Wohnungsnot und Migration sind die Hauptthemen. In den Umfragen liegt der kürzlich abgesetzte, konservative Luís Montenegro wieder klar vor den Sozialisten.
Es waren bittere Stunden für Portugals konservativen Regierungschef Luís Filipe Montenegro. Er hatte gerade einmal ein Jahr regiert, da stürzte er Mitte März über eine Vertrauensfrage im Parlament. Dies hatte nichts mit seiner Arbeit als Ministerpräsident zu tun, sondern mit Enthüllungen über seine Nebeneinkünfte. Über eine Firma im Besitz seiner Familie erhielt Montenegro monatlich 4500 Euro von einer Hotel- und Kasinogruppe, die einer der reichstem Familien Portugals gehört. Montenegro sträubte sich seinerzeit gegen eine parlamentarische Untersuchungskommission und machte mit seinem vorzeitigen Rücktritt den Weg frei für Wahlen. Es handelt sich um den dritten Urnengang in den vergangenen drei Jahren und drei Monaten.
Doch viele von Montenegros Landsleuten scheinen ihm den Korruptionsskandal nicht übel zu nehmen. Am Sonntag sind die Portugiesen nun erneut zu den Urnen gerufen. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pitagórica vom letzten Wochenende liegt Montenegro klar vor Pedro Nuno Santos, dem Spitzenkandidaten der Sozialisten.
Rechtspopulisten verlieren an Rückhalt
34,8 Prozent der Befragten wollen Montenegro demnach wieder als Regierungschef, die Sozialisten hingegen kommen mit 28,1 Prozent nur auf den zweiten Platz. Die rechtspopulistische Chega («Es reicht»), für die erneut André Ventura als Spitzenkandidat antritt, muss sich in der Umfrage mit 15,2 Prozent begnügen und liegt damit mehr als 3 Prozentpunkte unter ihrem Wahlergebnis vom März 2024.
Der Grund: Mehrere Abgeordnete der Partei hatten für Negativschlagzeilen gesorgt. Das Fraktionsmitglied Miguel Arruda wurde beim Stehlen von Koffern am Flughafen erwischt, deren Inhalt er später auf Onlineplattformen verkaufte. Gegen einen weiteren Chega-Abgeordneten laufen Ermittlungen wegen möglicher Vergewaltigung, und ein dritter muss sich dem Vorwurf stellen, Sex mit einer Minderjährigen gehabt zu haben.
Nun hofft Montenegro, dass sich ein Teil der Wähler von Chega auf seine Seite schlägt. Im Wahlkampf kündigte er an, strenger gegen die Einwanderung vorzugehen. So gab seine Mitte-rechts-Koalition Aliança Democrática bekannt, 18 000 Immigranten, die nicht offiziell gemeldet seien, des Landes verweisen zu wollen. Er habe ein schweres Erbe antreten müssen, so Montenegro. Die Sozialisten, die unter António Costa fast neun Jahre an der Macht waren, hätten die Grenzen geöffnet, ohne sich über die Konsequenzen im Klaren zu sein, so der amtierende Regierungschef.
Trotz Zuwanderung keine hohe Arbeitslosigkeit
Laut neuen Zahlen zur Zuwanderung leben mittlerweile 1,6 Millionen Ausländer in Portugal. Die Medien sprachen von einer überraschend hohen Zahl, betonten aber auch, dass es trotz der Zuwanderung keine hohe Arbeitslosigkeit gebe. «Es wäre dramatisch, wenn Portugal plötzlich unattraktiv für ausländische Arbeitskräfte würde, denn dann würde unsere Wirtschaft ins Stocken geraten», schrieb die Tageszeitung «Jornal de Notícias».
Das Hauptproblem der Portugiesen ist eher die grosse Wohnungsnot. Hier kündigte Montenegro an, junge Menschen bei ihrem Wohnungskauf mit Steuervergünstigungen zu unterstützen. Auch die Entstehung von Neubauten soll mit weniger bürokratischen Vorschriften erleichtert werden. Die Sozialisten hingegen setzen lieber auf Steuern für leerstehende Wohnungen und eine Mietpreisbremse.
Schon jetzt ist klar, dass die Regierungsbildung nach der Wahl am 18. Mai sehr schwierig sein wird. Montenegro hat klargemacht, dass er nach der Wahl keinesfalls mit der Chega zusammenarbeiten wolle. Er müsste also ebenso wie 2014 eine Minderheitsregierung bilden und bei wichtigen Abstimmungen wie bisher auf die Duldung der Sozialisten hoffen. Eine grosse Koalition zwischen den beiden Volksparteien ist nämlich von vornherein ausgeschlossen. Die Sozialisten könnten laut den Umfragen nur auf eine Allianz mit mehreren Linksparteien hoffen, würden aber trotzdem keine Mehrheit im Parlament finden.