Selbstverständlich beeinflusst das Geschlecht die körperliche Leistung. Da Transathletinnen biologische Männer sind, hat Trump einen Punkt, so zweifelhaft seine politische Agenda auch ist: Frauen haben einen fairen Wettbewerb verdient.
«Citius, altius, fortius» – deutsch: «schneller, höher, stärker» ist das traditionelle lateinische Motto der Olympischen Spiele, zuerst verwendet im Jahr 1924. Zwar hat das Internationale Olympische Komitee 2021 beschlossen, die Devise zu erweitern um das Wort «communiter», also deutsch «gemeinsam». Das klingt nett, aber auch das kann nicht hinwegtäuschen über den jahrtausendealten Zweck von Sportwettbewerben seit mindestens den alten Griechen: Athleten messen ihre körperliche Leistung, es gewinnt der Beste.
Traditionell ist der amerikanische Hochschul- und Collegesport die Talentschmiede für den Profisport. Und jetzt hat Präsident Donald Trump am Mittwoch ein Dekret unterzeichnet, das die Aktivistengemüter dies- und jenseits des Atlantiks erhitzt: Transathletinnen sollen von Wettbewerben im Frauensport im Hochschulbereich ausgeschlossen werden. «Von nun an soll der Frauensport nur noch für Frauen sein», sagte er.
Kritik liess nicht lang auf sich warten: Amnesty International bezeichnet den Entscheid als «grausamen Angriff auf Transpersonen». Weitere Kritiker merken an, Transjugendliche seien häufig von Gewalt, Selbstmordgedanken und unsicheren Wohnverhältnissen betroffen. Trumps Erlass werde dieses Problem nur verschärfen, sagte Hudson Taylor, die Direktorin der aktivistischen Organisation «Athlete Ally» der «New York Times».
Inklusion und Fairness schliessen sich leider aus
Diese Probleme gibt es sicherlich, und Trump geht zu weit, wenn er Transsportlerinnen grundsätzlich vom Trainieren ausschliessen will. Aber es ist nicht nachvollziehbar, warum seelische Nöte und unsichere Wohnverhältnisse welcher Personengruppe auch immer die Wettbewerbskategorien im Sport verzerren sollten, die sinnvoll sind und Fairness garantieren. Denn so polemisch und aggressiv Trump agiert und so zweifelhaft seine Agenda auch ist – inhaltlich hat er einen Punkt.
In Sportwettbewerben geht es darum, den oder die Beste zu ermitteln, wie die olympische Devise nahelegt. Dafür ist es logisch, Kategorien aufzustellen, innerhalb deren verglichen werden kann. Da Frauen und Männer unterschiedliche körperliche Voraussetzungen haben, ist es zweckmässig und fair, in die beiden Kategorien zu unterteilen.
Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Lage klar: Je nach Sportart beträgt der Leistungsunterschied zwischen Männern und Frauen 10 bis 40 Prozent, wie Forscher erst jüngst in einem wissenschaftlichen Paper darlegten. Die durchschnittliche Schlagkraft von Männern ist um 162 Prozent höher als die von Frauen, was vor allem für das Boxen relevant ist. Es ist also nur fair, Frauen gegen Frauen und Männer gegen Männer antreten zu lassen.
Transfrauen sind biologische Männer
Der amerikanische Präsident spricht ausschliesslich von Transathletinnen. Diese sind biologische Männer, die in der Regel eine männliche Pubertät durchlaufen und damit deren körperliche Vorteile entwickelt haben. Ein Beispiel ist die Transschwimmerin Lia Thomas, die als Mann wenig im Schwimmsport reissen konnte – aber nach ihrer Transition in der Frauenkategorie reihenweise Athletinnen schlug.
Komplizierter wäre es, wenn Trump auch von intergeschlechtlichen Athletinnen sprechen würde, wie zum Beispiel der Boxerin Imane Khelif. Erst im Sommer löste sie eine Debatte über die Teilnahme von Männern im Frauensport aus. Khelif ist genetisch ein Mann, weist aber laut Berichten eine Störung der Geschlechtsentwicklung auf, bei der die äusseren Geschlechtsorgane weiblich scheinen.
Es gibt verschiedene Typen solcher Störungen, darunter noch andere als die von Khelif, bei der die Geschlechtszugehörigkeit und die Art der durchlebten Pubertät schwieriger zu ermitteln sind. Diese Personen pauschal auszuschliessen, wäre tatsächlich nicht ganz fair. Doch das ist extrem selten – und von diesen Personen redet Trump auch nicht.
Transfrauen sind biologische Männer, die sich sozial als Frauen fühlen. In einer liberalen Gesellschaft kann jeder und jede so leben, wie er oder sie möchte, und selbstverständlich sollen Transfrauen am Sport teilnehmen dürfen. Aber in einem Wettbewerb gegen Frauen anzutreten, in dem es hauptsächlich um körperliche Realität geht, ist unfair und ungefähr so, als würde eine vollkommen unsportliche Person proklamieren, sie identifiziere sich als Olympiasieger im Gewichtheben. Würden wir sie dann auch zum Sieger küren, weil wir sonst ihre Gefühle verletzen würden?