-Kiosk, Weinbar») sagt schon fast alles aus. Ergänzend sei hinzugefügt, dass der etwas andere «Kiosque» zum Imperium des Gastronomen Fabio Haebel gehört und ein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis aufweist. Wo sonst bekommt man einen gereiften weissen Château Musar aus Libanon? Und wo anders so tolles Sauerteigbrot?
6. «Puzzle Bar»: Was für ein Ausblick
Die «Puzzle Bar» mit dem vielleicht schönsten Ausblick über Hamburg gehört zum Dunstkreis des Restaurants The Table, und hier wie dort tut man gut daran, vorher seinen Platz zu reservieren. Die Cocktailkarte ist nicht riesig, aber extrem durchdacht.
Kein Wunder, denn der Verantwortliche, Dennis Ilies, war früher einer der besten Köche der Stadt. Yuzu und Shiso im Drink dienen hier nicht dem Heischen nach Aufmerksamkeit, sondern setzen berechtigte geschmackliche Akzente.
7. «Der Player»: Nicht nur für Playboys
Offene Küche, viel Glas und weiter oben die riesige Bar «Der Player» mit Playground, der Billardtische und sogar eine Boule-Bahn umfasst. So etwas gibt es nicht oft in europäischen Grossstädten.
Die Küche gibt sich viel Mühe, übertreibt es bei vielen Speisen aber mit der Quantität der Saucen – von den recht kleinen Austern und ihrer Marinade war ich enttäuscht. Am besten also nur eine Kleinigkeit essen, Cocktails oder Weinen (gut ausgesucht) zusprechen und das Ambiente geniessen.
8. «Jacobs Restaurant»: Ein bisschen einfacher als früher
Früher war das Restaurant «Jacobs» im noblen, direkt an der Elbe gelegenen Hotel Louis C. Jacob eines der offiziell feinsten Lokale der Stadt, ausgezeichnet mit zwei Sternen im Guide Michelin.
Inzwischen wurde das Konzept geändert, mehr in Richtung Einfachheit, aber wohl auch nicht zu sehr. Zu erneutem Besuch werde ich zwar erst in zwei Wochen vor Ort sein, aber sowohl die Weinkarte – ein grosses Gewächs von Wegeler aus dem Jahr 2013 zu unter 20 Euro das Glas – als auch die Speisenauswahl (Samtsuppe vom Hummer mit Champagner) klingen nach wie vor verführerisch.
9. «The Chug Club»: Mezcal bis zum Abwinken
Der Ruf der Bar «The Chug Club» ist über Hamburg hinaus vorgedrungen. Was vielleicht am coolen Ambiente oder an der Lage im Herzen von St. Pauli liegt. Womöglich spielt auch die Tatsache eine Rolle, dass man sich hier auf Mezcal und Tequila spezialisiert hat und keine Reservierungen annimmt. Am besten einen Überraschungs-Flight mit mehreren Drinks bestellen.