Die Eröffnungszeremonie und ein Teil der olympischen Wettkämpfe dieses Sommers sollen auf der Seine stattfinden. Die Regierung hat immense Summen investiert, um den Fluss zu reinigen. Ob sie ihr Versprechen halten kann, liegt indes nicht allein in ihrer Macht.
Die unerwartete französische Parlamentswahl hat so manche Agenda durcheinander gebracht. Auch jene von Anne Hidalgo, der Bürgermeisterin von Paris. Die Sozialistin musste sich zwar nicht in einen Blitzwahlkampf stürzen. Doch hatte sie eigentlich vorgesehen, Ende Juni in die Seine zu steigen. Das Probe-Baden von einer Gruppe von Prominenten – die Bürgermeister von Tirana und Athen sowie der deutsche Botschafter in Frankreich sollten mit eintauchen – hätte eine Signalwirkung haben sollen: Die Seine, vielbesungenes aber auch sehr schmutziges Wahrzeichen von Paris, ist nun sauber und sicher.
Doch Mitte Juni berichtete der Sender BFM unter Berufung auf das Pariser Rathaus, Hidalgos Bad, vorgesehen für den 23. oder den 30. Juni, werde verschoben. Für das erste Datum seien die Wetterprognosen schlecht und der Pegelstand potenziell zu hoch. Am zweiten Datum finde der erste Wahlgang statt. Hidalgo habe vorgehabt, das Bad mit einem politischen Statement zu verbinden – und das sei an einem Wahltag nicht möglich.
Testschwimmer mit Magen-Darm-Beschwerden
Vermutlich hatte dies nicht nur mit der politischen Situation zu tun, sondern auch mit dem Zustand des Gewässers. Trotz grossen und kostspieligen Anstrengungen der Stadt Paris, der umliegenden Gemeinden sowie der französischen Regierung ist die Wasserqualität der Seine noch immer sehr schwankend. Die äusserst ergiebigen Niederschläge, die in den vergangenen Wochen über weite Teilen Frankreichs niedergingen, haben zudem den Pegel und die Fliessgeschwindigkeit des Flusses ansteigen lassen.
Ziel ist es, die olympischen Wettkämpfe für den Triathlon und das Freiwasserschwimmen in der Seine auszutragen – und dies, nachdem das Baden in dem Fluss seit etwas mehr als hundert Jahren verboten gewesen war. Dies wegen Sicherheitsbedenken aufgrund der Schifffahrt, aber auch aus hygienischen Gründen. Vor allem die Konzentration der Fäkalbakterien – Escherichia Coli und intestinale Enterokokken – ist entscheidend dafür, ob ein Binnengewässer zum Schwimmen freigegeben wird. Seit der Zusage für die Austragung der Spiele unternehmen die Behörden deshalb grosse Anstrengungen, die Wasserqualität zu verbessern. Das Problem liegt einerseits im Abwassersystem der Stadt Paris, das bei heftigen Niederschlägen an die Grenze seines Fassungsvermögens kommt, so dass die Abwässer in die Seine geleitet werden müssen. Mehrere grosse Rückhaltebecken helfen nun, dieses Risiko zu minimieren.
Andererseits gibt es entlang der Marne, die im Osten von Paris in die Seine mündet, mehrere zehntausend Privathaushalte, deren Abwässer noch immer direkt in den Fluss geleitet werden. Mit Subventionen und möglichen Bussen versuchen die Behörden, die Hausbesitzer zu einer Renovation zu bewegen. Laut der zuständigen Präfektur sind bis anhin 75 Prozent der betroffenen Haushalte dem Wunsch gefolgt – mehr, als man sich erhofft hat.
Insgesamt hat die öffentliche Hand etwa 1,4 Milliarden Euro aufgewendet. Und obwohl die 14 Messpunkte in und um Paris seit letztem Sommer immer wieder, auch mehrere Tage hintereinander eine genügende Wasserqualität vermelden, ist das Vorhaben nicht gerade von Glück gesegnet. Seit Sommer 2023 mussten mehrere Testschwimmen verschoben werden. Als dann Athleten doch einmal in die Seine stiegen, klagten danach einige über Magen-Darm-Beschwerden.
Hoffen auf Petrus’ Gunst
Doch nicht nur ein Teil der Sportwettbewerbe, auch die Eröffnungszeremonie am 26. Juli soll auf der Seine stattfinden. 180 Boote und Schiffe wären daran beteiligt, aber deren Durchführung ist unter den gegebenen Umständen ebenfalls nicht sicher. Mitte der vergangenen Woche führte der Fluss ein vier- bis fünfmal so grosses Wasservolumen wie im langjährigen Durchschnitt für die Sommermonate. Dies führt zum einen dazu, dass die Schiffe auf dem Wasser schwieriger zu manövrieren sind. Zum andern sind manche der Schiffe wohl zu hoch, um unter diesen Umständen unter den Brücken hindurchzufahren. Eine Generalprobe Ende Juni wurde abgesagt.
In Paris dominiert dennoch der Optimismus. Die Präfektur der Hauptstadtregion teilte vergangene Woche mit, dass die Wasserqualität seit dem 26. Juni – mit Ausnahme eines Tages – gut gewesen sei. Man habe alles in der Macht stehende unternommen, um die Seine für die Olympischen Spiele vorzubereiten. Am letzten Samstag überwanden sich überraschend die Sportministerin Amélie Oudéa-Castéra und der Para-Triathlet Alexis Hanquinquant zu einem Bad.
Anne Hildalgo will es ihnen nun am Mittwoch gleichtun. Sollte es in den nächsten Wochen aber weiterhin überdurchschnittlich viel regnen, nützen alle Vorkehrungen und Investitionen nichts.







