Nachdem die Republikaner eine Abstimmung in der grossen Kammer des Kongresses hauchdünn gewonnen haben, muss sich der Minister für Inlandsicherheit nun im Senat einem Impeachment-Prozess stellen. Das Weisse Haus kritisiert das Verfahren scharf.
Im zweiten Anlauf hat es geklappt. Mit 214 zu 213 Stimmen hat das Repräsentantenhaus in Washington am Dienstag ein Amtsenthebungsverfahren gegen Alejandro Mayorkas, den Minister für Inlandsicherheit, genehmigt. Die republikanische Mehrheit in der grossen Kongresskammer beschuldigt Mayorkas, im Amt seit Februar 2021, seinen Amtseid verletzt zu haben – weil er sich angeblich weigere, die Einwanderungsgesetze durchzusetzen und weil er über die desolate Lage an der Grenze zu Mexiko öffentlich gelogen habe. «Alejandro Mayorkas hat es verdient, angeklagt zu werden», sagte Speaker Mike Johnson in seiner ersten Reaktion. Der Kongress habe «die verfassungsrechtliche Pflicht», den Minister, der vor allem für den Grenzschutz zuständig ist, aus dem Amt zu entfernen.
Es ist dies erst das zweite Impeachment gegen ein Kabinettsmitglied in der Geschichte der amerikanischen Republik und das erste gegen einen amtierenden Minister. (Das erste drehte sich um die angeblichen Verfehlungen von William Belknap, Kriegsminister von 1869 bis 1876.) Und weil die Demokraten im Senat die Mehrheit stellen, wird wohl auch dieses Amtsenthebungsverfahren mit einem Freispruch enden – falls es überhaupt zu einem Prozess kommt. In Washington kursiert bereits das Gerücht, dass die Parteifreunde von Präsident Joe Biden die Anklagepunkte des Repräsentantenhauses in einer prozeduralen Abstimmung abschmettern werden. Ein Prozess wird frühestens Ende Februar beginnen.
Fehlende Disziplin der Demokraten
Notwendig wurde die erneute Abstimmung im Repräsentantenhaus, weil der erste Versuch der Republikaner, Mayorkas aus dem Amt zu entfernen, vor sieben Tagen mit einem Patt geendet hatte – nachdem sich Speaker Johnson verzählt hatte und drei Republikaner sich dem Nein-Block der Demokraten anschlossen. Damit die Abstimmung wiederholt werden konnte, wechselte ein republikanischer Mayorkas-Kritiker in der Folge ebenfalls ins Nein-Lager. Offiziell scheiterte die erste Abstimmung deshalb mit 214 zu 216 Stimmen.
Am Dienstag nun hatte die Mehrheitspartei mehr Glück. Steve Scalise, Nummer 2 der republikanischen Fraktionsführung, war nach einer längeren, krankheitsbedingten Abwesenheit wieder zurück an der Arbeit. Und zwei Republikaner und zwei Demokraten schwänzten die entscheidende Abstimmung. Mit etwas mehr Disziplin hätte die Partei Bidens deshalb auch den zweiten Versuch stoppen können, den Secretary of Homeland Security aus dem Amt zu jagen.
Harsche Kritik von Joe Biden
Der Präsident reagierte mit harscher Kritik auf das Impeachment. Biden nannte das Absetzungsverfahren gegen Mayorkas in einer Stellungnahme «verfassungswidrig». Auch wies das Weisse Haus darauf hin, dass es die Republikaner seien, die sich jüngst gegen eine Anpassung der Einwanderungsgesetze gestellt hätten. Vorige Woche scheiterte im Senat ein entsprechender Deal zwischen Demokraten und Republikaner, nachdem sich Ex-Präsident Donald Trump mit harschen Worten aus taktischen Gründen gegen ein solches Abkommen ausgesprochen hatte. Eine Sprecherin von Mayorkas wies in einer separaten Stellungnahme darauf hin, dass der Minister für Inlandsicherheit an diesem überparteilichen Deal mitgearbeitet habe.
DHS responds: 👇🏻 pic.twitter.com/jRyy5B4pbS
— Bill Melugin (@BillMelugin_) February 14, 2024
Ein Amtsenthebungsverfahren gegen einen Präsidenten, ein Kabinettsmitglied oder ein Bundesrichter ist gemäss der amerikanischen Verfassung nur bei besonders schweren Verbrechen («high crimes and misdemeanors») wie Landesverrat oder Bestechung zulässig. Demokraten stellen sich auf den Standpunkt, dass es den Republikanern nicht gelungen sei, Beweise vorzulegen, dass Mayorkas diese Verfehlungen begangen habe. Letztlich habe die Mehrheit des Repräsentantenhauses, das in einem Impeachment für die Anklageerhebung zuständig ist, damit die Verfassung «geschwächt» und «beschädigt», wie es der Abgeordnete Jamie Raskin formulierte.